04.12.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: IZA - Institut zur Zukunft der Arbeit.
Dass flexible Arbeitszeiten aber auch bei einfachen Routinetätigkeiten positive Effekte entfalten können, zeigt jetzt erstmals ein IZA-Forschungspapier von Marie Boltz, Bart Cockx, Ana Maria Diaz und Luz Magdalena Salas.
Für die Feldstudie schrieb das Forscherteam in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá eine auf drei Wochen befristete Stelle im Bereich der Datendigitalisierung aus. Die Bewerberinnen und Bewerber mussten unter anderem einen Online-Test absolvieren, der Aufschluss über ihre grundsätzliche Eignung und ihr ungefähres Leistungsniveau gab.
Erfolgreichen Bewerbern wurden eins von vier Arbeitszeitmodellen zugelost: entweder 40 oder 20 Wochenstunden, jeweils mit festen oder flexiblen Arbeitszeiten. Der Stundenlohn war für alle gleich. Nahmen die Stellenbewerber das Angebot an, mussten sie zunächst noch einen Fragebogen ausfüllen, der Rückschlüsse auf ihre Motivation zuließ.Während der bezahlten Tätigkeit, die aus dem Abtippen von Dokumenten bestand, wurden die Arbeitszeiten einschließlich Pausen vom Computer genauestens erfasst. Dabei zeigte sich: Bei Vollzeitbeschäftigten lag die Produktivität – gemessen an der Anzahl korrekter Eingaben pro Zeiteinheit – um bis zu 50 Prozent höher, wenn sie Beginn und Ende ihrer täglichen Arbeitszeit selber wählen konnten.
Rund 40 Prozent dieses Produktivitätseffekts lassen sich auf „Selbstselektion“ zurückführen: Produktivere Arbeitskräfte waren für dieses Arbeitszeitmodell eher zu haben. Die restlichen 60 Prozent schreiben die Forscher einem „Motivationseffekt“ zu, der vor allem darin bestand, dass die flexibel Beschäftigten weniger Pausen während der eigentlichen Arbeitszeit machten. Sie arbeiteten dadurch um zehn Prozentpunkte effektiver als mit festen Arbeitszeiten.
Bei Teilzeitkräften waren die Effekte weniger deutlich. Im Vergleich zu den Vollzeitkräften machten sie weniger Pausen im Verhältnis zur vertraglichen Arbeitszeit, und zwar unabhängig vom Zeitmodell. Auf die Produktivität hatte dies jedoch keine messbare Wirkung, da die Teilzeitbeschäftigten im Schnitt mehr Fehler machten und häufiger fehlten.
Die Forscher geben zu bedenken, dass sich die Ergebnisse aus ihrem Feldversuch nicht notwendigerweise auf jede Art von Tätigkeit übertragen lassen. Die Erkenntnisse sprächen jedoch dafür, flexiblere Arbeitszeitmodelle auch in stärker von Routinetätigkeiten geprägten Berufen einführen zu können, ohne Produktivitätsverluste zu riskieren. Davon würden vor allem Frauen profitieren, für die viele Jobs mit festen Arbeitszeiten aufgrund familiärer Verpflichtungen nicht in Frage kämen. Zudem könnten Arbeitskräfte aus dem informellen Sektor auf diese Weise eher in reguläre Beschäftigung gebracht werden.
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