30.01.2025 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: DPS Business Solutions GmbH.
Zusätzlich werden die Rechte der Beschäftigten erheblich gestärkt: Sie können vom Arbeitgeber Auskunft darüber verlangen, was andere Mitarbeiter in gleichen oder ähnlichen Positionen im Durchschnitt verdienen. Das Entgelttransparenzgesetz regelt seit 2017 diese Anforderungen in Deutschland. Danach werden nach einer Übergangsfrist Gehaltsauskünfte für Bewerber ab 2026 Pflicht.
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Was bedeutet diese Gehaltstransparenz für das Recruiting im Unternehmen? Schrecken Gehaltsangaben in Stellenanzeigen ab? Wir wollen einen Blick auf Risiken – aber vor allem auf die Chancen werfen, um Mitarbeiter erfolgreich zu gewinnen und an Ihr Unternehmen binden zu können.
Die Regelung zu mehr Gehaltstransparenz für Arbeitnehmer und Bewerber sind Teil EU-Richtlinie zur Lohntransparenz. Sie wurde als Reaktion auf den anhaltenden Gender Pay Gap im Juni 2023 erlassen und soll bis Juni 2026 in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Sie verfolgt das übergeordnete Ziel, Lohndiskriminierungen am Arbeitsmarkt zu bekämpfen. Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden damit verpflichtet sicherzustellen, dass Arbeitgeber sowohl ihre Arbeitnehmer als auch Bewerber ausreichend über die Gehaltsstrukturen in ihrem Unternehmen informieren. So können Arbeitnehmer von ihren Arbeitgebern Auskunft über die durchschnittlichen Einkommen von Arbeitnehmern verlangen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. Unternehmen ab 100 Mitarbeitern müssen zudem regelmäßig über das Lohngefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern berichten.
Diese Anforderungen der EU wurden mit dem Entgelttransparenzgesetz in Deutschland umgesetzt. Mit der Neuregelung des Entgelttransparentgesetzes müssen nun auch Bewerber über das durchschnittliche monatliche Grundgehalt oder das durchschnittliche jährliche Gesamteinkommen ab 2026 informiert werden. Werden Gehaltsangaben in Stellenanzeigen damit auch zur Pflicht?
Wer durch Stellenanzeigen scrollt stellt schnell fest, dass Gehaltsangaben noch selten dabeistehen. Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland hinterher, wie ein Vergleich des Jobportals Indeed zeigt. Während in Deutschland bei gerade einmal 20 % der Stellenanzeigen Informationen zum Gehalt zu finden sind, sind es in Großbritannien fast drei Viertel (72 %). Und auch in Frankreich und den Niederlanden enthält rund jedes zweite Jobangebot eine Gehaltsangabe (50 bzw. 48 %). Allerdings: Deutschland holt am stärksten auf. Zu Beginn des Vergleichszeitraums lag der Anteil der Gehaltsangaben von Stellenanzeigen noch bei nur 2 %. Diese Entwicklung zeigt, dass in Zeiten eines angespannten Arbeitsmarktes nicht nur attraktive Benefits, sondern insbesondere die Angaben zum Verdienst einen wachsenden Stellenwert im Recruiting einnehmen.
Das ist nicht explizit so gefordert in der EU-Richtlinie. Arbeitgeber sind demnach gefordert, Entgelttransparenz für Arbeitssuchende zu schaffen und ihre Kandidaten über das stellenbezogene Einstiegsentgelt oder dessen Spanne zu informieren. Das schließt die für die Stelle einschlägigen Tarifbestimmungen mit ein. Ziel ist es, das Bewerber fundierte und transparente Verhandlungen über das Entgelt führen können. Da Verhandlungen über das Gehalt meist erst mit einer Vorauswahl an Kandidaten durchgeführt werden, können Informationen zum Gehalt auch bspw. mit der Einladung zum Vorstellungsgespräch gegeben werden. Doch ist das mit der aktuellen Entwicklung im Wettbewerb um Kandidaten schlau?
Übrigens: Die im Bewerbungsgespräch gern gestellte Frage nach der bisherigen Gehaltsentwicklung des Bewerbers wird nicht mehr zulässig sein. Gespräche über die Gehaltsvorstellungen bleiben dagegen möglich.
Traditionell wird in deutschen Unternehmen eher vertraulich mit den Gehaltsstrukturen umgegangen. Erfahrungen, Qualifikationen, Leistung und Marktbedingungen – gerade auch regionale – spielen dabei eine große Rolle und machen ein einheitliches Gehaltsniveau eher schwierig. Was bei Bewerbern und Arbeitnehmern für mehr Transparenz sorgt, lässt bei vielen Arbeitgebern – gerade wenn es um Gehaltsangaben in Stellenenzeigen geht – eher Bedenken aufkommen, wie z.B.:
Ein modernes Bewerbermanagement im Unternehmen sollte den Anforderungen einer sich wandelnden Arbeitswelt gerecht werden. Es muss sowohl den Bedürfnissen der Bewerber als auch den unternehmensinternen Anforderungen entsprechen – und dabei auch rechtskonform sein. Um schneller an den gewünschten Kandidaten „dran“ sein zu können, sind digitale Recrutingprozesse heute das A und O. Datenschutz und Sicherheit müssen dabei ebenso zuverlässig berücksichtigt werden.
Für Ihr Unternehmen sollte es nicht darum gehen, so viele Bewerber wie möglich anzusprechen, sondern eben die passenden. Es stimmt, dass sich Arbeitssuchende, die ein viel höheres Gehalt erwarten als angegeben, von vornherein nicht bewerben werden. Doch was bringt es Ihrem Unternehmen, den Bewerbungsprozess mit einem Kandidaten zu durchlaufen, wenn am Ende sowieso alles an der Gehaltsfrage scheitert? Als Recruiter können Sie daher Ihre Zeit in Kandidaten investieren, die es sich vorstellen können, für das angegebene Gehalt zu arbeiten. Gehaltsangaben in Stellenanzeigen können die Prozesse also von Beginn an effizienter gestalten.
Zugegeben, für mehr als die Hälfte der Mitarbeiter ist eine Gehaltserhöhung ein guter Grund, das Unternehmen nicht zu verlassen. Aber Geld ist nicht alles. Die beruflichen Werte der Arbeitnehmer haben sich seit der Pandemie neu sortiert. Viele Arbeitnehmer wünschen sich ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Arbeit und Zeit für die Familie oder andere privaten Interessen in ihrem Leben. Work-Life-Balance durch flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice, aber auch persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und Wertschätzung rücken inzwischen ebenso in den Fokus. Punkten Sie also mit attraktiven Benefits bei Ihren Mitarbeitern. Stellen Sie diese Zusatzleistungen auch in den Mittelpunkt Ihrer Stellenanzeigen. So lassen sich potenzielle Kandidaten mit höheren Gehaltsvorstellungen vielleicht dennoch von Ihnen überzeugen.
Die Pflicht zu Gehaltsangaben in Stellenanzeigen bietet natürlich die Chance, Ihre bestehenden Gehaltsstrukturen bis 2026 zu überarbeiten und klare Kriterien und Maßstäbe festzulegen, um faire Bedingungen für alle zu gewährleisten. Wenn es tatsächlich solche Unterschiede in der Entlohnung der bestehenden Mitarbeiter zu den Neueinstellungen gibt, sollten diese nicht wegignoriert werden. Mitarbeiterbindung spielt heute ebenso eine wichtige Rolle, um beispielsweise auch den Risiken unter Punkt 2 entgegenzuwirken. Das schafft Zufriedenheit, Transparenz und vor allem Vertrauen.
Die neue Richtlinie könnte sich als echter Game Changer im Bewerbermanagement entpuppen, gerade wenn man bereits auf Gehaltsangaben in Stellenanzeigen setzt. Um Vorteile wie erhöhte Arbeitgeberattraktivität, effiziente Recruiting Prozesse und verbesserte Mitarbeiterbindung möglichst effektiv nutzen zu können, sollten Sie bereits jetzt die verbleibende Zeit nutzen und Ihre Gehaltsstrukturen überprüfen.
Die Richtlinie verbessert die Rechte von Beschäftigten und Bewerbern:
Es wird erwartet, dass die Einhaltung der neuen Regelungen strenger überwacht wird. Wenn gegen die Verpflichtung zur Angabe von Gehältern verstoßen wird, können Bußgelder verhängt werden, um die Umsetzung der Maßnahme zu gewährleisten.
Die verpflichtenden Angaben zu Gehältern gegenüber Bewerbern bietet Unternehmen zahlreiche Chancen. Zwar müssen Gehaltsangaben in Stellenanzeigen nicht schon enthalten sein, dennoch erhöhen diese die Transparenz und stärken das Vertrauen der Bewerber in das Unternehmen. Dies kann zu einer höheren Bewerberqualität führen. Gleichzeitig können Unternehmen effizienter rekrutieren und ihre Arbeitgeberattraktivität steigern. Die verpflichtenden Gehaltsangaben gegenüber Bewerbern bieten zudem die Chance, Gehaltsstrukturen bis zum verpflichtenden Inkrafttreten der neuen Richtlinie 2026 schon jetzt zu überprüfen, um u.a. auch dem Risiko der Abwanderung guter Fachkräfte entgegenzuwirken. Die Einführung weiterer attraktiver Zusatzleistungen und Benefits spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle für Unternehmen.
Bild: Daan Stevens (Pexels, Pexels Lizenz)