02.11.2022 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Auswärtiges Amt.
„Tag für Tag verschlechtert sich die Menschenrechtslage in Iran, gehen die Sicherheitskräfte brutaler gegen die Frauen und Männer auf der Straße vor, die nichts anderes einfordern als ihre universellen Menschenrechte. Schon über 13.000 Menschen sollen verhaftet und über 250 erschossen oder zu Tode geprügelt worden sein. Die systematische Unterdrückung von Frauen und ethnischen, religiösen und sexuellen Minderheiten in Iran ist nicht neu, aber sie erreicht im Moment eine beispiellose neue Härte. Auch für deutsche Staatsangehörige wird die Lage in Iran immer gefährlicher.
Mit einem Staat, der derart menschenverachtend mit seinen eigenen Bürgerinnen und Bürgern umgeht, kann es kein „Weiter so“ in den bilateralen Beziehungen geben. Die Menschenrechtssanktionen, die wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern auf den Weg gebracht haben, waren ein erster Schritt. Mit weiteren Maßnahmen in insgesamt vier Bereichen passen wir jetzt unsere bilateralen Beziehungen der aktuellen Situation an.
Wie bereits angekündigt kommt erstens das nächste EU-Menschenrechtssanktionspaket, das wir gerade vorbereiten. Es wird weitere Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen mit Sanktionen belegen. Wir prüfen gleichzeitig die rechtlichen Voraussetzungen für die Listung von Familienangehörigen. Obwohl Sanktionen aus gutem Grund prinzipiell auf EU-Ebene ergriffen werden, um ihre volle Wirkung zu entfalten, haben wir als Sondermaßnahme alle Möglichkeiten geprüft, darüber hinaus national zu handeln. So werden zum Beispiel künftig nationale Visa an Inhaber von Dienst- und Diplomatenpässe nur noch im nötigsten Umfang ausgestellt. Auch gegen Angehörige von EU-gelisteten iranischen Organisationen sollen zusätzliche nationale Einreisebeschränkungen verhängt werden.
Zweitens darf die brutale Gewalt und Unterdrückung für die Verantwortlichen nicht ohne Konsequenzen bleiben. Die Menschenrechte gelten universell, und wer sich darüber hinwegsetzt, muss damit rechnen, über kurz oder lang dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Wir müssen daher dafür sorgen, dass die Situation in Iran auf der internationalen Tagesordnung bleibt und Beweismaterial gesammelt und dokumentiert werden kann. Das ist eigentlich Aufgabe der zuständigen internationalen Gremien wie des UN-Menschenrechtsrats, die aber zuletzt immer wieder in wichtigen Fragen blockiert waren. Deshalb verfolgen wir einen zweigleisigen Ansatz: Wir setzen uns für einen Sonder-Menschenrechtsrat in Genf ein, arbeiten an einer starken Resolution in der Generalversammlung und unterstützen den UN-Sonderberichterstatter für den Iran. Bis zur Einrichtung eines UN-Mechanismus wollen wir aber auch Nichtregierungsorganisationen bei der Aufgabe unterstützen, Beweise für Menschenrechtsverbrechen zu dokumentieren und zu sammeln.
Drittens braucht die iranische Zivilgesellschaft, die täglich neue Maßstäbe für die Definition von Mut setzt, unsere Unterstützung. Auch wenn es aktuell kaum möglich ist, Menschenrechtsprojekte in Iran selbst zu unterstützen, ist es wichtig, dass unsere Solidarität mit den Protestierenden auf Irans Straßen auch konkret spürbar wird. Wir haben daher einen Aufruf in Nachbarstaaten Irans für Menschenrechtsprojekte mit der iranischen Exilgemeinde gestartet und suchen auch mit dem Büro des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte nach Möglichkeiten, zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage beizutragen. Für besonders gefährdete Personen aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft stellen wir Plätze in speziellen Schutzprogrammen bereit.
Viertens ziehen wir auch bei den bilateralen Kontakten Konsequenzen. Durch die bisherigen Sanktionsregime sind die Wirtschaftskontakte bereits ohnehin massiv eingeschränkt. Die letzten Wochen wurden intensiv genutzt, kritisch zu überprüfen, welche Instrumente im Handels- und Finanzbereich noch bestehen, auch mit Blick auf noch bestehende Geschäftsbeziehungen iranischer Banken. Wo noch bilaterale Dialogformate bestehen, etwa im Wirtschafts- und Energiebereich, werden wir diese aussetzen. Gleiches gilt für die in Iran tätigen deutschen Kulturmittler und Lehrer, deren Präsenz wir deutlich reduzieren werden, schon aus Fürsorgegründen.
Wir haben in dieser Phase zudem mit besonderer Wachsamkeit den Schutz unserer deutschen Staatsangehörigen und die Sicherheit aller Menschen, die in Deutschland leben, im Blick und werden wo nötig weitere Maßnahmen ergreifen.“
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