31.07.2023 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Deutscher Frauenrat.
„Mit einem Spardiktat finanziert man keinen gesellschaftlichen Fortschritt. Anstatt bei Frauen und Kindern den Rotstift anzusetzen, sollte der Bundesfinanzminister die Einnahmenseite stärken und in eine geschlechtergerechte Zukunft investieren,“ sagt Dr. Beate von Miquel, Vorsitzende des Deutschen Frauenrats.
Viele gleichstellungspolitisch drängende Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag sind akut bedroht. In Deutschland wächst auch anderthalb Jahre nach Amtsantritt der Fortschrittskoalition jedes fünfte Kind in Armut auf. Es braucht eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen verdient, das bedeutet eine Neuberechnung des kindlichen Existenzminimums und eine deutliche Erhöhung der Leistung. Die im Entwurf veranschlagten zwei Milliarden Euro werden dafür nicht ausreichen. Der DF fordert, die nötigen Haushaltsmittel für die Zukunft armutsbetroffener Kinder bereitzustellen.
Die Senkung der Einkommensobergrenze beim Elterngeld ist ein falsches Signal an Mütter und Väter, die Sorge- und Erwerbsarbeit partnerschaftlich teilen wollen. Mütter, die jetzt ihren Anspruch auf Elterngeld verlieren, sind während der Elternzeit vollständig vom Partner abhängig. Tradierte Geschlechterrollen werden so fortgeschrieben. Ums sie aufzubrechen muss, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, das Elterngeld mit zusätzlichen Partnermonaten und einer Familienstartzeit so weiterentwickelt und ergänzt werden, dass die Anreize für Väter steigen, sich um Kinder und Haushalt zu kümmern und Mütter früher in den Beruf zurückkehren.
Auch die Kürzungen bei den Frühen Hilfen für junge Familien in belasteten Lebenslagen um fünf Millionen Euro sind aus Sicht des DF nicht akzeptabel und stellen einen weiteren, massiven Rückschritt dar, der mit dem Ziel einer sozial ausgewogenen Familienpolitik nicht vereinbar ist.
Gewalt gegen Frauen ist eine Menschenrechtsverletzung. Die Bundesregierung will in dieser Legislaturperiode die Istanbul-Konvention vollständig umsetzen und die Finanzierung des Hilfesystems sichern. Mit den eingeplanten Mitteln kann die Ampel ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen. Die Projektmittel für Gewaltschutz- und Prävention müssen aufgestockt und erste Mittel für die Beteiligung des Bundes an der bedarfsgerechten Finanzierung des Hilfesystems eingeplant werden.
Deutlich mehr Frauen als Männer werden zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen gepflegt, zwei Drittel der pflegenden Angehörigen sind Frauen. Anstelle der geplanten Streichung beim Bundeszuschuss für die Pflegeversicherung in Höhe von 1 Mrd. Euro brauchen sie eine Stärkung der Pflegeversicherung mit einer soliden Finanzierung.
Im Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung soll vor allem beim BAföG gekürzt werden und damit bei der Bildungsgerechtigkeit und der Chancengleichheit. Zudem haben sich die Lebenslagen von Studierenden infolge der Corona-Pandemie und der hohen Inflation deutlich verschlechtert, daher lehnt der DF die Streichung entschieden ab. Gefordert isteine geschlechtersensible Wissenschafts- und Forschungspolitik auf der Höhe der Zeit, zu der u.a. eine Strukturreform beim BAföG und die Angleichung des Grundbedarfs an den des Bürgergeldes gehören.
Die Ampel-Koalition und hier besonders die Bundesministerinnen für Auswärtiges und Entwicklungszusammenarbeit haben sich mit der Feministischen Außen- und Entwicklungspolitik zum Ziel gesetzt, Rechte, Repräsentanz und Ressourcen für Frauen und marginalisierte Gruppen zu stärken. Der Haushaltsplan 2024 konterkariert diese Ziele. Trotz des Ukrainekrieges und der globalen Klima- und Hungerkrisen, will die Ampel über eine halbe Milliarde bei der feministischen Entwicklungspolitik kürzen und über eine Milliarde bei der humanitären Hilfe und Krisenprävention als wichtige Eckpfeiler feministischer Außenpolitik. Diese Mittelstreichungen müssen zurückgenommen werden.
Statt an den Zukunftschancen von Frauen, Kindern und marginalisierten Gruppen zu sparen, muss der Staat seine Einnahmen erhöhen und in eine gute und geschlechtergerechte Zukunft investieren. Der DF fordert die Bundesregierung auf, für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen. Dafür müssen das Ehegattensplitting abgeschafft und die Lohn- und Einkommensteuer konsequent am Maßstab der Steuergerechtigkeit ausgerichtet werden. Steuerpflichtige sollen nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Die Privilegierung von Kapitaleinkünften muss beendet und die Abgeltungsteuer abgeschafft werden. Die ausgesetzte Vermögensteuer muss verfassungskonform wieder erhoben, Erbschaften und Schenkungen gerecht besteuert und die Finanztransaktionsteuer unverzüglich wieder eingeführt werden. Mit all diesen Maßnahmen würden die Einnahmen des Bundes steigen, die Finanzierung eines Haushaltes wäre gesichert – und eine zukunftsgefährdende Sparpolitik obsolet.
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