08.04.2022 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Lohnsteuerhilfe Bayern e.V..
Um die Praxistauglichkeit zu gewährleisten, wird künftig abermals ein starrer Zinssatz im Steuerwesen eingesetzt. Jedoch soll eine regelmäßige Evaluierung hinzukommen, um mehr Realitätsnähe zu erreichen. Ein flexibler Zinssatz kam im Hinblick auf eine schwierigere Handhabung und damit verbundene Planungsunsicherheiten für das BMF nicht in Betracht. Die Lohi erläutert, was die Regierungspläne beinhalten.
Das BVerfG hatte in einem Urteil den Steuerzinssatz von 6 Prozent p.a. aufgrund der vorherrschenden Niedrigzinsphase am Kapitalmarkt für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2014 für überhöht und verfassungswidrig erklärt. Eine Zinskorrektur wurde jedoch erst für die Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2019 oder später fallen, angeordnet. Bis spätestens Ende Juli muss der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Neuregelung dazu erlassen haben. Nun legte das Bundesfinanzministerium einen Referentenentwurf für das Zweite Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (2. AOÄndG) vor. Am 30.03.2022 hat das Bundeskabinett die Neuregelung beschlossen. Nun muss sie noch vom Bundestag verabschiedet werden und der Bundesrat muss zustimmen.
Mit dem Entwurf des 2. AOÄndG soll der bisherige Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen von 0,5 Prozent pro Monat auf 0,15 Prozent pro Monat, und damit auf 1,8 Prozent pro Jahr, gesenkt werden. Wie kamen die 1,8 Prozent zustande? Die 1,8 Prozentpunkte orientieren sich am aktuellen Basiszinssatz nach dem BGB von -0,88 Prozent mit einem Aufschlag von 2,7 Prozentpunkten, was laut Referentenentwurf einen sachgerechten Zuschlag darstellen soll. Der Zinssatz bleibe damit deutlich unterhalb des Zinssatzes für Verzugszinsen nach dem BGB und sei ein angemessener Mittelwert zwischen Guthaben- und Verzugszinsen.
Des Weiteren soll mit Teilverzinsungszeiträumen in Fällen gerechnet werden, in denen unterschiedliche Zinssätze im Zinslauf zur Anwendung kommen. Dies ist z.B. der Fall, wenn sich der Verzinsungszeitraum vom 1. Mai 2018 bis zum 15. Juli 2019 erstreckt. Für Teilverzinsungszeiträume ist jeweils tageweise zu rechnen, wobei ein Kalendermonat grundsätzlich mit 30 Zinstagen angesetzt wird. Die Anzahl der tatsächlichen Kalendertage je Kalendermonat spielt keine Rolle. Um den Anteil am Jahreszinssatz zu ermitteln, wird die Summe der ermittelten Zinstage durch 360 geteilt.
Damit der Verwaltungszinssatz künftig nicht wieder so krass von der Realität am Markt abweicht, sieht das Gesetz vor, dass der Basiszinssatz regelmäßig alle drei Jahre überprüft werden soll. Sollte der Basiszinssatz künftig um mehr als einen Prozentpunkt gegenüber dem zuletzt geltenden Zinssatz abweichen, soll eine Anpassung des Zinssatzes erfolgen. Diese soll dann für künftige Verzinsungszeiträume gelten. Die erste Evaluation wurde für den 1. Januar 2026 festgesetzt.
Im Hinblick auf die laufenden Verfahren wurden Zinsfestsetzungen für Zeiträume ab Mai 2019 vom Finanzamt mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen. Auch sind noch viele Steuerbescheide aus den vergangenen Jahren offen, weil die Steuerzahler Einspruch gegen den hohen Zinssatz erhoben haben. Bei diesen noch nicht bestandskräftig festgesetzten Zinsen werden die Finanzämter nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens den neuen Zinssatz rückwirkend ab Januar 2019 anwenden. Im Fall der Neuberechnung von Erstattungszinsen durch Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids darf der Steuerpflichtige aber im Vergleich zur letzten Zinsfestsetzung nicht schlechter gestellt werden. Das bedeutet, dass weder eine Rückzahlung festgesetzter noch vorläufig erhaltener Erstattungszinsen erforderlich ist.
Der neue gesetzliche Zinssatz betrifft Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen zulasten der Steuerpflichtigen nicht. Hier wird weiterhin ein Zinssatz von 6 Prozent p.a. angewendet, da sich die Entscheidung des Gerichts hier ausdrücklich nicht auf andere Regelungen zur Verzinsung erstreckt hat. Diese Sachverhalte werden laut Gesetzgeber noch geprüft. Ob und wann hier eine Anpassung erfolgt, bleibt offen. Wenn für andere Zinsen aber ein anderer Grundsatz gilt, führt das in der Praxis zu Ungerechtigkeiten.
„Es gilt das Gebot der gleichmäßigen Besteuerung. Dem sollte durch einheitliche Zinssätze Rechnung getragen werden“, so Tobias Gerauer, Vorstand der Lohi. Bleibt es bei den unterschiedlichen Sätzen, werden z.B. Steuerzahler, die ihre Steuererklärung abgegeben haben und deren Steuernachzahlung gestundet oder wegen eines Rechtsstreits ausgesetzt wurde, mit der neuen Lösung schlechter gestellt als diejenigen, bei denen die Finanzverwaltung Steuernachforderungen erst im Nachhinein festgestellt hat.
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