New Work: Die Hälfte der Deutschen arbeitet im Homeoffice

04.04.2022  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: BITKOM - Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V..

Die Modernisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt haben sich in der Corona-Pandemie weiter beschleunigt. Aktuell arbeitet die Hälfte aller Erwerbstätigen in Deutschland vollständig oder teilweise im Homeoffice beziehungsweise mobil.

Der Zuspruch für flexiblere Arbeitsformen ist groß. Die übergroße Mehrheit der Erwerbstätigen versammelt sich hinter Werten und Einstellungen, die mit „New Work“ verbunden werden: Die Arbeitszeit frei einteilen (95 Prozent), individuelle Leistungs- und Lernziele selbst bestimmen (95 Prozent) und allgemein einer sinnstiftenden Tätigkeit (91 Prozent) nachgehen zu können, sind breit geteilte Wünsche an den Job. Vom Arbeitgeber wird erwartet, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen (91 Prozent) und Gleichstellung und Diversität zu fördern (92 Prozent). Vor die Wahl gestellt, möchten neun von zehn Erwerbstätigen (88 Prozent) nach der Pandemie zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten, acht von zehn (80 Prozent) an einem festen Arbeitsplatz in einem Einzelbüro. Allgemein sollte mobiles Arbeiten in Deutschland nach Ansicht der großen Mehrheit (71 Prozent) viel stärker genutzt werden. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) spricht sich dafür aus, dass jede und jeder Beschäftigte einen Anspruch auf eine Prüfung haben sollte, ob die Tätigkeit auch mobil ausgeübt werden kann. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von mehr als 1.500 Erwerbstätigen in Deutschland ab 16 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. „Kaum ein anderer Lebensbereich hat sich zuletzt so rasant gewandelt wie die Arbeitswelt. In der Pandemie sind von heute auf morgen Millionen Erwerbstätige ins Homeoffice gewechselt – und viele möchten daran festhalten. Längst nicht alle Jobs sind zum mobilen Arbeiten geeignet. Aber der Wunsch nach mehr Flexibilität, Selbstbestimmung und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist groß und die Politik und Unternehmen sind gefordert, hierfür den richtigen Rahmen zu setzen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Digitalisierung der Arbeit wird zunehmend als Chance gesehen

In der Pandemie hat sich die Sichtweise auf die Digitalisierung der Arbeitswelt weiter stark zum Positiven entwickelt. Mehr als acht von zehn Erwerbstätigen (84 Prozent) sehen die Digitalisierung als Chance für ihre berufliche Situation. 2019 waren es erst 66 Prozent. Nur noch jede und jeder Siebte (14 Prozent) sieht dagegen in der Digitalisierung eine Gefahr für die eigene berufliche Situation, sehr viel weniger als vor der Pandemie (2019: 32 Prozent). Corona-bedingt hat die Mehrheit der Erwerbstätigen Erfahrungen im Homeoffice gesammelt. Ein gutes Viertel (27 Prozent) geht einer Tätigkeit nach, die vollständig für Homeoffice geeignet ist. Ein gutes Drittel (35 Prozent) der Jobs eignet sich nach Einschätzung der Befragten zumindest teilweise dafür. 36 Prozent der Tätigkeiten sind dagegen nicht für Homeoffice geeignet. Aktuell dürfen zwei Drittel der Erwerbstätigen (65 Prozent) mobil, etwa im Homeoffice, arbeiten. Von ihnen nehmen drei Viertel (77 Prozent) diese Möglichkeit auch wahr. Auf alle Erwerbstätigen gerechnet – also auch diejenigen, deren Jobs sich nicht für mobiles Arbeiten eignen – macht das genau die Hälfte: 50 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten aktuell ganz oder teilweise mobil beziehungsweise im Homeoffice.

Auch in Präsenz-Jobs wächst der Wunsch nach Flexibilität

Wer nicht mobil arbeiten darf, obwohl das von der Tätigkeit her möglich wäre, ist damit unzufrieden. Drei von zehn (30 Prozent) möchten zumindest einen Tag pro Woche mobil arbeiten, zwei von zehn (22 Prozent) mehrere Tage pro Woche und ein Zehntel (10 Prozent) will ausschließlich mobil arbeiten und nicht mehr ins Büro. Das übrige Drittel (34 Prozent) würde zumindest ab und zu mobil arbeiten wollen. Auch unter denjenigen, die einer Tätigkeit nachgehen, für die Präsenz erforderlich ist, wollen viele mehr Flexibilität. Vier von zehn (44 Prozent) würden mobil arbeiten, wenn der Job es zuließe. Dem stehen drei von zehn (29 Prozent) gegenüber, die das nicht möchten. Ein Viertel der Erwerbstätigen mit Präsenz-Jobs (23 Prozent) wünscht sich als Ausgleich andere Angebote wie zusätzliche Urlaubstage oder mehr Selbstbestimmung bei der Erstellung von Dienst- und Schichtplänen. 8 Prozent würden den Job wechseln, um mobil arbeiten zu können. Wer sich trotz der Möglichkeit dagegen entscheidet, mobil beziehungsweise im Homeoffice zu arbeiten, nennt dafür technische, persönliche und organisatorisch-kulturelle Gründe. Ein Drittel (34 Prozent) hat zu Hause eine zu langsame oder fehleranfällige Internetverbindung. Ein Viertel (27 Prozent) berichtet von einer allgemein starken Präsenzkultur beim Arbeitgeber. Und zwei von zehn (22 Prozent) haben den Wunsch, sich im Büro mit Kolleginnen und Kollegen persönlich auszutauschen. „Homeoffice ist für viele Erwerbstätige von der Ausnahme zur Regel geworden. Eine breite Mehrheit möchte ihren Arbeitsort flexibel wählen, wobei die meisten generell nicht vollständig mobil arbeiten, sondern zwischen Büropräsenz und Homeoffice wechseln wollen“, sagt Achim Berg.

Geht es nach den Erwerbstätigen, wird es in der Zeit nach der Pandemie eine Mischung aus mobiler und Präsenzarbeit geben. In Zukunft möchten neun von zehn (88 Prozent) mindestens teilweise im Homeoffice arbeiten. Acht von zehn wollen einen festen Arbeitsplatz (80 Prozent) in einem Einzelbüro, sieben von zehn (69 Prozent) einen festen Arbeitsplatz in einem Mehrpersonenbüro. Ins Großraumbüro will dagegen nur ein Drittel (32 Prozent), und das nur gelegentlich. Populärere Arbeitsorte sind dagegen die Ferienwohnung (59 Prozent), ein Shared Desk im Büro (58 Prozent), ein fester Wohnort im Ausland (58 Prozent) und ein Co-Working-Space (58 Prozent). Drei von zehn (31 Prozent) möchten gerne vom Campingbus aus arbeiten. Zwei von zehn (19 Prozent) bevorzugen es, unterwegs zu arbeiten, etwa in der Bahn. Berg: „Die neue Normalität entscheidet sich nicht zwischen klassischer Präsenzarbeit und Homeoffice, sondern ist ein klares Sowohl-als-auch. Hybride Arbeitsmodelle werden sich zunehmend durchsetzen. Die meisten werden einige Tage pro Woche ins Büro gehen und einige Tage zu Hause arbeiten. Einige werden nur noch im Homeoffice sein, andere nur im Büro. Und der eine und die andere wird ‚Workation‘ bevorzugen und am Urlaubsort arbeiten, sei es im Hotel oder Camper – immer vorausgesetzt, der Job lässt das zu.“

Mit der Digitalisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt verändert sich auch die Kultur am Arbeitsplatz. Die Corona-Pandemie hat ein breites Umdenken ausgelöst, was Führung, Kollaboration und Prozesse angeht. Acht von zehn abhängig Beschäftigten (79 Prozent) haben den Eindruck, dass ihr Arbeitgeber seinen Beschäftigten seit der Pandemie mehr vertraut und verstärkt auf Eigenverantwortung setzt. Drei Viertel (74 Prozent) stellen eine größere Aufgeschlossenheit gegenüber digitalen Technologien fest. Die Hälfte (51 Prozent) sagt, dass mehr auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten geachtet wird. Jeweils vier von zehn (40 Prozent) berichten von einem kooperativeren Führungsstil, flexibleren Arbeitszeiten und einer gelockerten Kleiderordnung. Ein Drittel (34 Prozent) sieht mehr Weiterbildungsmöglichkeiten für die Beschäftigten. Berg: „Die von Corona ausgelösten Veränderungen gehen weit über den Trend zum Homeoffice hinaus. Die Pandemie hat die Arbeitskultur tiefgreifend verändert, für viele Beschäftigte fühlt sich Arbeit nach Corona ganz anders an.“

Produktivität und Zufriedenheit im Büro am höchsten

Je nach Arbeitsort und Umfeld beurteilen die Erwerbstätigen ihre Produktivität und ihre Arbeitszufriedenheit unterschiedlich. Klassische Büroarbeit setzt dabei Maßstäbe: 98 Prozent der Erwerbstätigen schätzen ihre Produktivität im Büro als hoch ein, für die Arbeitszufriedenheit sagen das 90 Prozent. Das Homeoffice erzielt bei Produktivität (90 Prozent) und Zufriedenheit (88 Prozent) ebenfalls sehr hohe Werte und folgt knapp dahinter. Unterwegs, zum Beispiel in der Bahn, schätzt gut die Hälfte (56 Prozent) ihre Produktivität als hoch ein, bei der Arbeitszufriedenheit sind es 55 Prozent. Am schwächsten schneiden sonstige Orte ab, wie Co-Working-Spaces, Cafés oder Ferienwohnungen. Dort empfinden nur 48 Prozent ihre Produktivität und 44 Prozent ihre Arbeitszufriedenheit als hoch.

Weniger Stress, mehr Zeit und bessere Work-Life-Balance

Unter dem Strich überwiegen für die Mehrheit die Vorteile von mobilem Arbeiten. 85 Prozent der Erwerbstätigen, die mobil arbeiten, empfinden weniger Stress, da der Arbeitsweg entfällt. 82 Prozent sehen den damit verbundenen Zeitgewinn positiv. Und drei Viertel (74 Prozent) bemerken eine generell bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. Weitere meistgenannte Vorteile sind mehr zeitliche Flexibilität (62 Prozent), die Möglichkeit eines gesundheitsbewussteren Lebensstils etwa in Hinblick auf Sport und Ernährung (40 Prozent) und weniger Störungen durch Kolleginnen und Kollegen (32 Prozent). Der fehlende persönliche Austausch mit anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist wiederum der am meisten genannte Nachteil von Homeoffice. Vier von zehn (44 Prozent) beklagen weniger Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen. Für ein Fünftel (19 Prozent) ist es auch ein Problem, weniger Kontakt mit Vorgesetzten zu haben. Weitere genannte Nachteile sind Schwierigkeiten, das Privatleben vom Job abzugrenzen (27 Prozent) und das Gefühl, von wichtigen Informationen abgeschnitten zu sein (25 Prozent). Jede und jeder Siebte (15 Prozent) hat mobil schlechtere Arbeitsbedingungen als im Büro. Während lediglich 3 Prozent mit der Arbeit im Homeoffice überhaupt keine positiven Erfahrungen gemacht haben, stehen dem 26 Prozent gegenüber, die nichts Negatives sagen können.

Arbeitgeber stellen Technik, aber kaum Mobiliar

Für das mobile Arbeiten werden die meisten Erwerbstätigen von ihrem Arbeitgeber mit Technik ausgestattet. Einrichtungsgegenstände werden dagegen eher selten gestellt. Zwei Drittel (67 Prozent) erhalten ein Notebook, ein Viertel (26 Prozent) ein Smartphone und ein Sechstel (17 Prozent) ein Tablet vom Arbeitgeber. Auch Maus (29 Prozent), Webcam (26 Prozent), Monitor (25 Prozent) und Headset (20 Prozent) werden in einigen Fällen gestellt. Nur die Minderheit wird vom Arbeitgeber mit Mobiliar versorgt wie Schreibtischstuhl (7 Prozent), Schreibtisch (4 Prozent) oder Green Screen (3 Prozent). Fast jede und jeder achte mobil Arbeitende erhält nichts von alldem: 12 Prozent bekommen von ihrem Arbeitgeber weder Technik noch Mobiliar. Auch bei der Arbeitsorganisation gibt es Unterstützung. Die Hälfte der mobil arbeitenden Erwerbstätigen (52 Prozent) sagt, es gebe klare Regeln für das Arbeiten im Homeoffice, zum Beispiel zur Erreichbarkeit. Weitere Unterstützung gibt es etwa mit der Bereitstellung von Plattformen zum Austausch für Mitarbeitende (43 Prozent), mit Informationen, Leitfäden und Schulungen zu IT, Cyber-Sicherheit und Datenschutz (34 Prozent) und mit Angeboten zu Teambuilding (28 Prozent) und Weiterbildung, etwa zur Nutzung von Kollaborationstools (15 Prozent).

Bitkom-Positionen zu New Work und IT-Fachkräftesicherung

Die Digitalisierung der Arbeitswelt voranzubringen und zu gestalten, ist Ziel des Bitkom. Um dem Fachkräftemangel mit 96.000 vakanten IT-Jobs entgegenzuwirken, müssen aus Bitkom-Sicht zügig optimale Voraussetzungen für IT-Spezialistinnen und ‑Spezialisten geschaffen werden. Neben einer erleichterten Zuwanderung ausländischer Fachkräfte gehörten dazu eine bessere Schul-, Aus- und Weiterbildung und die gezielte Förderung von Mädchen und Frauen. New-Work-Konzepte müssten sich in Unternehmen, Institutionen und Behörden noch stärker durchsetzen, damit der Arbeitsalltag innovativer und digitaler wird. Der Staat sollte steuerliche Anreize für zeit- und ortsflexibles Arbeiten setzen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mindestens einen Tag pro Woche im Homeoffice beziehungsweise mobil arbeiten und damit auch die Umwelt schonen, sollten alle dadurch entstehenden Kosten steuerlich absetzen können. Die Politik sollte zudem die rechtlichen Voraussetzungen verbessern, um modernes, digitales Arbeiten zu ermöglichen. Insbesondere das Arbeitszeitgesetz müsse flexibler ausgestaltet werden. So sei die gesetzlich vorgeschriebene elfstündige Ruhepause nicht mehr zeitgemäß und stehe dem Wunsch der Erwerbstätigen nach souveräner Arbeitszeitgestaltung entgegen. Statt einer täglichen sollte auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umgestellt werden, was auch mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie vereinbar wäre. Ausführliche Handlungsempfehlungen finden sich unter https://www.bitkom.org/Kurzpositionen/Fachkraefte-New-Work

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