20.04.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Deloitte.
Die Geschäftsaussichten der deutschen Unternehmen sind auf ein Rekordtief seit dem Beginn des Survey im Jahr 2012 gefallen. Zwar geben immerhin noch 20 Prozent der CFOs an, dass die Geschäftsaussichten ihres Unternehmens unverändert sind, aber drei Viertel der Befragten sind pessimistischer als noch vor drei Monaten. Damit beschleunigt die Corona-Krise massiv den Trend zu schlechteren Geschäftsaussichten, der bereits seit 2018 zu beobachten ist.
Der Einbruch der Geschäftsaussichten lässt die Investitionspläne und die Einstellungsbereitschaft alles andere als unberührt: 63 Prozent der CFOs gehen von einem leichten oder starken Rückgang ihrer eigenen Investitionen aus, die Hälfte erwartet einen Rückgang ihrer Beschäftigtenzahl auf Sicht von 12 Monaten. In den letzten acht Jahren waren diese Werte nur während der Eurokrise 2012 niedriger.
Wenig überraschend sieht die absolute Mehrzahl der CFOs einen sprunghaften Anstieg der Unsicherheit im ökonomischen Umfeld. 78 Prozent stufen diese als hoch oder sehr hoch ein, damit liegt das Unsicherheitsniveau knapp unter dem Spitzenwert von 80 Prozent, der in der Eurokrise 2012 erreicht wurde.
In der Krise ändern sich die unternehmerischen Prioritäten. Im Vergleich zum CFO-Survey vom letzten Herbst geht die strategische Bedeutung der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen (von 48 auf 34 Prozent) sowie der Expansion in neue Märkte (von 28 auf 7 Prozent) stark zurück. Kostensenkungen genießen jetzt bei 79 Prozent (Herbst 2019: 72 Prozent) der CFOs hohe Priorität, die Reduzierung der Verschuldung gewinnt ebenfalls an Bedeutung (von 16 auf 22 Prozent). Insgesamt werden damit offensive Geschäftsstrategien zugunsten von defensiven stark zurückgefahren.
Im Vergleich zum letzten Herbst haben sich in der CFO-Perspektive die Risikofaktoren fundamental geändert. Während lange der Fachkräftemangel und geopolitische Risiken die Risikowahrnehmung dominierten, ist aktuell das Risiko einer schwächeren Inlandsnachfrage mit Abstand am wichtigsten (77 Prozent), gefolgt von geopolitischen Risiken (60 Prozent) und einer schwächeren Auslandsnachfrage (59 Prozent). Den stärksten Anstieg unter den Risikofaktoren verzeichnet eine mögliche Instabilität des Finanzsystems (von 21 auf 49 Prozent).
Unter den geopolitischen Risiken sehen die CFOs die Unterbrechungen der Wertschöpfungskette durch Epidemien als größte Gefahr an (76 Prozent). Andere große geopolitische Risiken sind der Handelskonflikt zwischen den USA und China (40 Prozent), ein möglicher Handelskonflikt zwischen den USA und der EU (32 Prozent) sowie ein harter Brexit (27 Prozent).
Die Betroffenheit durch COVID-19 ist hoch. 42 Prozent der Unternehmen erwarten auf Sicht von sechs Monaten einen Rückgang ihrer Erträge um mehr als 10 Prozent; nur 17 Prozent erwarten keine Auswirkungen. Unter den Maßnahmen, die deutsche Unternehmen in der Krise ergriffen haben, stechen zwei besonders heraus: 87 Prozent haben Geschäftsreisen und ihre generellen Ausgaben reduziert. 72 Prozent haben neue oder alternative Arbeitsregelungen getroffen. Knapp ein Fünftel hat bereits langfristige Investitionen zurückgestellt, während nur acht Prozent sich bisher um neue Kreditfazilitäten gekümmert haben.
Die realwirtschaftliche Dimension der Corona-Krise wird an den Umsatzerwartungen deutlich. Selbst während der Eurokrise war der Index der Umsatzerwartungen der Unternehmen positiv – das ändert sich in der derzeitigen Lage dramatisch. 63 Prozent der Unternehmen erwarten einen Rückgang auf Sicht von 12 Monaten, jeweils 18 Prozent gehen von keiner Veränderung oder einem leichten Anstieg aus.
Die Konjunkturaussichten schätzen die CFOs pessimistisch, jedoch nicht katastrophal ein. Immerhin 21 Prozent erwarten auf Sicht von 12 Monaten eine Verbesserung der konjunkturellen Lage, 53 Prozent eine Verschlechterung.
Die Konjunkturerwartungen sind konsistent mit den COVID-19-Szenarien, die die CFOs ihrer Planung zugrunde legen. Nur ein Fünftel rechnet damit, dass wir es mit einem kurzfristigen konjunkturellen Einbruch zu tun haben, der sich danach rasch bessert. 60 Prozent planen hingegen mit einem Einbruch, der sich bis ins zweite Halbjahr hineinzieht, und in dem sich die Konjunktur erst ab 2021 erholt. Immerhin 10 Prozent rechnen mit einem Worst-Case-Szenario und einem Einbruch der Wirtschaftsleistung über 2020 hinaus.
Die deutschen Unternehmen stellen sich damit auf eine Konjunkturentwicklung ein, die weniger einem V-Szenario entspricht, also einem Einbruch mit direkt anschließender rascher Erholung, als einem U-Szenario. Im U-Szenario folgt dem Einbruch erst einmal eine Phase der Stagnation, bevor es mit Zeitverzögerung wieder aufwärts geht. Bis dies geschieht, steht Kostenmanagement ganz oben auf der CFO-Agenda.