23.02.2021 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
In der lohnsteuerlichen Praxis gibt es immer wieder Meinungsverschiedenheiten darüber, ob und in welchem Umfang die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro (ab 01.01.22 50 Euro) zur Anwendung kommt, wenn Arbeitnehmer fortlaufend wiederkehrend über einen längeren Zeitraum Vergünstigungen in Form von Sachzuwendungen von ihrem Arbeitgeber erhalten. Hier stellt sich die Frage, ob es sich um laufenden Arbeitslohn oder um einen sonstigen Bezug handelt.
Mit Urteil vom 07.07.20, VI R 14/18 hat sich der Bundesfinanzhof zur Anwendung der Sachbezugsfreigrenze, zum Zusammenspiel zwischen der Sachbezugsfreigrenze und der Pauschalversteuerung nach § 37b EStG und zur unterschiedlichen Bewertung von Sachbezügen geäußert.
Im hier streitigen Sachverhalt gewährte ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die Möglichkeit, regelmäßig zu vergünstigten Konditionen an einem Firmenfitnessprogramm teilzunehmen. Die monatlichen Aufwendungen des Arbeitgebers beliefen sich auf insgesamt 50,27 Euro pro Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmer hatten einen Eigenanteil in Höhe von zunächst 16 Euro, später 20 Euro zu leisten. Damit ergab sich ein verbleibender geldwerter Vorteil in Höhe von 34,27 Euro bzw. 30,27 Euro. Der Arbeitgeber ging davon aus, dass es sich um einen steuerfreien Sachbezug handelt, da die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro nicht überschritten wurde.
Das Finanzamt vertrat im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung die Auffassung, dass die monatliche Sachbezugsfreigrenze nicht zur Anwendung käme, da der geldwerte Vorteil nicht in monatlichen Teilbeträgen, sondern aufgrund der einjährigen Vertragsbindung des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Überlassung der Teilnahmeberechtigung in einer Summe für den Zeitraum eines Jahres zugeflossen sei. Darüber hinaus war streitig, ob die Sachbezugsfreigrenze angewendet werden kann, wenn der Arbeitgeber von der Pauschalversteuerung nach § 37b EStG Gebrauch macht.
Mit Urteil vom 07.07.20, VI R 14/18 stellte der Bundesfinanzhof klar, dass es sich im Gegensatz zur Auffassung des Finanzamtes in Zusammenhang mit einem Firmenfitness-Programm, bei dem der Arbeitgeber sein vertragliches Versprechen, den teilnehmenden Arbeitnehmern die Nutzung bestimmter Fitnesseinrichtungen zu ermöglichen, fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit erfüllt. Insoweit handelt es sich um laufenden Arbeitslohnt. Damit fließt der geldwerte Vorteil den Arbeitnehmern nicht einmalig in einer Summe, sondern in monatlich wiederkehrenden Teilbeträgen zu.
Es ist zutreffend, dass die Begriffe „laufender Arbeitslohn“ und „sonstige Bezüge“ im Einkommensteuergesetz nicht hinreichend konkret definiert sind. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist laufend gezahlter Arbeitslohn der Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig und fortlaufend wiederkehrend zufließt, z.B. durch monatliche Gehaltszahlungen, darüber hinaus durch geldwerte Vorteile aus der ständigen Überlassung von Dienstwagen zur privaten Nutzung. Wird Arbeitslohn nicht laufend gezahlt, handelt es sich hingegen um einen sonstigen Bezug.
Im hier streitigen Sachverhalt handelte es sich bei den vom Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern verbilligt zugewandten Trainingsberechtigungen um laufenden Arbeitslohn, der den Arbeitnehmern regelmäßig und nicht einmalig im Kalenderjahr mit der Aushändigung der Trainingsberechtigung bzw. des Mitgliedsausweises zufloss. Für den Zufluss von Arbeitslohn kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf das Innehaben von Ansprüchen gegen den Arbeitgeber, sondern auf die Erfüllung dieser Ansprüche an. Zeitpunkt des Zuflusses ist dabei der Tag, an dem der Arbeitnehmer durch die Erfüllung seines Anspruchs die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt. Durch die bloße Aushändigung der Trainingsberechtigung bzw. des Mitgliedsausweises hatte der Arbeitgeber sein Leistungsversprechen gegenüber seinen Arbeitnehmern noch nicht erfüllt, da diese Papiere keinen verbrieften Anspruch auf Nutzung der Fitness-Anlagen beinhalteten. Der Arbeitgeber erfüllte sein vertragliches Versprechen an seine Arbeitnehmer fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit an den Fitness-Anlagen, die den Arbeitnehmern während der monatlichen Lohnzahlungszeiträume ständig zur Verfügung standen. Lohnsteuerlicher Zufluss kann dabei nicht mit dem Entstehen des Nutzungsrechts sondern erst mit der laufenden Nutzungsmöglichkeit angenommen werden.
Mit Urteil vom 14.11.12, VI R 56/11 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass bei der Gewährung einer vergünstigten Jahresnetzkarte durch den Arbeitgeber der geldwerte Vorteil für ein Job-Ticket den Arbeitnehmern hingegen bereits mit Ausübung des Bezugsrechts, also im Zeitpunkt des Erwerbs von der Jahresnetzkarten, zufließt. Im hier vorliegenden Fall hatten die Arbeitnehmer, die das vergünstigte Job-Ticket erworben haben, keine unmittelbaren Rechtsansprüche gegen ihren Arbeitgeber, sondern gegenüber dem Verkehrsunternehmen, welches die Beförderungsleistungen zu erbringen hatte. Hier hatte der Arbeitgeber bereits durch die Aushändigung der Fahrscheine sein tarifvertraglich vereinbartes Leistungsversprechen erfüllt.
Darüber hinaus stellte der Bundesfinanzhof klar, dass die Sachbezugsfreigrenze auch anwendbar ist, wenn der Arbeitgeber die betrieblich veranlassten Sachzuwendungen an seine Arbeitnehmer pauschal nach § 37b EStG versteuert.
Nach § 37b Absatz 2 Satz 1 EStG kann der Arbeitgeber betrieblich veranlasste Zuwendungen an seine Arbeitnehmer, soweit diese nicht in Geld bestehen und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden, mit einen Steuersatz von 30% pauschal versteuern. Das Pauschalierungswahlrecht muss dabei einheitlich ausgeübt werden. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Wahl zwischen dem vollständigen Verzicht auf Pauschalierung und der Pauschalierung sämtlicher Sachzuwendungen hat.
Die Pauschalversteuerung nach § 37b Absatz 2 EStG erfasst jedoch nicht alle Zuwendungen, sondern beschränkt sich auf Zuwendungen, die bei den Arbeitnehmern zu steuerpflichtigen Einkünften führen. Zuwendungen, die aufgrund der Sachbezugsfreigrenze steuerfrei sind, sind entsprechend nicht in die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Die Sachbezugsfreigrenze ist entsprechend auch dann anwendbar, wenn der Arbeitgeber weitere (steuerpflichtige) Sachzuwendungen an seine Arbeitnehmer pauschal gemäß § 37b Absatz 2 EStG versteuert.
Der Bundesfinanzhof wies in seinem Urteil darauf hin, dass hinsichtlich der Bewertung von Sachbezügen Unterschiede bestehen.
Die Anwendung der Sachbezugsfreigrenze setzt voraus, dass es sich um Sachbezüge handelt, die nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG zu bewerten sind. Lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage ist hierbei – losgelöst von den tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitgebers – der ortsübliche Endpreis am Abgabeort. Dabei handelt es sich nach neuer höchstrichterlicher Rechtsprechung um den günstigsten Einzelhandelspreis am Markt.
§ 37b EStG hingegen enthält einen eigenständigen Bewertungsmaßstab. In diesem Zusammenhang sind die tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer zugrunde zu legen.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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