19.04.2023 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Istanbul-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Am 11. Mai 2011 wurde sie beschlossen. Bis auf Russland und Aserbaidschan haben alle Staaten des Europarats und die EU die Konvention unterzeichnet. Die Türkei kündigte die Konvention jedoch 2021 wieder. Von den insgesamt 47 Mitgliedstaaten sind 34 Länder Vertragsstaaten. Elf von ihnen haben die Konvention jedoch noch nicht ratifiziert. Polen kritisierte die Konvention immer wieder, drohte 2020 sogar mit dem Ausstieg – bis jetzt blieb es jedoch bei einer Drohung. In Deutschland trat die Konvention am 1. Februar 2018, ganze sieben Jahre nach dem Beschluss des Europarats, in Kraft.
Gewalt gegen Frauen wird durch die Konvention als Verletzung des Menschenrechts eingestuft. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, die Ziele der Konvention durch Prävention, Intervention, Schutz und Sanktion umzusetzen. Die Ziele der Konvention sind:
Ziele und Maßnahmen werden durch folgende zentrale Artikel der Konvention maßgeblich festgelegt.
Die Umsetzung der Konvention wird durch den unabhängigen Ausschuss GREVIO überwacht. Der erste Bericht des Expert:innenrats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Deutschland wurde am 7. Oktober 2022 veröffentlicht.
Obwohl die Konvention schon seit mehr als fünf Jahren in der Bundesrepublik ratifiziert ist, besteht weiterhin erheblicher Handlungsbedarf. Es fehlt an einer flächendeckenden Gesamtstrategie, handlungsfähigen und flächendeckenden Strukturen, Institutionen und Ressourcen.
Besonders Frauen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte, mit Behinderungen oder mit diversen Geschlechtsidentitäten werden besonders häufig diskriminiert. Von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen sind keineswegs eine homogene Gruppe. In Deutschland erfährt jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben körperliche Gewalt. Betroffene Gruppen sind divers. Zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen braucht es daher einen intersektionalen Ansatz, der auch andere Diskriminierungsursachen behandelt und Betroffene ganzheitlicher anspricht.
Eine besondere Herausforderung ist das Fehlen eines gesellschaftlichen Bewusstseins für die Ursachen und das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Auch der enorme Anstieg von Gewalttaten während der Corona-Pandemie wurde gesellschaftlich immer wieder unterschätzt.
Insgesamt zeigt sich, dass der Schutz von Frauen und Mädchen durch die Istanbul-Konvention in Deutschland und Europa immer noch unzureichend ist. Die Beschränkung der Frauenrechte durch den Austritt der Türkei und ähnliche Bestrebungen anderer Vertragsstaaten unterstreicht die Bedeutung der Umsetzung der Istanbul-Konvention.
Lesen Sie mehr zum Thema Istanbul-Konvention in unserem Fachartikel: Die Istanbul-Konvention von Anica Kempf
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