26.02.2020 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Nach dem unmittelbaren Wortlaut des Gesetzes kommt bei diversen Rechtsvorschriften, z. B. § 3 Nr. 15 EStG, § 3 Nr. 33 EStG, § 3 Nr. 34 EStG, § 3 Nr. 34a EStG, § 3 Nr. 37 EStG, § 3 Nr. 45 EStG, § 3 Nr. 46 EStG, § 37b EStG, § 40 Absatz 2 Satz 1 Nr. 5 EStG, § 40 Absatz 2 Satz 1 Nr. 6 EStG, § 40 Absatz 2 Satz 2 EStG sowie § 100 Absatz 3 Nummer 2 EStG (Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung) die Steuerbefreiung bzw. die Pauschalierungsmöglichkeit des Arbeitgebers nur dann in Betracht, wenn diese Lohn- und Gehaltsbestandteile vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn und nicht durch Gehaltsumwandlung gewährt werden. Die Definition, was unter „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ zu verstehen ist, ist daher im Lohnsteuerrecht von zentraler Bedeutung.
In seiner eher eigenwilligen rechtlichen Neuinterpretation wendet sich der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 01.08.19, VI R 32/18 von seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 19.09.12, VI R 54/11) ab gibt damit zunächst grünes Licht für die steuersparende Nettolohnoptimierung. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist es juristisch nicht zu beanstanden, wenn steuer- und beitragspflichtiger Arbeitslohn in steuerfreie bzw. pauschalierungsfähige Lohn- und Gehaltsbestandteile umgewandelt wird, auch wenn nach dem unmittelbaren Wortlaut des Einkommensteuergesetzes sachliche Vorrausetzung ist, dass diese Lohn- und Gehaltsbestandteile zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.
Während die Finanzverwaltungen in derartigen Fällen die Auffassung vertritt, dass das Zusätzlichkeitserfordernis nicht erfüllt ist und von einer steuerschädlichen Gehaltsumwandlung ausgeht, spricht der Bundesfinanzhof in seinem Urteil von einem sog. steuerlich zulässigen Lohnformenwechsel.
Der Bundesfinanzhof behauptet in seinem Urteil, der Gesetzgeber hätte die Begünstigungsschädlichkeit eines Lohnformenwechsels – trotz der zahlreichen unmissverständlichen Formulierungen „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers“ – überhaupt nicht im Blick gehabt. Zutreffend ist vielmehr, dass der Gesetzgeber die Gesetzesformulierung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gewählt hat, um klarzustellen, dass Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder Gehaltsumwandlung vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewollt sind.
Nach aktueller BFH-Rechtsprechung ist der zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Ar-beitslohn gewährte Arbeitslohn der Betrag, den der Arbeitgeber nur verwendungs- bzw. zweckgebunden leistet, z. B. so wie im hier streitigen Sachverhalt als Fahrtkostenzuschuss oder Zuschuss für die Internetnutzung.
Der ohnehin geschuldete Arbeitslohn ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs der – im Normalfall der Regelversteuerung unterliegende – Arbeitslohn, den der Arbeitnehmer verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erhält.
Die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten verwendungsbezogenen Zuschüsse können entweder nach § 40 EStG Absatz 2 EStG pauschalversteuert oder nach Maßgabe von § 3 Nrn. 15, 33, 34, 34a, 37, 45 und 46 EStG steuerfrei gewährt werden, soweit die üblichen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
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Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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Bild: Robert-Owen-Wahl (Pixabay, Pixabay License)