21.10.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Allianz Trade.
Die aktuelle Studie untersucht die weltweite Insolvenzentwicklung in Zeiten von schleppender Nachfrage, anhaltenden geopolitischen Spannungen und ungleichen Finanzierungsbedingungen.
Für Deutschland hat Allianz Trade die Insolvenzprognose angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Flaute nochmals leicht nach oben korrigiert und erwartet eine Zunahme der Pleiten im Jahr 2024 um 25 % (+4 Pp) auf rund 22.200 Fälle nach bereits +22 % im Jahr 2023. Für 2025 hat der Kreditversicherer seine Prognose ebenfalls leicht nach oben korrigiert: Trotz des für 2025 erwarteten Mini-Wachstum des deutschen Bruttoninlandsprodukts (BIP) dürfte der Anstieg mit rund 4 % auf dann 23.000 Fälle etwas höher ausfallen als bisher erwartet (2 %). Erst 2026 zeichnet sich mit einem Rückgang um 4 % voraussichtlich eine leichte Entspannung ab (22.100 Fälle).
„Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche in Europa, insbesondere in Deutschland, macht den hiesigen Unternehmen zu schaffen“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Durch eine stärkere Orientierung auf Wachstumsmärkte außerhalb Europas, sind sie Exportrisiken im Ausland ausgesetzt.
Zudem kämpfen mit einem Mix aus schleppender Nachfrage, steigenden Löhnen, sinkender Wettbewerbsfähigkeit, fälligen (Corona-)Krediten und eine zunehmend schwierige und oft teurere Refinanzierung bei gleichzeitig schlechterer Zahlungsmoral und höheren Ausfallsrisiken.
„Schwach finanzierte Unternehmen stehen auf Messers Schneide, und es dürfte eine deutliche Marktbereinigung stattfinden“, sagt Bogaerts.
Trotzdem: Viele deutsche Unternehmen sind weiterhin finanziell robust und haben – insbesondere im deutschen Mittelstand – gezeigt, dass sie jedem Sturm trotzen. Sie sollten an ihre Stärke glauben und jetzt den Mut finden, trotz vieler Unsicherheiten in ihre (grüne) Zukunft zu investieren, um dann bei der Erholung ganz vorne auf der Erfolgswelle zu surfen.
In der globalen Insolvenzprognosen vom Februar 2024 rechnete Allianz Trade bereits mit einem starken Anstieg im Jahr 2024 (+9 %) und einer anschließenden Stabilisierung im Jahr 2025 (+0 %). Mit den jüngsten Entwicklungen zeichnet sich weltweit ein noch düstereres Bild mit einem prognostizierten Anstieg von 11 % (+2 Prozentpunkte, Pp) für dieses Jahr, gefolgt von einem Höchststand im Jahr 2025 mit einem weiteren Zuwachs um 2 % (+2 Pp). Unternehmensinsolvenzen werden sich voraussichtlich erst 2026 auf hohem Niveau stabilisieren.
Haupttreiber des erwarteten globalen Anstiegs 2025 sind die USA mit +12 % nach bereits 31 % im Jahr 2024. Aber auch Russland (+16 %) sowie China (+5 %) und Taiwan (7 %) in Asien und Deutschland (+4 %) und Italien (+4 %) in Europa tragen zum weltweiten Anstieg bei. In Frankreich und Großbritannien sind die Insolvenzen nach starken Anstiegen in den vorangegangenen Jahren bereits auf sehr hohen Niveaus und werden sich 2025 leicht abschwächen (jeweils -6 %).
Seit Jahresbeginn sind die globalen Unternehmensinsolvenzen bereits um 9 % gestiegen. Der Anstieg ist dabei über Regionen und Sektoren hinweg breit angelegt. Weltweit dürfte der Allianz Trade Insolvenzindex Ende 2024 voraussichtlich 13 % über dem Durchschnitt der Jahre vor der Pandemie (2016-2019) liegen, aber 11 % unter dem Niveau der globalen Finanzkrise .
„Diese globale Achterbahnfahrt bei Unternehmensinsolvenzen ist zum Teil auf die nach wie vor gedämpfte globale Nachfrage, anhaltende geopolitische Unsicherheit und ungleiche Finanzierungsbedingungen zurückzuführen“, sagt Aylin Somersan Coqui, CEO der Allianz Trade Gruppe.
Sie lässt sich aber auch durch den ‚Rückstau‘ an Insolvenzen erklären, da Unternehmen nicht mehr durch die während der Pandemie und der Energiekrise eingeführten Unterstützungsmaßnahmen geschützt sind. Deshalb werden Länder, die mehr als die Hälfte des globalen BIP ausmachen, im Jahr 2024 von einem zweistelligen Anstieg der Insolvenzen betroffen sein. Zwei Drittel dürften in diesem Jahr die Zahl der Insolvenzen vor der Pandemie übertreffen. Die Bau-, Einzelhandels- und Dienstleistungsbranche sind am stärksten betroffen, sowohl in Bezug auf die Häufigkeit als auch auf die Schwere der Insolvenzen.
Insbesondere die Zahl der Großinsolvenzen hat ein neues Rekordniveau erreicht, wobei Westeuropa an der Spitze dieses Trends steht. Dies stellt auch eine große Gefahr für Arbeitsplätze dar, insbesondere in Europa und Nordamerika. Bis 2025 könnten in diesen beiden Regionen mehr als 1,6 Millionen Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, was rund 8 % der Gesamtzahl der Arbeitslosen entspricht und den höchsten Stand seit zehn Jahren markiert. Die am stärksten gefährdeten Sektoren sind das Baugewerbe, der Einzelhandel und der Dienstleistungssektor.
Eine allmähliche Lockerung der Geldpolitik könnte zwar eine gewisse Erleichterung bringen, ist aber kein Allheilmittel für angeschlagene Unternehmen. Niedrigere Zinssätze senken die Kreditkosten, verbessern den Cashflow und steigern die Rentabilität, können aber die finanziellen Herausforderungen, mit denen Unternehmen konfrontiert sind, nicht vollständig kompensieren.
„Unternehmen haben bereits Schulden abgebaut und sich an hohe Zinssätze angepasst“, sagt Maxime Lemerle, Leiter der Insolvenzanalyse bei Allianz Trade. „Unsere Analyse deutet darauf hin, dass der aktuelle Lockerungszyklus (-2 Pp bis September 2025) dank höherer Margen* zu einer Verringerung des Insolvenztrends um etwa 4 Prozentpunkte führen könnte. Dies würde aber den allgemeinen Anstieg, beispielsweise in den USA, nur geringfügig ausgleichen, könnte aber den Rückgang in Frankreich leicht verstärken.“
*bis zu +2 Prozentpunkte (Pp) in Deutschland, +4 Pp in Frankreich, +3 Pp im Vereinigten Königreich und +2,8 Pp in den USA
Die vollständige Allianz Trade Studie zu globalen Insolvenzen finden Sie hier.
Bild: AlphaTradeZone (Pexels, Pexels Lizenz)