19.02.2020 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Hat ein Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte sind die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Rahmen der Entfernungspauschale anzusetzen, also in Höhe von 0,30 Euro pro Entfernungskilometer. Ist die Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers hingegen nicht als erste Tätigkeitsstätte anzusehen, kommen Reisekostengrundsätze zur Anwendung. In diesem Zusammenhang sind die Fahrten zwischen der Wohnung und der (auswärtigen) Tätigkeitsstätte mit 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenen Kilometer, also für Hin- und Rückfahrt anzusetzen. Darüber hinaus könne Verpflegungsmehraufwendungen geltend gemacht werden, soweit die Mindestabwesenheitszeiten eingehalten werden.
Ob der Arbeitsort des Arbeitnehmers als auswärtige Tätigkeitsstätte oder als erste Tätigkeitsstätte anzusehen ist, richtet sich nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen in § 9 Absatz 4 EStG.
Kraft gesetzlicher Definition in § 9 Absatz 4 EStG ist eine erste Tätigkeitsstätte eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Zuordnung wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.
Im hier streitigen Fall hatte der Arbeitnehmer seinen Dienst kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung nicht an einer bestimmten, sondern an vier verschiedenen Rettungs-wachen zu verrichten. In Streitjahr wurde der Arbeitnehmer aus organisatorischen Gründen tatsächlich jedoch nur an einer einzigen vom Arbeitgeber bestimmten festen Rettungswache eingesetzt.
Streitig ist, ob diese Rettungswache daher als erste Tätigkeitsstätte anzusehen und die Fahrten dorthin entsprechend als Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte anzusehen oder ob Reisekostengrundsätze anzuwenden sind.
Mit Urteil vom 28.11.19 hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz klargestellt, dass ein Feuerwehrmann, der kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung nicht nur einer, sondern gleichzeitig mehreren verschiedenen Einsatzstellen zugewiesen wird, die Fahrten von seiner Wohnung zur Einsatzstelle nach Reisekostengrundsätzen als Werbungskosten auch dann geltend machen kann, wenn er tatsächlich nur an einem der vom Arbeitgeber festgelegten Einsatzorte beschäftigt war.
Weil das Finanzgericht keine Revision zugelassen hat, hat das Finanzamt entsprechend Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt. Dort ist das Verfahren unter dem Aktenzeichen VI B 112/19 anhängig. Fraglich ist, wie sich der Bundesfinanzhof positionieren wird. Bis dahin besteht in vergleichbaren Fällen weiterhin Rechtsunsicherheit.
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Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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Bild: Tobias Cornille (Unsplash, Unsplash Lizenz)