20.04.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Informationsdienst Wissenschaft.
Die Wissenschaftler verglichen die Veränderungen in der Arbeitswelt rund um den Beginn der Krise – bevor sie Auswirkungen auf das Berufsleben hatte und kurz nachdem es zu staatlich verordneten Einschränkungen der sozialen Kontakte kam. Erstmals lässt sich auf diese Weise mit detaillierten Zahlen belegen, wie sich der Anteil von Arbeitnehmern, die ihre tägliche Arbeit von zu Hause verrichten, innerhalb bestimmter Beschäftigtengruppen und Branchen verändert hat.
So hat sich zwar der Anteil der Arbeitnehmer, die mindestens zwei Stunden pro Tag im Homeoffice arbeiten, von 27 auf 54 Prozent verdoppelt. Allerdings fallen Hochqualifizierte mit 76 Prozent hier deutlich stärker ins Gewicht als Geringqualifizierte, von denen nur 31 Prozent zumindest teilweise von zu Hause arbeiten. Auch an der Stundenzahl zeigt sich, dass Akademikern die Umstellung auf Homeoffice-Tätigkeit leichter fällt: Bei ihnen stieg der Stundenanteil der Heimarbeit von 11 auf 68 Prozent, bei den geringer qualifizierten Beschäftigten nur auf rund ein Fünftel. Deren wöchentliche Arbeitszeit reduziert sich zudem deutlich stärker als bei Akademikern.
Ein Grund besteht darin, dass Beschäftigte mit niedrigerer Qualifikation öfter in Berufen arbeiten, in denen sich die Tätigkeit nicht ins Homeoffice verlagern lässt, etwa im Einzelhandel oder der Gastronomie. Hier kommt es daher häufiger zu Entlassungen oder deutlichen Stundenreduzierungen. Menschen am unteren Ende der Einkommensverteilung trifft es dabei doppelt hart, denn mangels finanzieller Rücklagen fällt es ihnen schwerer, den entgangenen Arbeitslohn über die kommenden Monate auszugleichen. Sie werden daher in besonderem Maße auf staatliche Unterstützung angewiesen sein.
Beschäftigte mit niedrigerem Bildungsabschluss finden sich außerdem oft in systemrelevanten Berufen wie der Pflege oder dem Lebensmitteleinzelhandel. Ihr Job ist zwar aktuell gesichert, sie sind jedoch einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Im Gegensatz dazu sind Arbeitnehmer im Homeoffice doppelt geschützt – vor Infektionen und Einkommensverlusten. So zeigt sich eine deutliche Zweiteilung der Branchen in überwiegende Bürotätigkeiten, die von hoher Qualifikation und hohen Heimarbeitsquoten geprägt sind, und andere Tätigkeiten, in denen beides geringer ausgeprägt ist.
„Für Deutschland liegen noch keine umfangreichen Daten vor, es zeigen sich aber erste Tendenzen, die in dieselbe Richtung gehen. Zwar scheint der Anstieg im Homeoffice etwas geringer zu sein als in den Niederlanden, es wird aber deutlich, dass Nicht-Akademiker auch hier das Nachsehen haben und ihre Arbeit nicht von zu Hause ausüben können. Sowohl die Niederlande als auch Deutschland haben außerdem ähnlich restriktive Einschränkungen im öffentlichen Alltag, das schafft eine ähnliche Grundlage“, erklärt Hans-Martin von Gaudecker, ECONtribute-Professor für angewandte Mikroökonomik an der Universität Bonn und Leiter des IZA-Forschungsteams Strukturelle Politikevaluation.