31.05.2022 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Das Thüringer Finanzgericht hatte sich jüngst mit der spannenden Rechtsfrage auseinandersetzen müssen, welche Aufwendungen in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Streitig ist, ob auch die mit der eigentlichen Präventionsleistung in Zusammenhang stehenden Verpflegungs-, Reise- und Unterkunftskosten sowie andere Nebenleistungen zu den von § 3 Nr. 34 EStG erfassten Leistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung zählen.
Im hier streitigen Sachverhalt ermöglichte ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die Teilnahme an mehrtägigen Gesundheitstagen.
Die Arbeitnehmer waren jeweils in auswärtigen Hotels untergebracht. Das Veranstaltungsangebot bestand z. B. aus der Einführung in Nordic-Walking, Rückenschule, Progressive Muskelentspannung und Ernährungskursen.
Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Seminargebühren betrugen je Arbeitnehmer jeweils ca. 280 Euro. Der Arbeitgeber übernahm einen Anteil in Höhe von ca. 180 Euro. Der verbleibende Restbetrag in Höhe von ca. 100 Euro wurde von den Arbeitnehmern getragen. Die Krankenkassen der Arbeitnehmer betrachteten die Zahlungen der Arbeitnehmer als Aufwendungen im Sinne der §§ 20 und 20a SGB V und gewährten den Arbeitnehmern auf Antrag entsprechende Kostenerstattungen.
Der Arbeitgeber behandelte die Aufwendungen für die Gesundheitstage nach Maßgabe von § 3 Nr. 34 als steuerfrei. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat das Finanzamt jedoch die Ansicht, dass sich die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG nur auf die in §§ 20 und 20a SGB V aufgeführten Präventionsleistungen und nicht auf die mit diesen Präventionsleistungen in Zusammenhang stehenden Neben- oder Zusatzleistungen (Kosten für Verpflegung und Übernachtung) erstrecke.
Das Finanzgericht Thüringen folgte der Rechtsauffassung des Arbeitgebers und stellte klar, dass die Reisekosten in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen und entsprechend steuerfrei seien, soweit der gesetzlich zulässige Höchstbetrag nicht überschritten wird.
Das Finanzgericht stellte klar, dass es sich bei den Leistungen des Arbeitgebers nicht um Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers handelt. Die Arbeitnehmer waren insoweit durch die vom Arbeitgeber gewährten Zuwendungen bereichert. Daher handelt es sich grundsätzlich um steuerpflichtigen Arbeitslohn, der jedoch nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei ist.
Die Gesundheitstage sind als einheitliche Maßnahme, die insgesamt der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 34 EStG unterliegen, zu beurteilen. Der Arbeitgeber hat seine Arbeitnehmer extern in einem auswärtigen Hotel unterbringen lassen, um unabhängig von einer Arbeitsplatzumgebung an mehreren Tagen unterschiedliche gesundheitliche Handlungsfelder miteinander zu verbinden. Die jeweiligen Veranlassungsbeiträge griffen so ineinander, dass eine Trennung der Aufwendungen nicht möglich ist. Die Position Übernachtungskosten, Verpflegungskosten und Seminarkosten sind insoweit einer unterschiedlichen Betrachtung nicht zugänglich.
Eine gesetzliche Einschränkung aufgrund der Höhe der geleisteten Zuschüsse ergab sich hier nicht. Die an die Arbeitnehmer erbrachten Leistungen des Arbeitgebers überschritten den maßgeblichen Höchstbetrag von damals 500 Euro je Arbeitnehmer nicht. Daher sind die Leistungen des Arbeitgebers nach Auffassung des Thüringer Finanzgerichtes in vollem Umfang steuerfrei nach § 3 Nr. 34 EStG.
Das letzte Wort ist in diesem Fall noch nicht gesprochen. Das Finanzamt hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt. Der Fall ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 24/21 anhängig. Der Bundesfinanzhof muss nun klären, ob auch die mit der eigentlichen Präventionsleistung in Zusammenhang stehenden Verpflegungs-, Reise- und Unterkunftskosten sowie andere Nebenleistungen zu den von § 3 Nr. 34 EStG erfassten Leistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung zählen.
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Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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