Jedem Handwerker dürfte der Begriff „Abnahme“ schon einmal untergekommen sein. Auch, dass die Abnahme nach Auftragserfüllung zu erfolgen hat, ist den meisten Handwerkern wohl hinlänglich bekannt. Die BREMER INKASSO GmbH klärt Handwerker über ihre Rechte auf.
„Was nach meiner Erfahrung längst nicht allen Handwerkern bekannt ist, ist der Umstand, dass eine fehlende Abnahme u. U. dazu führen kann, dass kein Anspruch auf die Bezahlung der dem Auftraggeber ausgestellten Rechnung besteht“, so Bernd Drumann, Geschäftsführer der BREMER INKASSO GmbH. „Jeder Handwerker sollte dabei wissen, dass er ein Recht auf die Abnahme seines Werkes hat!“
Abnahme ist für Auftraggeber verpflichtend
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 640 ist die Abnahme geregelt. Dort heißt es in Abs. 1: ‚Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden‘. Hieraus geht die gesetzlich verankerte Pflicht des Auftraggebers zur Abnahme des in Auftrag gegebenen Werkes deutlich hervor. Diese Pflicht kann und sollte ein Handwerker unbedingt einfordern.
Die ausdrückliche Abnahme
Der Auftraggeber erteilt einen Auftrag. Der Auftragnehmer erstellt das Werk vertragsgemäß. Im Anschluss daran überprüft der Auftraggeber, ob alle gemachten Vorgaben erfüllt und der Abnahmegegenstand wie gefordert und vereinbart erstellt wurde. Akzeptiert der Auftraggeber das Ergebnis, so wird diese Erklärung an den Auftragnehmer als Abnahme bezeichnet. Der Auftragnehmer kann verlangen, dass der Auftraggeber die Abnahme ausdrücklich (aus Beweisgründen möglichst schriftlich) erklärt.
Konkludente/Stillschweigende Abnahme
Die stillschweigende oder auch konkludente Abnahme steht gleichrangig zur ausdrücklichen Abnahme. Eine konkludente Handlung ist ein nonverbaler Akt, durch den dennoch etwas deutlich wird, aus dem etwas gefolgert werden kann. Beispiel: Benutzt ein Auftraggeber ohne Beanstandung sein neues Badezimmer oder bezahlt er die Rechnung ohne Abzüge, ist das ein Verhalten, aus dem der Handwerker typischerweise ableiten darf, dass der Auftraggeber die Werkleistung als (im Wesentlichen) ordnungsgemäß erbracht ansieht. (Andernfalls hätte der Kunde auf Missstände aufmerksam gemacht, nicht gezahlt und/oder das Bad gar nicht erst benutzt.) Somit gilt das Werk als abgenommen.
Die fiktive (angenommene) Abnahme
Es gibt immer wieder Auftraggeber, die ihrer Pflicht zur Abnahme nicht nachkommen. In so einem Fall kann der Auftragnehmer dem Auftraggeber nach Vertragserfüllung eine Frist setzen. Lässt der Auftraggeber diese ohne Angabe eines Mangels verstreichen, so gilt die Abnahme gem. § 640 Abs. 2 BGB als erfolgt. Wendet der Auftraggeber jedoch fristgerecht einen (eventuell auch angeblichen) Mangel ein, verhindert dieser Einwand die ‚fiktive Abnahme‘. Ob allerdings z. B. der angeführte Mangel wesentlich genug ist, um die Abnahme zu verweigern, muss ggf. nachfolgend (u. U. gerichtlich) geklärt werden. Ist der Auftraggeber Verbraucher, muss er aus Gründen des Verbraucherschutzes auf Rechtsfolgen, die ein Fristversäumnis nach sich ziehen würde, in Textform hingewiesen werden.
Ohne Abnahme kein Recht auf Bezahlung
Leider kommt es nach unserer Erfahrung allzu häufig vor, dass Handwerksbetriebe nach Auftragserfüllung Rechnungen an ihre Kunden schicken und ggf. auch anmahnen, ohne dass der Kunde je eine Abnahme erklärt hat und ihm dafür eine Frist gesetzt wurde. Ein folgenschweres Versäumnis seitens des Handwerksbetriebs: Ohne Abnahme ist die Rechnung nicht fällig, und eine Mahnung vor Fälligkeit der Rechnung ist unwirksam, so dass der Kunde nicht in Verzug gerät. Und ohne Verzug muss der Kunde auch keine Verzugszinsen zahlen oder eventuelle Rechtsverfolgungskosten des Unternehmers erstatten. Die Einhaltung der Handlungsreihenfolge ist daher unerlässlich: Vertragserfüllung, Abnahme, Rechnungstellung, ggf. Mahnung.
Aufforderung zur Abnahme
Erfolgte keine stillschweigende Abnahme (s. o.) und ist sie auch nicht entbehrlich da ausgeschlossen wie z. B. bei einem Konzert, sollte der Auftraggeber mit einem klar definierten Termin (ggf. zusätzlich zwei Ausweichterminen) zur Abnahme aufgefordert werden. Diese Aufforderung sollte ihm möglichst unter Zeugen übergeben werden oder per Einwurfeinschreiben zugehen.
Kunde rührt sich nicht
In diesem Fall sollte man ihm (schriftlich) eine letzte Frist setzen. Erfolgt auch hierauf keine Reaktion oder Verweigerung der Abnahme wegen Nennung eines Mangels, so führt dieses Verhalten zur Abnahmefiktion (s. o.). Das Werk gilt als abgenommen.
Kunde macht unberechtigte Mängel geltend
Im eigenen Interesse sollte hier der Auftragnehmer dem Auftraggeber schriftlich eine gemeinsame Begehung und Überprüfung der Angelegenheit vor Ort vorschlagen. Ebenso kann der Auftragnehmer anbieten, den eventuell vorhandenen und zu verantwortenden Mangel umgehend zu beheben – und dies auch tun. Verstärkt sich der Eindruck, dass die eingewandten Mängel unberechtigt sein könnten, sollte dem Kunden mitgeteilt werden, dass man ihm die Kosten der Überprüfung sowie Auslagen wie z. B. Fahrkosten in Rechnung stellen werde, wenn bei der gemeinsamen Begutachtung kein Werkmangel festgestellt wird und dies für ihn auch erkennbar war. Wenn der Auftragnehmer sich einer gemeinsamen Begehung versperrt, kann der Auftragnehmer diese jedenfalls bei Bauverträgen u. U. auch einseitig vornehmen (§ 650g Abs. 2 BGB).
Zeugen durchaus sinnvoll
Neben einem schriftlichen Abnahmeprotokoll, was beiden Seiten zur Absicherung dient und nach Fertigung auch von beiden unterzeichnet werden sollte, können auch Zeugen bei einer Abnahme unter Einhaltung der Corona-Hygiene- und Abstandsregeln durchaus sinnvoll sein. Deren Teilnahme sollte dann ebenso schriftlich festgehalten werden. Für den Fall, dass ein Auftraggeber auf eine Abnahme verzichtet, sollte er dies dem Auftragnehmer unbedingt schriftlich bestätigen.
Kunde zahlt bei Mangel Rechnung nicht vollständig
Hat der Kunde nach erfolgter Abnahme und Fälligkeit der Rechnung diese nicht vollständig beglichen, so hat er bei Mängeln gemäß § 641 Abs. 3 BGB u. U. ein Recht dazu. Der Kunde darf die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung vor allem bei kleineren Mängeln verweigern, bis der Mangel behoben ist. Kleinere, unwesentliche Mängel stehen ja lt. §640 Abs.1 BGB (s. o.) einer Abnahme und damit der Fälligkeit der Rechnung nicht entgegen. Das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten wird dabei in der Regel als angemessen angesehen. Den Rest aber muss der Kunde bezahlen. Einfach nichts zu zahlen, geht definitiv nicht. Sind die Mängel jedoch gravierend, so darf der Auftraggeber die Abnahme verweigern und muss zunächst auch die Rechnung nicht zahlen, hat aber dem Auftragnehmer eine Möglichkeit der Mängelbeseitigung zuzugestehen. Bei der Fristsetzung hierfür sollte man den Ärger herunterschlucken, realistisch bleiben und sie der Jahreszeit, dem Umfang des Mangels und z. B. den Gegebenheiten wie Lieferfristen von Ersatzteilen (auch eventuell länderübergreifend) gerade zu Pandemiezeiten anpassen. Andernfalls wäre weiterer Ärger vorprogrammiert.
VOB oder BGB vertraglich vereinbaren
Erste Möglichkeit: Es sollen die normalen Regelungen des BGB (einschließlich der neuen Regelungen zum Bauvertrag) gelten. Zweite Möglichkeit: Es sollen ergänzend die besonderen Regelungen der ‚Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen‘, kurz VOB/B gelten. Werden in einen Bauvertrag die VOB/B einbezogen, werden die Regelungen des BGB dadurch teilweise geändert. Vorteilhaft für den Handwerker bei der zweiten Möglichkeit ist, dass dem Auftraggeber z. B. eine umfangreiche Mitwirkungspflicht auferlegt wird, Mängelansprüche verjähren meist schneller, und eine günstigere Abnahmeregelung kommt zum Tragen. Die Risiken für einen Handwerker hierbei sind aber auch eine Fülle von umfangreichen Prüfungs- und Hinweispflichten, die das ‚Regelwerk‘ mit sich bringt. Die Einbeziehung der VOB/B sollte von Handwerkern nach meiner Erfahrung nicht vereinbart werden, es sei denn, sie verfügen über entsprechend detaillierte Kenntnisse bzgl. der Regelungen der VOB/B.
Rechtsanwälte oder Inkassounternehmen helfen
Mehr denn je werden jetzt, in Zeiten, da sich die Allgemeinheit auf Grund des Pandemiegeschehens verstärkt in den eigenen vier Wänden aufhält, gute Handwerksleistungen geschätzt. Leider möchte längst nicht jeder Auftraggeber aber auch dafür bezahlen. Daher sollte, neben gut und individuell ausgearbeiteten AGB, eine schriftliche Dokumentation das A und O aller geschäftlichen Schritte in einem Unternehmen sein. Jeder Handwerker sollte über Kenntnisse der eigenen Rechte und Pflichten verfügen, sowie über eine freundliche, aber bestimmte, korrekte und zügige Vorgehensweise bei allen Belangen. Sollte es dennoch zu Schwierigkeiten mit Kunden z. B. in Bezug auf die Abnahme von Handwerksleistungen, unberechtigten Kürzungen von Rechnungen etc. kommen, sollte man sich bei den ersten Anzeichen dafür Hilfe von einem Rechtsanwalt oder einem Inkassounternehmen holen, welches im besten Fall auch über Kenntnisse im Baurecht verfügt. Sich rechtzeitig Hilfe zu holen, ist eine gute und richtige Entscheidung, gerade in wirtschaftlich angespannteren Zeiten. Gerade dann muss man nicht an ‚allen Fronten alleine kämpfen‘.