Kind und/oder Karriere: Unternehmen sind nicht familienfreundlich genug

30.09.2024  — Michelle Bittroff.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Immer mehr Paare in Deutschland stellen ihren Kinderwunsch zurück. Dies hat gravierende Folgen für den Arbeitsmarkt! Unzureichende Kinderbetreuungsangebote, der steigende Bedarf an Teilzeitstellen und fehlender Nachwuchs nach den Babyboomern verstärken den Fachkräftemangel. Unternehmen müssen daher mehr auf familienfreundliche Angebote setzen.

Die Vereinbarkeit von Familienplanung und Karriere ist eine der größten Herausforderungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmende. Ziel ist es, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bringen, ohne dass eine der beiden Seiten darunter leidet. Doch die Realität in Deutschland sieht oft anders aus...

Sind Kinder Karrierkiller?

Eine Studie im Auftrag des Versicherers HDI hat nun ergeben, dass mittlerweile jeder fünfte Berufstätige (20 %) angibt, seinen Kinderwunsch oder den Wunsch nach weiteren Kindern wegen unzureichender Betreuungsangebote zurückgestellt zu haben. Fast die Hälfte (44 %) der berufstätigen Eltern mit Kindern unter 18 Jahren ist der Meinung, dass ihr Arbeitgeber das Thema Kinderbetreuung nicht ausreichend unterstützt. Darüber hinaus berichten viele Befragte, dass Eltern schlechtere Aufstiegschancen haben. Dies führt dazu, dass Kinder häufig als „Karrierekiller“ angesehen werden.

Infolgedessen wollen viele Paare mit Kindern und auch Jüngere vermehrt Teilzeit arbeiten. Gleichzeitig stehen die Unternehmen vor einem demografischen Problem: Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Rente, aber der Nachwuchs ist noch nicht gesichert:

Auf die Babyboomer, die in den Ruhestand gehen, kommen nur die Hälfte an Jüngeren nach.
Professor Stefan Sell von der Hochschule Koblenz

Hinzu kommt, dass viele Potenziale auf dem Arbeitsmarkt ungenutzt bleiben. Laut HDI-Studie würden vier von zehn erwerbstätigen Eltern (41 %) gerne mehr arbeiten, wenn es längere Betreuungszeiten für ihre Kinder gäbe.

Erfolgsfaktor Familie

Am 20. September 2024 fand der Unternehmenstag „Erfolgsfaktor Familie“ in Berlin statt, bei dem sich Vertreter von Wirtschaft und Politik im Haus der Deutschen Wirtschaft trafen. Ziel der Veranstaltung war es, auf die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufmerksam zu machen und Unternehmen dazu zu motivieren, stärker auf die Bedürfnisse von Eltern und pflegenden Angehörigen einzugehen. Denn durch eine familienfreundliche Arbeitsumgebung steigt die Attraktivität als Arbeitgeber deutlich – viele Beschäftigte wären bereit, für bessere Vereinbarkeitsangebote den Arbeitgeber zu wechseln.

Wie gelingt es Unternehmen, familienfreundlicher zu sein?

Zu den zentralen Maßnahmen eines familienfreundlichen Unternehmens zählen flexible Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle und Homeoffice-Optionen, die speziell auf die Bedürfnisse von Eltern abgestimmt sind. Darüber hinaus können betriebliche Kinderbetreuungsangebote oder Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen wichtige Entlastungen im Arbeitsalltag sein. Auch gilt es, Paare und insbesondere Frauen in wichtigen Lebensphasen wie Kinderwunsch und Schwangerschaft zu unterstützen. Es darf nicht sein, dass qualifizierte Frauen immer noch abgelehnt werden oder ihnen der berufliche Aufstieg verwehrt wird, sobald das Wort Kinderwunsch fällt, wie auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes betont.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus bringt es auf den Punkt:

Arbeitgeber riskieren den Verlust von Fachkräften, wenn sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vernachlässigen. In Zeiten des Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, dass 42 Prozent der Beschäftigten sich vorstellen können den Arbeitgeber zu wechseln, weil familiäre Belange zu wenig berücksichtigt werden. Das macht deutlich, wie wichtig die Arbeitskultur in den Unternehmen ist. Mütter, Väter und Pflegende brauchen die bestmöglichen Voraussetzungen, um Familie und Beruf in Einklang zu bringen.

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Bild: Elina Fairytale (Pexels, Pexels Lizenz)

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