13.11.2024 — Michelle Bittroff. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Entscheidung ist gefallen: Donald Trump wird der 47. Präsident der USA und tritt damit seine zweite Amtszeit an. Während seine Anhängerinnen und Anhänger feiern, sind viele Demokraten – vor allem junge Frauen – entsetzt. Denn mit Trump zieht wieder eine offen frauenfeindliche Haltung ins Weiße Haus ein.
Viele Amerikanerinnen wenden sich inzwischen über TikTok an ihre Mitbürgerinnen und rufen in millionenfach gesehenen Videos dazu auf, sich der 4B-Bewegung anzuschließen.
Die feministische 4B-Bewegung stammt aus Südkorea und entstand etwa zwischen 2015 und 2016. Auslöser der Bewegung war der Mord an einer Studentin in der Nähe einer U-Bahn-Station im Ausgehviertel Gangnam in Seoul. Der Täter gab an, aus Hass auf Frauen gehandelt zu haben, da er sich von ihnen ignoriert fühlte. Dieser Femizid löste eine öffentliche Debatte über Frauenfeindlichkeit in der südkoreanischen Gesellschaft aus, an der sich vor allem junge Frauen beteiligten.
Die „vier Bs“ stehen für vier Begriffe auf Koreanisch:
Frauen, die sich der 4B-Bewegung anschließen, entscheiden sich bewusst für ein Leben ohne Sex, Ehe und Kinder. Sie entscheiden sich für ein Leben ohne Männer und üben damit Kritik am politischen System. Dass diese Bewegung einen Einfluss auf die Gesellschaft haben kann, zeigt sich in den Maßnahmen, die die südkoreanische Regierung seither zur Gleichstellung der Geschlechter ergriffen hat, wie z. B. die Elternzeitregelung und die Möglichkeit für alleinerziehende Frauen, ihre Kinder unter ihrem Nachnamen anzumelden. Aber auch an der stark gesunkenen Geburtenrate in Südkorea, die unter anderem mit der 4B-Bewegung zusammenhängt. Im Durschnitt bringt eine Frau in Südkorea 0,7 Kinder zur Welt.
Nach dem Wahlsieg von Donald Trump am 6. November 2024 schlägt genau diese Bewegung in den USA hohe Wellen.
Hunderte von Frauen haben in den letzten Tagen Videos auf TikTok gepostet, in denen sie ankündigen, sich der 4B-Bewegung anzuschließen. Der Grund? Wut und Frustration. Die Mehrheit der Männer unterstützt einen Präsidentschaftskandidaten, der gerichtlich wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde. Außerdem führte seine Ernennung von drei konservativen Richtern am Obersten Gerichtshof dazu, dass der landesweite Schutz des Rechts auf Abtreibung aufgehoben wurde.
Ein weiterer Grund für den großen Zuspruch der Bewegung ist ein Social-Media-Post des rechtsextremen Politikers Nick Fuentes, der mit dem Slogan „Your body, my choice. Forever“ (deutsch: „Dein Körper, meine Wahl. Für immer“) viral ging. Die Sorge wächst, dass viele seiner Meinung sein könnten. Bereits nach der Präsidentschaftswahl berichteten Frauen von einem Anstieg von Sexismus und Missbrauch im Internet. Frauenfeindliche Aussagen wie „Zurück in die Küche“ und „Abschaffung des Wahlrechts“ tauchen laut dem Institute for Stategic Dialogue im Netz auf.
Dass junge Amerikanerinnen darauf mit der völligen Vermeidung romantischer und sexueller Bindungen zu Männern reagieren, ist zwar ein radikaler Schritt, aber viele Frauen teilen auch Ratschläge zur weiblichen Selbstbestimmung, die nicht ganz so weit gehen. Eine Nutzerin rät, sich eine Hormonspirale einsetzen oder erneuern zu lassen, solange dies noch möglich ist. Eine andere Nutzerin spricht davon, die „Pille danach“ zu kaufen und zu Hause aufzubewahren – nur für den Fall – denn sie hält vier Jahre und garantiert einen Notfallplan während Trumps Amtszeit.
Vor allem junge Frauen bejubeln die 4B-Bewegung auf Plattformen wie TikTok, auch wenn es bereits Stimmen gibt, die sagen, dass Männerhass nicht die Lösung sei und stattdessen für Aufklärung und Bildung gesorgt werden müsse, da Trump nicht nur von Männern, sondern auch von Frauen gewählt wurde.
Ob sich in den USA eine ähnlich große feministische Bewegung wie in Südkorea etablieren wird, bleibt abzuwarten. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, ob 4B nur ein kurzer Trendbegriff auf TikTok oder ein langfristiger Trend in der Gesellschaft sein wird. Frauen, die online über die 4B-Bewegung gesprochen haben, haben jedoch bereits berichtet, dass die Art und Weise, wie einige Männer auf ihre Beiträge reagiert haben, ihnen Recht gibt.
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