14.09.2021 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.
In diesem Bericht werden Daten genutzt, die bis zum 10. September 2021 vorlagen. Soweit nicht anders vermerkt, handelt es sich um Veränderungsraten gegenüber der jeweiligen Vorperiode auf Basis preisbereinigter sowie kalender- und saisonbereinigter Daten.
Zu Beginn des dritten Quartals konnte die deutsche Industrieproduktion wieder zulegen. Die nach wie vor bestehenden Engpässe bei Vorprodukten dürften sich indes auch in den kommenden Monaten in einigen Bereichen belastend auf die Industriekonjunktur auswirken. In den Dienstleistungsbereichen normalisiert sich das Wachstum, nachdem in den vergangenen Monaten kräftige Aufwüchse verzeichnet wurden. Im Produzierenden Gewerbe kam es im Juli zwar zu einem Anstieg der Produktion, allerdings bleiben die Lieferengpässe in einigen Bereichen weiterhin ein belastender Faktor. Erneut robust zeigt sich jedoch die Auftragslage in der Industrie, die deutliche Zuwächse verzeichnete und damit eine gesunde Nachfragesituation widerspiegelt. Derweil stiegen die deutschen Warenausfuhren im Juli im nun fünfzehnten Monat in Folge an. Die Stimmung unter den deutschen Exporteuren fiel im August zwar zurückhaltender aus als zuvor, allerdings bleibt sie im Langfristvergleich immer noch recht optimistisch. Zusätzlich sind die globale Industrieproduktion und der Welthandel im Juni wieder gestiegen und kennzeichnen – bei abnehmender Dynamik – eine robuste Konjunktur der Weltwirtschaft. Im Dienstleistungssektor machen sich am aktuellen Rand verhaltenere Erwartungen und eine erhöhte Unsicherheit durch das verstärkte Infektionsgeschehen bemerkbar. Die Lageeinschätzung verbesserte sich hingegen als Ergebnis der seit der Öffnung im Mai bestehenden konjunkturellen Dynamik. Im Einzelhandel gingen die Umsätze im Juli im Vormonatsvergleich allerdings zurück, was aber in großen Teilen auf den besonders umsatzstarken Juni zurückzuführen ist. Auf dem Arbeitsmarkt setzt sich die Erholung weiter fort, die Arbeitslosigkeit nahm erneut kräftig ab und auch die Kurzarbeit wurde weiter zurückgefahren. Sie ist mittlerweile auf einem Niveau von rund 1,6 Mio. Insgesamt dürfte es im laufenden dritten Quartal zu einem merklichen Anstieg der Wirtschaftsleistung gekommen sein. Für das vierte Quartal zeichnet sich eine Normalisierung des Wachstums ab. Die weitere Verbreitung neuer Virusmutationen und ihr Einfluss auf das Infektionsgeschehen stellen allerdings nach wie vor die größte Unwägbarkeit für den weiteren Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung dar.
Der Aufschwung der Weltkonjunktur schwächte sich zuletzt etwas ab. Zwar stieg die globale Industrieproduktion im Juni um 1,0 % gegenüber dem Vormonat und auch das Welthandelsvolumen legte leicht um 0,5 % zu, allerdings verschlechterten sich die Stimmungsindikatoren am aktuellen Rand den dritten Monat in Folge. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex von J. P. Morgan/IHS Markit sank im August um 3,2 Punkte auf 52,6 Punkte und bewegt sich somit nur noch leicht oberhalb der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Die Stimmung in der Industrie gab trotz anhaltender Knappheit bei wichtigen Vorleistungsgütern etwas weniger nach, während sich die Dienstleister vermutlich vor dem Hintergrund der zunehmenden Verbreitung der ansteckenderen Delta-Variante des Coronavirus deutlich verhaltener geäußert haben als zuvor. Trotz der letzten Eintrübung zeichnet sich für das dritte Quartal eine weitere Steigerung der globalen Wirtschaftsleistung ab, die jedoch gedämpfter ausfallen dürfte, als bislang erwartet.
Der deutsche Außenhandel verlor zuletzt an Schwung. Der Wert der Warenexporte stieg im Juli zwar leicht gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt und nominal um 0,5 % an (Juni: -0,5 %). Die Importe von Waren gingen um 3,5 % zurück, nachdem sie im Juni noch leicht zulegen konnten. Da Aus- und Einfuhrpreise parallel jeweils stark zulegten, dürfte sich das nominale Plus bei den Exporten bei preisbereinigter Betrachtung ins Minus drehen. Die Abnahme bei den Importen dürfte preisbereinigt noch größer ausfallen. Der Handel mit Dienstleistungen nahm im Juli hingegen sprunghaft zu. Vor allem aufgrund höherer Reisetätigkeit von Deutschen im Ausland nahmen die Dienstleistungsimporte um 9,6 % zu. Die Dienstleistungsexporte konnten sogar knapp zweistellig zulegen (+11,1 %). In der Gesamtbetrachtung des Handels mit Waren und Dienstleistungen stiegen die Exporte um 2,4 %, die Importe gingen um 0,9 % zurück.
Auf nationaler Ebene schlägt sich die Dämpfung der globalen konjunkturellen Erholung nur teilweise in den Frühindikatoren zur Außenwirtschaft nieder. Die Auftragseingänge aus dem Ausland verzeichneten im Juli gegenüber dem Vormonat eine markante Zunahme um 8,0 %. Die Zahlen schwanken aufgrund von Großaufträgen jedoch stark; im Dreimonatsvergleich sind die Auftragseingänge nur leicht im Plus (+0,2 %). Die ifo Exporterwartungen für das Verarbeitende Gewerbe fielen im August deutlich zurückhaltender aus als zuvor, sind aber immer noch recht optimistisch. Trotz dieser Atempause bleibt der Ausblick für den deutschen Außenhandel grundsätzlich positiv. Rückenwind gibt vor allem die gute Konjunktur in wichtigen Absatzmärkten in Asien und den Vereinigten Staaten.
Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist im Juli gegenüber dem Vormonat um 1,0 % gestiegen. Die Herstellung der Industrie erhöhte sich dabei um 1,3 %, im Baugewerbe kam es zu einem Plus von 1,1 %
Im Zweimonatsvergleich Juni/Juli gegenüber April/Mai nahm die Produktion im Produzierenden Gewerbe leicht um 0,9 % ab. Während der Ausstoß in der Industrie in diesem Zeitraum nur unwesentlich um 0,4 % zurückging, kam es beim Baugewerbe, ausgehend von einem vergleichsweise hohen Niveau, zu einer deutlicheren Drosselung um 1,7 %.
Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe nahmen im Juli gegenüber dem Vormonat um 3,4 % zu. Im Zweimonatsvergleich Juni/Juli gegenüber April/Mai kam es ebenfalls zu einem deutlichen Plus in Höhe von 4,6 %. Ohne Berücksichtigung von Großaufträgen ging das Ordervolumen allerdings leicht um 0,2 % zurück.
Insgesamt erhöhten sich die Auftragseingänge nach dem kräftigen Anstieg im Juni erneut deutlich. Ursächlich hierfür war eine starke Auslandsnachfrage (+8,0 %), insbesondere aus dem Nicht-Euroraum (+15,7 %). Die inländische Nachfrage, im Vormonat noch Triebfeder des Orderanstiegs, war hingegen rückläufig (-2,5 %), liegt aber nach wie vor auf hohem Niveau. Insgesamt waren die Bestellungen von kräftigem Wachstum im Maschinenbau, bei der Herstellung pharmazeutischer Erzeugnisse sowie Großaufträgen im sonstigen Fahrzeugbau geprägt. Neuaufträge im gewichtigen Zweig Maschinenbau sind seit Dezember 2020 stetig gestiegen und sind seit Jahreswechsel um fast 15 % gewachsen.
Nach dem Rückgang der Industrieproduktion im zweiten Quartal verlief der Start in das dritte Quartal freundlicher. Der gewichtige Bereich Kfz und Kfz-Teile steigerte seinen Ausstoß im Juli um 1,9 %. Der ähnlich gewichtige Maschinenbau expandierte um 6,9 %. Die Lieferengpässe bei Halbleitern, die zuletzt die Produktion bremsten, dürften allerdings noch fortbestehen. Der Ausstoß im Baugewerbe liegt weiter auf hohem Niveau. Der Ausblick für die Industriekonjunktur insgesamt bleibt angesichts einer unverändert hohen Nachfrage und der gesteigerten Produktion optimistisch, auch wenn sich die in Umfragen ermittelten Geschäftsaussichten auch auf Grund der steigenden Infektionszahlen zuletzt eintrübten.
Im Einzelhandel ohne Kfz gingen die Umsätze zuletzt zurück. Nachdem sie im Mai und im Juni jeweils um kräftige rund 4,5 % gestiegen waren, büßten sie im Juli wieder rund 5 % ihres Niveaus ein. Das anziehende Infektionsgeschehen führt aktuell zu einer erhöhten Verunsicherung sowohl der Konsumenten als auch der Händler. Nach einer kräftigen Erholung in den Monaten Mai und Juni ging der Einzelhandel mit Textilien, Bekleidung und Schuhen im Juli 2021 um rund 10 % zurück. Im Internet- und Versandhandel kam es im Zuge der Normalisierung im stationären Einzelhandel zu einem Umsatzrückgang um 11,9 %, wenngleich das Vorkrisenniveau weiterhin deutlich übertroffen wird (+21 %). Im Gegensatz dazu kam es bei den Neuzulassungen von Pkw durch private Halter im August erneut zu einem deutlichen Aufwuchs (+3,1 %).
Die ifo Geschäftserwartungen im Einzelhandel fielen im August per Saldo noch einmal deutlich negativer aus als bereits im Juli. Auch für das GfK Konsumklima wird im September ein leichter Rückgang erwartet. Als Gründe hierfür werden wieder steigende Infektionszahlen und die damit einhergehende Verunsicherung der Konsumenten vermutet.
Das Verbraucherpreisniveau blieb im August gegenüber dem Vormonat stabil (±0,0 %). Zuvor hatte sich im Juli v. a. aufgrund erhöhter Energiepreise eine Steigerung von 0,9 % ergeben. Die Inflationsrate, die Preisniveauentwicklung gegenüber dem Vorjahr, nahm im August leicht zu, um 0,1 Prozentpunkte auf 3,9 %. Zuvor war die Rate im Juli sprunghaft um 1,5 Prozentpunkte angestiegen. Ausschlaggebend für das erhöhte Niveau ab der Jahresmitte ist ein Basiseffekt aufgrund der temporären Senkung der Umsatzsteuersätze ein Jahr zuvor. Hierbei kommt es zu einem Vergleich der aktuellen Verbraucherpreise mit den „normalen“ Umsatzsteuersätzen mit denjenigen mit verminderten Umsatzsteuersätzen. Bereits zu Jahresbeginn haben weitere Sonderfaktoren wie die Erholung der Import- und Rohstoffpreise sowie die Einführung der CO2-Bepreisung für einen deutlichen Anstieg der Inflationsrate gesorgt. Nach Auslaufen der Sondereffekte dürfte sich der Auftrieb zum Jahreswechsel wieder deutlich abschwächen. Die Kerninflationsrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) stieg im August ebenfalls leicht auf +2,8 % (Juli: +2,7 %). Energie verteuerte sich zuletzt binnen Jahresfrist kräftig um 12,6 % (Juli: +11,6 %). Aktuell lassen die Entwicklungen an den Rohstoffmärkten aber eine mittelfristige Entspannung beim Ölpreis erwarten.
Die bemerkenswerte Erholung auf dem Arbeitsmarkt geht auch im August weiter; auch die Aussichten für die kommenden Monate sind positiv. Nach den Lockerungen insbesondere im Gastgewerbe, Handel und Dienstleistungen haben sich Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung im August saisonbereinigt erneut kräftig reduziert, um 53.000 bzw. 38.000 Personen. Typischerweise kommt es in den Sommermonaten saisonal zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Nach den Ursprungszahlen sank die Arbeitslosigkeit jedoch um 12.000 auf 2,58 Mio. Personen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat waren damit 377.000 Personen weniger arbeitslos gemeldet. Auch die Erwerbstätigkeit entwickelte sich außergewöhnlich positiv. Sie erhöhte sich im Juli saisonbereinigt um 100.000 Personen.
In Ursprungszahlen waren damit 45 Millionen Menschen erwerbstätig, 280.000 Personen mehr als im Vorjahresmonat. Im Juni erhöhte sich die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung kräftig (+79.000 gegenüber Mai) und die Kurzarbeit ging weiter zurück auf nun 1,6 Millionen Personen (Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit für Juni). Die Zahl der Kurzarbeitenden dürfte im Juli nochmals deutlich fallen. Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist weiterhin hoch. Die Frühindikatoren von ifo und IAB zogen im August wieder an und liegen weiterhin auf sehr hohem Niveau, ebenso wie der Bestand gemeldeter offener Stellen. Der Aufschwung am Arbeitsmarkt dürfte sich somit auch in den nächsten Monaten fortsetzen.
Im ersten Halbjahr 2021 verzeichneten die deutschen Amtsgerichte 17,7 % weniger Anträge als im 1. Halbjahr 2020. Auf Basis von Insolvenzbekanntmachungen meldete das Statistische Bundesamt bei den Regelinsolvenzen für Juli und August einen Rückgang von 0,1 % bzw. 19,3 % gegenüber dem jeweiligen Vormonat. Das Insolvenzgeschehen bleibt damit größtenteils unauffällig; lediglich im ersten Quartal war wegen der Verkürzung der Restschuldbefreiung ein vorübergehender Anstieg der Verbraucherinsolvenzen zu verzeichnen. Insgesamt ist ein leichter Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im weiteren Jahresverlauf nach wie vor nicht auszuschließen, allerdings dürfte dieser – wenn überhaupt – sehr moderat ausfallen.
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