20.07.2021 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Obwohl die Dienstwagenbesteuerung in all ihren Feinheiten ausführlich gesetzlich geregelt und auch in den Verwaltungsanweisungen, z. B. in den Lohnsteuerrichtlinien, umfassend rechtlich gewürdigt ist, müssen sich die Finanzgerichte und der Bundesfinanzhof immer wieder mit weiteren vermeintlichen Unklarheiten beschäftigen. So musste sich der Bundesfinanzhof jüngst mit der Rechtsfrage auseinandersetzen, ob die steuerlichen Rahmenbedingungen bei der Dienstwagenbesteuerung nur für klassische Arbeitnehmer oder auch für – als Arbeitnehmer – eingesetzte Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gelten.
Im hier streitigen Sachverhalt wurde einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen seines Dienstverhältnisses ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, der laut Anstellungsvertrag auch privat genutzt werden durfte. Der Geschäftsführer bestritt jedoch gegenüber dem Finanzamt, den ihm zur Verfügung gestellten Dienstwagen tatsächlich privat genutzt zu haben und behauptete, Privatfahrten ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt zu haben.
Darüber hinaus stellte er infrage, ob die einschlägige BFH-Rechtsprechung zur KFZ-Überlassung an Angestellte auch in den Fällen anwendbar ist, in denen der Angestellte ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist und ob die Anscheinsbeweisgrundsätze für die Feststellung einer Privatnutzung des betrieblichen Pkw durch einen Alleingesellschafter-Geschäftsführer heranzuziehen sind.
Das Finanzamt folgte den Ausführungen des Geschäftsführers jedoch nicht und ermittelte den geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Dienstwagens pauschal im Rahmen der 1-%-Regelung. Nach dem auf der allgemeinen Lebenserfahrung gründenden Beweis des ersten Anscheins werden dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt.
Es steht jedem Arbeitnehmer frei, den Anscheinsbeweis durch substantiierte Darlegung eines atypischen Sachverhalts zu entkräften. Bloße Behauptungen ohne die Erbringung eines hinreichenden konkreten Nachweises durch den Steuerpflichtigen sind nach Auffassung der Finanzverwaltung und der Finanzrechtsprechung grundsätzlich nicht geeignet, um den Anscheinsbeweis zu entkräften.
Der Bundesfinanzhof stellte darüber hinaus klar, dass es in diesem Zusammenhang nicht ermessensfehlerhaft ist, wenn das Finanzgericht es unterlässt, im finanzgerichtlichen Verfahren die Ehefrau des Geschäftsführers oder Mitarbeiter der GmbH zu vernehmen um zu klären, ob der Geschäftsführer das ihm zur Verfügung stehende betriebliche Fahrzeug tatsächlich privat genutzt hat oder auf drei weitere Fahrzeuge im Privatvermögen zurückgegriffen hat.
Bei derartigen Sachverhalten obliegt es dem Steuerpflichtigen, den Beweis des ersten Anscheins zu entkräften. Der Steuerpflichtige muss also darlegen, dass er das Fahrzeug, welches er aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung privat nutzen darf, tatsächlich auch privat genutzt hat.
Der Bundesfinanzhof stellte mit Urteil vom 16.10.20, VI B 13/20 klar, dass die Überlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Zufluss von Arbeitslohn führt. Die bloße Behauptung, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt zu haben, genügt nicht, um die Besteuerung des Nutzungsvorteils auszuschließen.
Diese Rechtsgrundsätze gelten nicht nur für klassische Arbeitnehmer, sondern auch für Alleingesellschafter-Geschäftsführer, die für ihre GmbH ertragsteuerlich als Arbeitnehmer tätig werden und denen die GmbH einen betrieblichen PKW aufgrund dienstvertraglicher Vereinbarung auch zur Privatnutzung überlassen hat.
Wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses einen Dienstwagen zur Verfügung stellt, der auch privat genutzt werden darf, gilt der Arbeitnehmer nach höchstrichterlicher Rechtsprechung um den Betrag bereichert, den er für eine vergleichbare Nutzung aufwenden müsste und den er sich durch die Überlassung des Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart. Diese Rechtsprechung gilt ausnahmslos für alle Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber einen betrieblichen PKW auch zur Privatnutzung überlässt. Sie gilt damit auch für Alleingesellschafter-Geschäftsführer, die für ihre GmbH ertragsteuerlich als Arbeitnehmer tätig werden und denen die GmbH, wie im Streitfall, einen betrieblichen PKW aufgrund dienstvertraglicher Vereinbarung auch zur Privatnutzung überlässt. Diese Rechtslage ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Klärung in einem Revisionsverfahren.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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Bild: JESHOOTS.com (Pexels, Pexels Lizenz)