11.04.2023 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Das 49-Euro-Ticket ist eine bundesweit geltende Monatskarte für den öffentlichen Personennahverkehr. Das Deutschland-Ticket soll die Bürgerinnen und Bürger ermuntern, ihr Auto stehen zu lassen und den ökologisch sinnvollen Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel erleichtern. Die Einführung des 49-Euro-Tickets hat Auswirkungen auf die lohnsteuerliche Job-Ticket-Regelung, auf Fahrtkostenzuschüsse und auf die bestehende Sachbezugsversteuerung.
Nach aktuellem Stand der Dinge wird es keine zusätzlichen steuerlichen Neuregelungen in Zusammenhang mit der Einführung des neuen 49-Euro-Tickets geben. Das bedeutet, dass die allgemeinen steuerlichen Rahmenbedingungen zur Anwendung kommen.
Wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine unentgeltliche oder verbilligte Fahrkarte für den öffentlichen Personennahverkehr für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Job-Ticket) bzw. für sonstige private Fahrten zur Verfügung stellt, handelt es sich grundsätzlich um einen lohnsteuerlichen Sachbezug.
Nach Einführung des 49-Euro-Tickets vermindern sich die Aufwendungen des Arbeitgebers auf 49 Euro monatlich. Gleichzeitig wird der bislang regional beschränkte Gültigkeitsbereich auf das ganze Bundesgebiet erweitert. Soweit der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern das Job-Ticket verbilligt zur Verfügung stellt, kann er den Preisvorteil ab 01.05.23 ganz oder teilweise an seine Arbeitnehmer weitergeben. Hierbei können sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer von den Kostenvorteilen profitieren.
Das Steuerrecht bietet diverse Möglichkeiten der lohnsteuerlichen Behandlung von Fahrtkostenzuschüssen und Job-Tickets, z. B.
Die Anwendung des § 3 Nr. 15 EStG (Steuerfreiheit) hat aufgrund der Gesetzessystematik grundsätzlich Vorrang vor den anderen gesetzlichen Bestimmungen, z. B. vor der Sachbezugsfreigrenze.
Nach Maßgabe von § 3 Nr. 15 EStG sind Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr oder diesen gleichgestellten Fahrten sowie für sonstige Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr gezahlt werden, steuerfrei.
Das gilt sowohl für Fahrtkostenzuschüsse als auch für Sachbezüge, z. B. im Rahmen der kostenlosen oder verbilligten Überlassung eines sog. Job-Tickets. Die Steuerfreiheit bringt Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung mit sich.
Weil die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 15 EStG Vorrang vor der Sachbezugsfreigrenze hat, wird der Anwendungsbereich der Sachbezugsfreigrenze durch das 49-Euro-Ticket nicht beeinträchtigt.
Bitte beachten Sie, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Arbeitgeberpflichten die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nachweisen muss. Kann der Arbeitgeber die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung nicht nachweisen, kann das Finanzamt den steuerfreien Fahrtkostenzuschuss in einen steuerpflichtigen Fahrtkostenzuschuss umqualifizieren.
In diesem Zusammenhang darf der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern nach Einführung des 49-Euro-Tickets keinen pauschalen steuerfreien Fahrtkostenzuschuss gewähren, sondern muss sich von seinen Arbeitnehmern den Nachweis erbringen lassen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich im Besitz eines 49-Euro-Tickets ist. Bitte beachten Sie, dass es darüber hinaus zu regional unterschiedlichen Vergünstigungen, z. B. für Auszubildende, in unterschiedlicher Höhe kommen kann.
Wenn ein Arbeitnehmer einen Fahrtkostenzuschuss oder ein vergünstigtes Job-Ticket von seinem Arbeitgeber erhält, entfällt der Werbungskostenansatz (Ansatz der Entfernungspauschale) im Rahmen der Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers.
Erhält der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einen Fahrtkostenzuschuss, ist die Steuerfreiheit der Höhe nach begrenzt auf die tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer keinen höheren Fahrtkostenzuschuss erhalten darf, als er tatsächlich an Aufwendungen hat. Darüber hinaus ist das Zusätzlichkeitserfordernis zu beachten, d.h. der Fahrtkostenzuschuss muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Wird der Fahrtkostenzuschuss nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt, z. B. durch eine steuerschädliche Gehaltsumwandlung, handelt es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn (siehe unten).
Durch die Einführung des 49-Euro-Tickets reduziert sich der tatsächliche Kostenaufwand des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln ab 01.05.23 auf 49 Euro. Erhält der Arbeitnehmer einen höheren Fahrtkostenzuschuss, z.B. weil er einen arbeitsrechtlichen Anspruch darauf auf einen höheren Betrag hat, handelt es sich in Höhe des übersteigenden Betrags um steuerpflichtigen Arbeitslohn. In diesem Zusammenhang ist der Fahrtkostenzuschuss entsprechend in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Bestandteil aufzuteilen. Eine Pauschalversteuerung ist in Ermangelung einer Rechtsvorschrift nicht zulässig.
Der Arbeitnehmer Ferdinand Freibier hat aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarungen einen arbeitsrechtlichen Rechtsanspruch auf einen Fahrtkostenzuschuss in Höhe von 90 Euro monatlich. Die steuerliche Behandlung richtet sich nach den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Da der Arbeitnehmer nur tatsächliche Aufwendungen in Höhe von 49 Euro hat, kommt die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 15 auch nur für diesen Anteil in Betracht.
Der erhaltene Fahrtkostenzuschuss ist in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Bestandteil aufzuteilen.
Vom Arbeitgeber erhaltener Fahrtkostenzuschuss | 90,00 € |
Tatsächliche Aufwendungen des Arbeitnehmers | 49,00 € |
Übersteigender Betrag = steuerpflichtiger Arbeitslohn | 41,00 € |
Fahrtkostenzuschuss steuerfrei | 49,00 € |
Fahrtkostenzuschuss steuerpflichtig | 41,00 € |
Summe | 90,00 € |
Erhält der Arbeitnehmer darüber hinaus einen weiteren zusätzlichen Fahrtkostenzuschuss, z. B. um mit seinem eigenen Fahrzeug zum Bahnhof zu kommen (Park-and-ride-Fälle), ist dieser Fahrtkostenzuschuss grundsätzlich nicht steuerfrei. Eine Pauschalversteuerung ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung Werbungskosten geltend machen könnte. Bitte beachten Sie hierbei, dass aufgrund der pauschalen Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale nur in Sonderfällen ein zusätzlicher Werbungskostenansatz des Arbeitnehmers in Betracht kommt.
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Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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