Die besten Vorsätze taugen nichts, wenn sie nicht auch konsequent in die Tat umgesetzt werden. Bei der Optimierung des Forderungseinzugs sind einige wichtige Punkte zu beachten. Bernd Drumann, Geschäftsführer der BREMER INKASSO GmbH, gibt Tipps und Hinweise.
Und an eben dieser Konsequenz hapert es nach meiner Erfahrung noch häufig, gerade beim Forderungseinzug. ‚Schuld‘ daran ist nicht zuletzt die bei manchen Unternehmern vorherrschende Unsicherheit darüber, welche Vorgehensweise die eigene Liquidität letztlich bestmöglich sichert. Der nachfolgende ‚10-Punkte-Plan‘ fasst die nach meiner Erfahrung wichtigsten Schritte zur Absicherung der eigenen Liquidität zusammen. Als Punkt 0 sollte ein respektvoller, wertschätzender Umgang im Miteinander von Auftraggeber und Auftragnehmer selbstverständlich sein und macht auch oft schon manches wett!
Punkt 1: Basis allen Handelns — Geschäftsbedingungen
Ein erfolgreicher Forderungseinzug beginnt bereits mit dem ersten Kundenkontakt (s. o.) und eigenen, den Alleinstellungsmerkmalen des Unternehmens individuell angepasst formulierten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die unbedingt Regelungen zum normalen und verlängerten Eigentumsvorbehalt enthalten sollten. Der Unternehmer sowie die Mitarbeiter sollten den Inhalt der ‚Firmen‘-AGB kennen und verstehen, denn sie sind die Basis des unternehmerischen Handelns.
Punkt 2: ALLES schriftlich
Ein Angebot sollte ebenso nur schriftlich abgegeben werden, wie auch eine Auftragsbestätigung (Genauigkeit bei der Benennung des Auftraggebers!) nur schriftlich erfolgen sollte. Beides sollte unbedingt den Hinweis enthalten, dass Lieferungen und Leistungen auf der Basis der eigenen Geschäftsbedingungen erbracht werden. Darüber hinaus sollte man sich später auch die vertragsmäßige Lieferung oder Leistung vom Auftraggeber schriftlich bestätigen lassen (s. u.), wie auch die Rechnungstellung und ggf. Mahnungen schriftlich erfolgen sollten.
Punkt 3: Rechnung zeitnah und sorgfältig verfassen
Bei der Erstellung der Rechnung ist Sorgfalt gefragt, besonders bei der Benennung des Adressaten. Die Rechnung sollte zeitnah zur Erledigung des Auftrages erstellt werden und ein Datum tragen. Die der Rechnung zugrunde liegende Lieferung oder Leistung sollte genau benannt werden. Ein Zahlungsziel ist unbedingt unmissverständlich (Beispiel: ‚Der Rechnungsbetrag ist bis Mittwoch, den 07.04.2021, bei uns eingehend zu zahlen‘) festzulegen! Das Zahlungsziel sollte gemäß den in der jeweiligen Branche üblichen Fristen gesetzt werden, wenn nicht sogar etwa in den AGB eine Fälligkeitsregelung getroffen wurde. Handelsüblich sind 10 bis 14 Tage, nach deren Ablauf die Rechnung zur Zahlung fällig ist.
Punkt 4: Zugang der Rechnung belegen können
Ja, das ist tatsächlich ein nennenswerter Punkt. Nicht nur, dass oft auf eine Rechnung erst einmal gar nicht reagiert wird, bis ein Inkassounternehmen oder ein Rechtsanwalt eingeschaltet wird, Rechnungen sind ‚plötzlich‘ auch nie eingegangen. Da der Rechnungssteller ggf. (Erstattung der Anwalts- oder Inkassokosten durch den Schuldner) den Nachweis über den Zugang der Rechnung zu erbringen hat, sollte man vorsorgen. Vorsicht ist besser als Nachsicht. So empfiehlt sich ggf. bei ‚Problemkunden‘ das Versenden einer Rechnung per Einwurf-Einschreiben oder ihre persönliche Zustellung z. B. bei Belieferung. Vorab die Rechnung zu faxen oder per Mail zu schicken (Faxprotokoll aufheben bzw. eine Lesebestätigung fordern und speichern), empfiehlt sich ebenso.
Punkt 5: Bestätigung der vertragsgemäßen Lieferung/Leistung
Für die Fälligkeit einer Rechnung für erbrachte Handwerkerleistungen ist normalerweise die Abnahme durch den Auftraggeber erforderlich! Ist also ein Auftrag erledigt, sollte man sich vom Auftraggeber schriftlich bescheinigen lassen (s. o.), dass die Arbeit zu dessen Zufriedenheit erledigt wurde. Bei Warenanlieferungen sollte der Kunde gut leserlich den Lieferschein unterschreiben (ggf. Kopie des Personalausweises der annehmenden Person hinzufügen), welcher gut aufzubewahren ist.
Punkt 6: Rechnung fällig? Nicht abwarten — mahnen!
Vor einer sofort nach Fälligkeit der Rechnung freundlich und respektvoll verfassten Mahnung sollte kein Unternehmer zurückschrecken. Die Angst, so einen redlichen Kunden zu verlieren, ist nach meiner Erfahrung eher unbegründet. Jedem Kunden kann einmal ein Fehler unterlaufen und da hilft dann eine zeitnahe Mahnung, darauf hinzuweisen. Auch Kunden möchten ihren Ruf wahren und machen eher Geschäfte mit Unternehmern, die auch buchhalterisch ihren Laden im Griff haben. Den Kunden aber, die dann doch mehr Aufmerksamkeit benötigen, sollte man zwei bis drei schriftliche Mahnungen im Abstand von 7 bis 10 Tagen zukommen lassen. Ab der zweiten Mahnung kann ein Gläubiger grundsätzlich Mahngebühren geltend machen. Hier akzeptieren Gerichte ohne Nachweis oft Pauschalen zwischen 1,00 € und 5,00 € pro Mahnschreiben. Die Mahnung sollte deutlich als solche zu erkennen sein. Ebenso sollte die Grundlage der Forderung deutlich benannt werden. Die letzte Mahnung sollte eine klar formulierte Zahlungsfrist beinhalten wie z. B. ‚Zahlung bis zum … bei uns eingehend‘.
Punkt 7: Zahlungsverzug des Kunden wichtig für Verzugsschadensersatz
Mit dem Eintreffen einer Mahnung beim Schuldner tritt der Zahlungsverzug ein, wenn sich der Schuldner nicht ohnehin schon (etwa durch Verstreichen einer vertraglichen Zahlungsfrist) im Verzug befand. Wichtig hierbei ist: Eine Mahnung vor Fälligkeit der Rechnung ist unwirksam! Der Zahlungsverzug des Kunden ist die Voraussetzung für den Ersatz von Verzugsschaden, der gegen ihn geltend gemacht werden kann. Dazu gehören in der Regel auch die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes oder eines fachkundigen Inkassounternehmens. Ist der Kunde Unternehmer, kommt dieser auch ohne Mahnung nach § 286 Abs. 3 BGB automatisch 30 Tage nach Zugang und Fälligkeit der Rechnung in Zahlungsverzug. Ist der säumige Kunde jedoch Verbraucher, kommt diese besondere Verzugsregelung nur zur Anwendung, wenn in der Rechnung deutlich darauf hingewiesen wurde.
Punkt 8: Verzugszinsen berechnen
Kommt ein Kunde in Zahlungsverzug, so darf der Gläubiger ihm Verzugszinsen mit Beginn des Zahlungsverzugs berechnen. Das gilt sowohl für säumige Unternehmer als auch Verbraucher. Der Zinssatz für Letztere beträgt fünf Prozentpunkte über dem flexiblen Basiszinssatz, der halbjährlich anhand der Entwicklung der Zinsen der Europäischen Zentralbank neu festgelegt wird. Seit 2016 liegt er unverändert bei -0,88 %, und somit sind 4,12 % p. a. Verzugszinsen für Verbraucher zu berechnen. Ist der Schuldner hingegen Unternehmer, so liegt der Zinssatz für Entgeltforderungen bei neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, also bei 8,12 % p. a.
Punkt 9: Hilfe vom Fachmann = Nerven schonen, Zeit sparen
Säumige Kunden sind einem Unternehmer im Grunde genommen nicht nur den Rechnungsbetrag schuldig, sondern sie haben oft auch jede Menge Zeitaufwand verursacht und darüber hinaus Nerven gekostet. Beides kann sich ein Gläubiger vom Schuldner nicht vergelten lassen. Um jedoch nicht auch noch zusätzlich ‚Verluste‘ bei Zeit und Nerven verzeichnen zu müssen, kann jeder Gläubiger bei Verzug des Schuldners den Forderungseinzug an ein seriöses Inkassounternehmen oder an einen Rechtsanwalt abgeben. Diese Kosten für einen Rechtsdienstleister sind ein Verzugsschaden, den der Schuldner i. d. R. zu ersetzen hat.
Punkt 10: Gerichtlichen Mahnbescheid beantragen
Für diesen Schritt des Forderungseinzugs, also Forderungen im Wege des gerichtlichen Mahn- und Vollstreckungsverfahrens einzuziehen, sind gute Kenntnisse bzgl. Unternehmensrechtsformen, deren Vertretungsverhältnissen, der Verjährung etc. vonnöten. Und ist eine Forderung bereits verjährt, kann ihre Geltendmachung sehr schnell erhebliche Kosten nach sich ziehen. Jeder Gläubiger sollte spätestens an diesem Punkt die eigenen Fähigkeiten genau abschätzen und ggf. einen Rechtsdienstleister mit den nötigen Schritten beauftragen.
Durch Beachtung der aufgelisteten 10 Punkte kann der Vorsatz, den Forderungseinzug konsequenter anzugehen und somit den bestmöglichen Schutz für die Liquidität des eigenen Unternehmens zu sichern, in die Tat umgesetzt werden. Beim ‚kann‘ sollte es daher also möglichst nicht bleiben.