13.02.2023 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK).
Im Vergleich zur DIHK-Konjunkturumfrage vom vergangenen Herbst, als mit nur 8 Prozent Optimisten der bisherige Tiefststand bei den Geschäftserwartungen gemessen worden ist, rechnen nun doppelt so viele Unternehmen (16 Prozent) mit besseren Geschäften in den nächsten zwölf Monaten. Allerdings bleibt die Zahl der Pessimisten, die im gleichen Zeitraum schlechtere Geschäfte erwarten, mit 30 Prozent (zuvor 52 Prozent) der Unternehmen weiter deutlich höher. Mit minus 14 Punkten bewegt sich der Saldo der Geschäftserwartung immer noch deutlich im negativen Bereich und damit weit unter dem langjährigen Schnitt von (plus) 5 Punkten.
"Die gute Nachricht ist, dass die deutsche Wirtschaft einen drohenden Absturz abwenden konnte", bewertet DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben die Ergebnisse. "Das hat sicher auch mit den seitdem verkündeten und zum Jahreswechsel aufgesetzten Energiepreisbremsen zu tun. Damit hat sich einiges beruhigt, aber noch nichts belebt. Statt tiefer Rezession erwartet uns in diesem Jahr eher eine Seitwärtsbewegung und unterm Strich eine rote Null."
Noch immer bewerten drei von vier Unternehmen im Durchschnitt aller Branchen die hohen Energie- und Rohstoffpreise als Geschäftsrisiko. Insbesondere in der Industrie ist dieser Wert mit 85 Prozent weiterhin sehr hoch. "Für viele Betriebe war der Umgang mit dem enormen Preissprung im vergangenen Jahr ein Überlebenskampf", so Wansleben. "Jetzt können sie wieder besser planen, wenn auch auf einem deutlich höheren Kostenniveau. Damit kommen die Margen und die Investitionsmöglichkeiten unter Druck."
So wollen in den kommenden zwölf Monaten 27 Prozent der Betriebe mehr investieren – im Vergleich zum Herbst ist das ein schwaches Plus von 3 Prozentpunkten. Mit 26 Prozent wollen im gleichen Zeitraum fast ebenso viele ihre Investitionen zurückfahren. Ein Fünftel der Betriebe gibt zudem an, geplante Investitionen aufgrund der Kostenbelastung zurückzustellen.
Wansleben: "Nur wenn die Investitionen stärker anziehen, kann sich ein selbsttragender Aufschwung einstellen. Dafür müssen insbesondere in Deutschland und Europa die Rahmenbedingungen stimmen. Aktuell haben die Ausrüstungsinvestitionen nicht einmal das Vorkrisenniveau erreicht. Diese Investitionslücke bereitet uns große Sorgen." Unternehmen, die aktuell investierten, versuchten vor allem, den Status quo zu halten. "Leider müssen sie bei Erweiterungsinvestitionen auf die Bremse treten."
In diesem Zusammenhang weist der DIHK-Hauptgeschäftsführer auch darauf hin, dass knapp ein Fünftel der Unternehmen einen Rückgang des Eigenkapitals beklagt. "Damit drohen Finanzierungsschwierigkeiten, die ihrerseits die Investitionsmöglichkeiten einschränken können."
Neben den Energie- und Rohstoffkosten bewerten jeweils mehr als die Hälfte der Unternehmen den anhaltenden Fachkräftemangel sowie die letztlich auch damit verbundenen steigenden Arbeitskosten als relevantes Geschäftsrisiko. "Es ist klar, dass bei der Suche nach neuen Mitarbeitenden die Unternehmen zuallererst selbst gefordert sind", so Wansleben. "Die Beschäftigungsabsichten sind denn auch im Vergleich zur Gesamtsituation recht expansiv. Die Unternehmen können allerdings nicht die demografische Entwicklung aushebeln. Deswegen brauchen wir bei der Fachkräftegewinnung mehr politischen Rückenwind." Den wünschten sich die Unternehmen auch in vielen anderen Bereichen.
"Wie selten zuvor haben wir Tausende von Freitextantworten erhalten. Noch öfter als die Begriffe Energie, Inflation, Krieg, Fachkräftemangel oder Lieferkette fällt dort das Wort Bürokratie", berichtet der DIHK-Hauptgeschäftsführer. "Die Botschaft ist eindeutig: Deutschland und Europa müssen endlich schneller werden. Deshalb ist es gut, dass es mit den LNG-Terminals so schnell geht. Das muss jetzt zum 'German Standard' werden, ob bei Infrastruktur, Verwaltung oder beim Ausbau der erneuerbaren Energien – und wenn Unternehmen investieren wollen."
Eine Stabilisierung zeigt sich bei der Einschätzung der aktuellen Geschäftslage. Wegen des bisher glimpflichen Verlaufs der Krise und der staatlichen Stützungsmaßnahmen gab es erfreulicherweise keinen Einbruch, wie er noch im Herbst zu befürchten war. Über alle Branchen hinweg bewertet rund ein Drittel der Unternehmen (34 Prozent) seine Geschäftslage zu Jahresbeginn als gut. Das sind 2 Prozentpunkte mehr als in der Vorumfrage im Herbst.
Hingegen sinkt der Anteil der Unternehmen, die von einer schlechten Geschäftslage berichten, leicht auf 15 Prozent (zuvor 19 Prozent). Der Saldo aus guten und schlechten Lageeinschätzungen verbessert sich damit im Vergleich zum Herbst von 13 auf 19 Punkte. Besonders die Industrieunternehmen können von einer einsetzenden Entspannung im Lieferverkehr profitieren und die noch hohen Auftragsbestände abarbeiten. 36 Prozent der Industriebetriebe schätzen die Lage als gut ein (gegenüber 33 Prozent in der Herbstumfrage) und 15 Prozent als schlecht (Herbst: 19 Prozent).
Aufgrund der Preisberuhigung an den Energiemärkten, der hohen Füllstände in den Gasspeichern und damit dem Ausbleiben einer Gasmangellage schätzen die Unternehmen das Risiko der Energie- und Rohstoffkosten als etwas weniger wichtig ein. Es bleibt aber mit 72 Prozent deutlich das Hauptrisiko (Herbstumfrage: 82 Prozent).
Selbst in der aktuellen Krise ist aus Sicht der befragten Betriebe der Fachkräftemangel das zweitgrößte Geschäftsrisiko. Drei von fünf Unternehmen (60 Prozent) fürchten einen Personalmangel. In der Industrie erreicht der Fachkräftemangel mit 61 Prozent einen neuen Höchstwert. Und auch andere Risiken wie Arbeitskosten (49 Prozent), Inlandsnachfrage (48 Prozent) oder wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen (41 Prozent) werden von den Unternehmen deutlich häufiger als Geschäftsrisiken genannt als noch vor der Corona-Pandemie.
Die Investitionsabsichten der Unternehmen bleiben weiter vorsichtig. Zwar gibt es auch hier eine leichte Verbesserung gegenüber der Herbstumfrage, insbesondere wollen nun weniger Betriebe ihre Investitionen zurückfahren (26 statt 34 Prozent). Dennoch wirken sich die immer noch schwachen Geschäftsaussichten auch auf die Investitionspläne aus. Zudem sind die Budgets vieler Betriebe nach wie vor durch hohe Energie-, Material-, Arbeits- und neuerdings auch Fremdkapitalkosten belastet. Ein Fünftel aller Unternehmen muss aufgrund der hohen Kostenbelastung Investitionen zurückstellen. Mit steigenden Investitionen in den kommenden zwölf Monaten rechnen mit 27 Prozent nur geringfügig mehr Betriebe als im Herbst (24 Prozent).
Die Gesamtumfrage mit allen Details gibt es hier zum Download:
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