17.07.2023 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker erläutert, welche Angaben gemacht werden müssen und warum eine solche Werbung gerade in Social Media gefährlich sein kann. In dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg (Urt. v. 16.9.2022, Az. 315 O 160/21) ging es um eine Beklagte, die Immobilienverkäufer an Immobilienmakler vermittelt. Auf ihrer Webseite warb sie damit, dass ihre Kunden ihre Makler im Durchschnitt mit 4,7 von 5 möglichen Sternen bewertet hätten, ohne hierzu weitere Angaben zu machen. Zudem warb sie mit der Angabe „Bekannt aus: Die Welt, ONLINE FOCUS, Frankfurter Allgemeine, N24“ unter Einblendung der entsprechenden Logos ohne Angabe einer Fundstelle.
Ein Wettbewerbsverband mahnt diese Werbung als unlauter und damit unzulässig ab. Die Beklagte habe nicht alle erforderlichen Informationen in ihrer Werbung für den Verbraucher bereit gehalten und daher liege eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor.
§ 5a UWG lautet seit Mitte 2022 neu gefasst in seinen ersten Absätzen:
(1) Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,
1.die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und
2.deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Als Vorenthalten gilt auch
1.das Verheimlichen wesentlicher Informationen,
2.die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise sowie
3.die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.
Die Hamburger Richter folgten grundsätzlich der Argumentation und sahen in der Werbung mit der Kundendurchschnittsnote ohne weitere Angaben eine Verletzung des § 5a Abs. 1 Nr. 1 UWG, weil dem Verbraucher wichtige Informationen vorenthalten wurden. Der klagende Verband hatte argumentiert, die Verbraucher benötigten Angaben über die Gesamtzahl der Bewertungen, den relevanten Zeitraum, in dem die Bewertungen gesammelt wurden sowie eine Aufschlüsselung zur Berechnungsweise im Wege der Angaben der Anzahl je nach Sternenklassen.
Das LG Hamburg sah auch die Angabe der Gesamtzahl und des Zeitraums als wesentliche Information an, die bei der Werbung mit der Angabe einer Kundenbewertung zu erfolgen habe:
„… denn die Bedeutung einer Durchschnittsbewertung steigt erheblich, umso mehr Bewertungen insgesamt vorliegen. Zwar handelt es sich, wie die Beklagte zurecht ausführt, um subjektive Bewertungen, die gerade nicht nach objektiven Kriterien und aus verschiedensten Motiven abgegeben werden, allerdings steigt durch die Anzahl der Bewertungen die Repräsentativität. Bewirbt also ein Unternehmer sein Angebot mit durchschnittlichen Kundenbewertungen, so ist die Anzahl der Bewertungen von erheblichem Gewicht für die Entscheidung des Verbrauchers, denn diese bestimmt maßgeblich, ob und wie stark die Durchschnittsbewertung selbst seine Entscheidung beeinflusst (…)…“
Auch die Angabe des Zeitraums, in dem Bewertungen für eine Durchschnittsbewertung berücksichtigt wurden, stellt eine wesentliche Information im Sinne des § UWG § 5a Abs. UWG § 5A Absatz 1 UWG n.F. dar. Ein Verbraucher wird Bewertungen, die aus aktuellerer Zeit stammen, stärker bei seiner Entscheidung berücksichtigen, während er ältere Bewertungen bei seiner Entscheidung eher vernachlässigen oder sogar komplett ignorieren wird. Es ist daher erforderlich, dass aus der Darstellung der Durchschnittsbewertung in irgendeiner Form erkennbar ist, aus welchem Zeitraum die berücksichtigten Bewertungen stammen, sei es durch Einblendung der eingeflossenen Bewertungen mit ihrem jeweiligen Datum oder durch eine Beschreibung berücksichtigten Zeitraums.“
Dem ist zuzustimmen. Der Autor dieses Beitrages hat in einem anderen Verfahren des LG Münster (Urteil vom 18.02.2022, Az.: 021 O 67/21) eine vergleichbare Entscheidung zu Kundenbewertungen erstritten. Der Beklagten wurde es untersagt, eine Google Bewertung aufzurufen, ohne die Möglichkeit, die einzelnen Kundenbewertungen aufzurufen.
Teilweise beruhen Durchschnittsangaben nur auf einer sehr kleinen Anzahl von Bewertungen, die der Werbende natürlich nicht so gerne offen legt, weil dadurch eventuell offenbar wird, dass er erst kurz am Markt tätig ist und nur geringe Akzeptanz vorweisen kann. Ein Kunde kann dann in seinen Erwartungshaltungen getäuscht sein.
Die Angabe zur Aufschlüsselung der Bewertungen, also wie häufig eine Bewertung in der jeweiligen Sternekategorie vergeben wurde, ist aus Sicht der Hamburger Richter keine wesentliche Information zur Berücksichtigung einer Durchschnittsbewertung.
„Eine Durchschnittsbewertung bildet lediglich das arithmetische Mittel der abgegebenen Bewertungen wieder. Ob die Bewertungen eher auseinanderfallen oder die Leistung in der Regel ähnlich bewertet wird, ist keine Frage, die sich bei der Berücksichtigung der Durchschnittsbewertung stellt, sondern es ließen sich darauf losgelöst von der Durchschnittsbewertung neue Schlüsse ziehen.“
Die Richter sahen auch keine Beschränkung der notwendigen Angaben durch die am 28.05.2022 in Kraft getretene Regelung des § UWG § 5b Abs. 3 UWG:
Dieser regelt:
3) Macht ein Unternehmer Bewertungen zugänglich, die Verbraucher im Hinblick auf Waren oder Dienstleistungen vorgenommen haben, so gelten als wesentlich Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben.
Die Beklagte meinte, das sei abschließend gemeint und weitere als die dort als erforderlich angegebenen Informationen seien nicht notwendig.
Dem folgte das LG Hamburg nicht. Die Regelung sei nicht abschließend, sondern regele eine notwendige Basisinformation, die bei der Werbung mit Bewertungen stets notwendig sei, wobei zusätzliche Informationen nach den Umständen des Einzelfalls notwendig sein könnten.
Die Werbung mit der Angabe „Bekannt aus:“ und der anschließenden Angabe von Presse- oder Rundfunkerzeugnissen ohne eine Fundstellenangabe ließen die Richter unbeanstandet, da es sich nicht um eine wesentliche Information handele. Der Verbraucher entnehme der Werbung nur, dass das Unternehmen oder Produkt Erwähnung gefunden habe. Wertende, für die Kaufentscheidung wichtige Ergebnisse, werden damit nicht zwingend verbunden.
Dem Urteil ist insgesamt zuzustimmen. Händler, die mit Kundenbewertungen und vor allem Durchschnittsnoten werben wollen, sollten dazu weitere Angaben vorsehen. Am besten verlinkt man auf die richtige Seite, der der Interessent dann alle notwendigen Angaben entnehmen kann. Aber Achtung: Das ist z. B. bei Facebook und Instagramm nicht an jeder Stelle möglich, da nicht überall Links verwendet werden können. Prüfen Sie Ihre Werbung und holen Sie sich vor allem auch dann professionellen Rat vom spezialisierten Anwalt, wenn Sie mit eigenen Kundenbewertungen werben wollen.
Bild: Towfiqu Barbhuiya (Pexels, Pexels Lizenz)