13.11.2023 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V..
Doch auf eine stabile Wirtschaftslage ist dies nicht zurückzuführen. Der VID appelliert an die Politik ihren Umgang mit kurzfristigen Subventionsmaßnahmen zu überdenken, ein gründerfreundliches Umfeld zu schaffen und Insolvenz als Prozess freiwerdender Ressourcen nicht zu stigmatisieren.
Nach einem langjährigen Rückgang, der sich während der Coronapandemie durch staatliche Finanzhilfen noch verstärkt hat, steigen seit einigen Monaten die Zahl der Unternehmensinsolvenzen wieder und damit die Angst vor einer großen Insolvenzwelle. Unzweifelhaft steht die deutsche Wirtschaft nach der Pandemie unter dem Eindruck von Inflation und Ukrainekrieg immer noch vor vielen Herausforderungen. Industriestrompreis und die Aussetzung der Schuldenbremse sind nur die jüngsten Beispiele dafür, wie die Bundesregierung derzeit überlegt, auf diese Herausforderungen zu reagieren. Dabei wird die oft beschworene Gefahr einer Insolvenzwelle deutlich überschätzt.
Der aktuelle Anstieg der Insolvenzzahlen ist vor allem eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens nach dem Auslaufen der staatlichen Hilfen. „Einen Anstieg, wie wir ihn Mitte der Nullerjahre gesehen haben, mit über 30.000 Insolvenzen pro Jahr, werden wir zukünftig nicht mehr sehen“, erklärt Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID). Das hat strukturelle Gründe: Das seit vielen Jahren rückläufige Gründungsverhalten in Deutschland wirkt sich direkt auf das Insolvenzgeschehen aus. Gerade in den ersten fünf Jahren nach Gründung besteht für Unternehmen die höchste Insolvenzgefahr. „Ein Warnsignal für die Wirtschaftspolitik. Die Unternehmenslandschaft erneuert sich schon lange nicht mehr ausreichend. Kommen nicht genug neue Unternehmen nach, sinkt das Innovationspotential. Das für Gründer beschwerliche Vorschriftendickicht trägt noch dazu bei“, so Niering.
Die aktuellen Insolvenzen sind keine Reaktion mehr auf den Wegfall der staatlichen Stützungsmaßnahmen. Sie haben vor allem langfristige Ursachen. „Hierbei handelt es sich um Unternehmen, die keine Zukunftsaussichten haben, weil ihre Geschäftsmodelle nicht mehr unter den aktuellen Bedingungen tragen. Die Ursachen für die Insolvenz sind langfristig und können nicht mit kurzfristigen Finanzhilfen bekämpft werden“, so der VID-Vorsitzende. „Der Ruf nach Hilfen ist verständlich. Doch der Fachkräftemangel und die demographische Entwicklung zeigen, wie wichtig es ist, Unternehmen ohne zukunftsfähige Geschäftskonzepte ganz bewusst vom Markt zu nehmen. Über den Insolvenzprozess werden neue Kräfte und Ressourcen frei.“
Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter, VID, setzt sich für ein Umdenken im Umgang mit Finanzhilfen in Krisensituationen ein.
„Wir sehen langfristige Trends, die das Wirtschaftsgeschehen lähmen. Sie sind vor allem Folge von politischem Attentismus. Die Politik sollte nicht immer mit den gleichen kurzfristigen Maßnahmen auf langfristige Ursachen reagieren. Wichtiger wäre, eine gründerfreundliche Umgebung zu schaffen und Insolvenz als wichtiges Instrument der Marktbereinigung und Allokation knapper Ressourcen zu verstehen“ — so Niering.
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