30.06.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Immowelt AG.
Eine Analyse der Entwicklungen der Angebotsmieten (2012 bis 2019) und Einwohnerzahlen (2011 bis 2018) von immowelt zeigt:
Jobs, Infrastruktur und Kultur lockten in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen in die Großstädte. Doch ausreichend Wohnraum gibt es in den wenigsten. In Berlin ist die Einwohnerzahl seit dem Zensus 2011 um mehr als 300.000 Menschen gestiegen – ein Plus von 10 Prozent. Die Folge: Die Angebotsmieten haben sich von 2012 bis 2019 um 73 Prozent verteuert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von immowelt, wofür die Entwicklungen der Angebotsmieten (2012 bis 2019) und Einwohnerzahlen (2011 bis 2018) in den deutschen Stadt- und Landkreisen untersucht wurden.
In Berlin trat der Senat mit dem Mietendeckel auf die Bremse. Die Mieten von Bestandswohnungen werden für 5 Jahre eingefroren – unabhängig von der Nachfrage. In anderen Städten bestimmt diese weiterhin den Mietmarkt. In München hat der Bevölkerungsanstieg von 8 Prozent zur Folge, dass sich die Mieten um 45 Prozent erhöhten. Das Preisniveau war bereits 2012 hoch, das begrenzte Angebot hat die Lage weiter verschärft: 17,80 Euro kostete der Quadratmeter 2019 in Deutschlands teuerster Stadt.
Doch geht der Trend des urbanen Lebens weiter oder sind die Städte irgendwann zu voll und zu teuer? Junge Alleinstehende werden vermutlich weiterhin in die Städte strömen, besonders Berufsanfänger und Studenten. Doch gerade Familien könnten die aktuell hohen Mieten zunehmend abschrecken. „Aufgrund der hohen Preise in den Städten müssen viele Familien den Großteil ihres Einkommens für die Mieten aufbringen. Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit infolge der Corona-Krise dürften die Situation nochmal verschlimmert haben“, sagt Prof. Dr. Cai-Nicolas Ziegler.
„Die Politik ist hier an zwei Stellen gefragt: Einerseits muss die Zahl der Sozialwohnungen in den Städten erhöht werden. Andererseits müssen Anreize geschaffen werden, in den ländlichen Regionen zu bleiben oder sich gar neu anzusiedeln – sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Die niedrigen Mieten wären für beide Seiten lohnend.“ Bereits jetzt zieht es viele Familien mit hohem Einkommen und flexiblen Berufsmodellen raus aus der Stadt. Sie sehnen sich nach mehr Ruhe und die Nähe zur Natur.
Dass viele Mieter gezwungenermaßen oder freiwillig bereits jetzt in den Speckgürtel ausweichen, zeigt sich in einigen Großstädten. Die Bevölkerung in den an München angrenzenden Landkreisen Ebersberg und Dachau wuchs jeweils um 10 Prozent. Die Preise stiegen folglich stark an: Plus 37 Prozent in Ebersberg, und sogar um 47 Prozent in Dachau. Um Berlin macht sich in den Landkreisen Havelland (+55 Prozent) und Dahme-Spreewald (+54 Prozent) das Einwohnerplus von je 6 Prozent bemerkbar. Auch in Frankfurt und Stuttgart spiegeln sich die Ausweichbewegungen ins Umland in den gestiegenen Preisen wider.
Wo einerseits die Ballungsräume der Großstädte an Einwohnern gewinnen, verlieren diese andererseits viele ländlichen Regionen. Besonders in Ostdeutschland gibt es zahlreiche strukturschwache Gegenden mit rückläufiger Bevölkerungszahl. Der Erzgebirgskreis (-6 Prozent) oder die Landkreise Mansfeld-Südharz (-7 Prozent) oder Zwickau (-5 Prozent) sind nur drei von vielen Beispielen, die seit dem Zensus 10.000 Einwohner und mehr verloren haben. Die Folge: Das Angebot an Wohnungen ist groß und die Mieten stagnieren auf sehr niedrigem Niveau von rund 5 Euro pro Quadratmeter.
Neben Berlin profitieren auch andere Großstädte vom Wegzug aus den ländlichen Regionen. Leipzig hat den stärksten prozentualen Einwohnerzuwachs aller Stadt- und Landkreise: Von 2011 bis 2018 hat sich die Bevölkerung um 15 Prozent auf knapp 590.000 Einwohner erhöht. Die Angebotsmieten haben sich in Leipzig (+36 Prozent) zwar auch stark verteuert, verglichen mit anderen Großstädten ist Wohnraum mit Quadratmeterpreisen von 6,80 Euro hier aber nach wie vor preiswert. Zum Vergleich: 2019 zahlen Mieter in Berlin 11,40 Euro. Das liegt vor allem daran, dass Leipzig in den Jahren nach dem Mauerfall viele Einwohner in den Westen verloren hat. Die Wohnungen standen leer und wurden nun nach und nach saniert und wieder vermietet. Auch Dresden (+23 Prozent) verzeichnet steigende Mieten aufgrund der inzwischen positiven Einwohnerentwicklung.
In den meisten Großstädten führen steigende Einwohnerzahlen zu stark steigenden Mieten. Doch es gibt auch Gegenbeispiele, in denen allzu große Preisanstiege vermieden wurden. In Hamburg ist die Bevölkerung seit 2011 um 7 Prozent gewachsen – das entspricht rund 123.000 Menschen. Nur in Berlin war das absolute Wachstum noch größer. Die Angebotsmieten haben sich in der Hansestadt von 2012 auf 2019 um 26 Prozent erhöht. Dass der Sprung nicht noch größer ausfällt und die Ausmaße von München oder Berlin annimmt, liegt hauptsächlich am sozialen Wohnungsbau. In Hamburg wurde bereits frühzeitig erkannt, dass das Angebot der gestiegenen Nachfrage nicht gerecht wird, und mit der Schaffung von günstigem Wohnraum reagiert. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch in Köln und Düsseldorf beobachten. Beide Rheinmetropolen haben trotz Zuzug relativ moderate Mietanstiege von jeweils 27 Prozent in 7 Jahren.
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