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Kampf gegen Schimmel: Neue Fenster erfordern neues Lüftungsverhalten

27.01.2025  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: IBR Immobilien & Baurecht.

Entsteht während der Mietzeit ein Mangel der Mietsache, schuldet der Vermieter dessen Beseitigung im Rahmen seiner Erfüllungspflicht unabhängig davon, ob die Mangelursache in seinem eigenen oder im Gefahrenbereich des Mieters zu suchen ist. Die Pflicht des Vermieters zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands entfällt, soweit der Mieter den Mangel der Mietsache zu vertreten hat, also hierfür die Ursache gesetzt hat.

LG Landshut, Urteil vom 08.01.2025: 15 S 339/23

BGB § 535 Abs. 1, § 536

  1. Entsteht während der Mietzeit ein Mangel der Mietsache, schuldet der Vermieter dessen Beseitigung im Rahmen seiner Erfüllungspflicht unabhängig davon, ob die Mangelursache in seinem eigenen oder im Gefahrenbereich des Mieters zu suchen ist.
  2. Die Pflicht des Vermieters zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands entfällt, soweit der Mieter den Mangel der Mietsache zu vertreten hat, also hierfür die Ursache gesetzt hat.
  3. Eine schuldhafte Schimmelverursachung durch den Mieter kommt nur bei unzureichendem Heiz- und Lüftungsverhalten in Betracht, da der Mieter nur diese Parameter beeinflussen kann. Der Mieter muss allerdings grundsätzlich nicht wissen, in welchem Maß er heizen und lüften muss, um Schimmelbildung zu vermeiden.
  4. Sofern der Vermieter kein an die konkrete Nutzung angepasstes Lüftungskonzept zur Verfügung stellt, schuldet der Mieter im Rahmen seiner Obhutspflicht nur das, was im Rahmen der Verkehrssitte allgemein üblich ist.
  5. Es ist grundsätzlich üblich, zweimal täglich für ca. 10 Minuten zu lüften und Feuchtespitzen gesondert abzuführen. Solche Feuchtespitzen sind zum Beispiel Duschen, Kochen, Wäschetrocknen und Ähnliches.
  6. Mussten bisher aufgrund alter, undichter Fenster nur Feuchtespitzen durch Lüften abgeführt werden, genügt - nach Austausch der Fenster - der Hinweis des Vermieters, dass nun vermehrt und richtig gelüftet werden muss.
LG Landshut, Urteil vom 08.01.2025 - 15 S 339/23 vorhergehend: AG Landshut, 23.01.2023 - 3 C 768/21

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 23.01.2023, Az. 3 C 768/21, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.523,84 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Frage, wer den Schimmel in eine Mietwohnung beseitigen muss und wie dieser verursacht wurde, sowie über die Höhe einer etwaigen Mietminderung. Dabei macht der Kläger Ansprüche der Mieterin aus abgetretenem Recht geltend.

Die Mutter des Klägers ist seit 1991 Mieterin der im Jahre 1970 errichteten Wohnung. Im Jahre 2001 wurden neue Fenster eingebaut.

Bereits im Jahre 2010 kam es in der streitgegenständlichen Wohnung zu Schimmelbildung. Die Vermieterin (Beklagte) wies die Mieterin zum damaligen Zeitpunkt darauf hin, dass die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung zu reduzieren sei und dies durch "vermehrtes, richtiges Lüften" erreicht werden könne. Im Jahre 2019 trat erneut Schimmel im Bad und im Kinderzimmer der Wohnung auf. Die Miete wurde in der Folgezeit unter Vorbehalt bezahlt.

Die Klagepartei ist der Auffassung, der Schimmel sei nicht durch falsches Lüftungsverhalten, sondern dadurch entstanden, dass seit dem Fenstertausch ein Mietmangel vorliege.

Das Amtsgericht kam nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis, dass der Schimmel im Kinderzimmer nicht auf fehlerhaftes Lüftungsverhalten zurückzuführen sei. Hinsichtlich der Schimmelbildung im Bad kam das Amtsgericht zu dem Ergebnis, dass dieser weit überwiegend auf ein falsches Nutzungsverhalten der Bewohner durch stehendes Duschen in der Badewanne verbunden mit einem nicht bis zur Decke reichenden Fliesenspiegel und der dadurch erfolgenden Durchnässung der verputzten Wand verursacht wurde und gab der Klage teilweise statt. Entsprechend wurde die Beklagte zur Beseitigung des Schimmels im Kinderzimmer sowie eines Teils des Schimmels im Badezimmer, Sicherstellung, dass weiterer Schimmel dort nicht entstehen kann, und Rückzahlung eines Teils der Miete verurteilt. Ferner sprach das Amtsgericht aus, dass die Miete ab Juli 2021 um 15% gemindert sei.

Mit der Berufung begehrt die Beklagtenpartei die Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils und Klageabweisung. Die Beklagte ist der Auffassung, der Schimmel sei auf falsches Lüftungsverhalten der Mieterin zurückzuführen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 23.01.2023, Az. 3 C 768/21 wird aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Kammer hat Gutachten zur Frage der ausreichenden Beheizbarkeit der Wohnung sowie zur Frage der Ursächlichkeit der Schimmelbildung eingeholt, soweit der Rechtsstreit noch in der Berufung anhängig war.

II.

1. Die Klagepartei hat gegenüber dem Vermieter keinen Anspruch auf Beseitigung des Schimmels im Kinderzimmer und in der Fensterlaibung des Badezimmers und ist nicht zur Mietminderung berechtigt, weil ein Mangel der Mietsache, den die Beklagte zu vertreten hätte, nicht vorliegt.

a) Nach § 535 Abs. 1 BGB ist der Vermieter durch den Mietvertrag verpflichtet, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Grundsätzlich obliegen somit dem Vermieter die Instandhaltung und die Instandsetzung des Mietobjekts (BGH, NJW-RR 2006, 84 = NZM 2005, 863 [unter II 3 a]). Entsteht während der Mietzeit ein Mangel der Mietsache i.S.d. § 536 BGB - wie hier in Gestalt des Schimmels -, schuldet der Vermieter dessen Beseitigung im Rahmen seiner Erfüllungspflicht gem. § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB unabhängig davon, ob die Mangelursache in seinem eigenen oder im Gefahrenbereich des Mieters zu suchen ist (BGH, NJW 2008, 2432 = NZM 2008, 607 Rn. 9; OLG Hamm, OLG-Report 2007, 540 [541]; Wolf/Eckert/Ball, HdB des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rn. 297).

Die Pflicht des Vermieters zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands entfällt, soweit der Mieter den Mangel der Mietsache zu vertreten hat, also hierfür die Ursache gesetzt hat, vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2014 - VIII ZR 191/13, BGH, NJW 1998, 594 = NZM 1998, 117 [unter 2 a]; NJW 2008, 2432 = NZM 2008, 607; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2014, § 535 Rn. 28 a; Wolf/Eckert/Ball, Rn. 297).

Eine schuldhafte Schimmelverursachung durch den Mieter kommt nur bei unzureichendem Heiz- und Lüftungsverhalten in Betracht, da der Mieter nur diese Parameter beeinflussen kann. Der Mieter muss allerdings grundsätzlich nicht wissen, in welchem Maß er heizen und lüften muss, um Schimmelbildung zu vermeiden. Das Verständnis von den komplexen Zusammenhängen von Schimmelentstehung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Gebäudezustand und Nutzungsverhalten kann von einem Mieter nicht verlangt werden.

Sofern der Vermieter kein an die konkrete Nutzung angepasstes Lüftungskonzept zur Verfügung stellt, schuldet der Mieter im Rahmen seiner Obhutspflicht nur das, was im Rahmen der Verkehrssitte allgemein üblich ist, vgl. Schmidt-Futterer/Streyl, 16. Aufl. 2024, BGB § 536 Rn. 148. Heizt und lüftet der Mieter entsprechend der Verkehrssitte, trifft ihn an der Schimmelbildung kein Verschulden.

Den Inhalt der Verkehrssitte als Sozialnorm muss der Mieter kennen. Diese ist auch von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig. Danach ist es grundsätzlich üblich zweimal täglich für ca. 10 Minuten zu lüften und Feuchtespitzen gesondert abzuführen. Solche Feuchtespitzen sind zum Beispiel Duschen, Kochen, Wäschetrocknen und ähnliches.

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme reicht im vorliegenden Fall, neben dem Abführen der Feuchtespitzen, ein zweimaliges Lüften aus.

Die Beweisaufnahme hat auch ergeben, dass im vorliegenden Fall nicht nur ein Stoßlüften möglich ist, sondern auch eine Querlüftung. Eine Querlüftung erreicht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine 100fach höhere Luftwechselrate und würde daher die Lüftungsintervalle nochmals deutlich reduzieren.

Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass ein Lüften mit dem Öffnen sämtlicher in der Wohnung vorhandener und teilweise gegenüberliegender Fenster in kürzester Zeit erheblich mehr "frische" Luft in die Wohnung bringt, als ein Stoßlüften eines einzelnen Raumes.

Somit steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass bei der vorhandenen baulichen Situation mit den 2001 erneuerten Fenstern bei einem Heiz- und Lüftungsverhalten, das der Verkehrssitte entspricht und damit von jedem Mieter erwartet werden kann, Schimmel im Kinderzimmer und in der Fensterlaibung sowie Deckenkehle des Bades nicht entstanden wäre, so dass die Mieterin die Schimmelentstehung zu vertreten hat. Die Beklagte ist damit nicht zur Beseitigung des Schimmels verpflichtet und die Miete ist nicht nach § 536 BGB gemindert.

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Mieterin vor dem Fenstertausch nur die Feuchtespitzen durch Lüften abführen musste und ansonsten ein Lüften aufgrund der Undichtigkeit der alten Fenster nicht erforderlich war. Die Beklagte hat bereits beim erstmaligen Auftreten von Schimmel im Jahr 2010 die Mieterin darauf hingewiesen, dass die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung zu reduzieren ist, was durch ein "vermehrtes, richtiges Lüften" erreicht werden könne.

Die Mieterin wurde damit bereits im Jahre 2010 darauf hingewiesen, dass sie ihr Lüftungsverhalten anpassen muss. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, dass der Hinweis der Beklagten auf anderes Lüftungsverhalten kein den komplexen Zusammenhängen von Schimmelentstehung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Gebäudezustand und Nutzungsverhalten entsprechendes angepasstes Lüftungskonzept darstellen dürfte, weil die Mieterin daraus jedenfalls ablesen musste, dass das bisherige Lüftungsverhalten nicht ausreichend war. Nachdem vor dem Fenstertausch im Grunde überhaupt nicht gelüftet werden musste, reichte der beklagtenseits erteilte Hinweis dazu aus, dass die Klagepartei verpflichtet war, das bisherige Lüftungsverhalten kritisch zu hinterfragen und dem sozialüblichen anzupassen.

Die Klagepartei war auch verpflichtet ihr Nutzungsverhalten zu ändern, da dieses als allgemein üblich anzusehen ist. Die Mieter können nicht verlangen, auch nach einem Fenstertausch nicht lüften zu müssen.

d) Ob Baumängel vorhanden sind, kann im vorliegenden Fall dahinstehen, da es hierauf nicht ankommt.

Streitgegenstand ist die Beseitigung des Schimmels und dessen Ursache. Ob neben dem Schimmel Kältebrücken vorhanden sind und gegen welche DIN-Vorschrift aus welchem Jahr sie verstoßen, kann im vorliegenden Fall dahinstehen, da der Schimmel durch das nicht der Verkehrssitte entsprechende Mieterverhalten verursacht wurde. Ein Mangel ist nur dann zu beseitigen, wenn er dazu führt, dass sich die Mietsache nicht mehr in einem vertragsgerechten Zustand befinden würde, s.o.. Nachdem der Schimmel nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auf bauliche Mängel zurückzuführen ist, liegt kein Mietmangel vor.

2. Mangels Mietmangel liegt keine Mietminderung gem. § 536 BGB vor, so dass weder Anspruch auf Rückzahlung der unter Vorbehalt geleisteten Miete noch auf Feststellung einer Mietminderung besteht.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 ZPO. Der Streitwert war nach §§ 3 ff ZPO, 47 GKG festzusetzen.

Nachdem die Klagepartei von einer Mietminderung von 20% ausgegangen ist, das Amtsgericht nur 15% zuerkannt hat, war in zweiter Instanz nur noch der nicht bereits vom Amtsgericht abgewiesene Teil der Klage anhängig. Danach ergibt sich folgende Streitwertfestsetzung:
Ziffer 1: 12 x 15% x 595,78 Euro = 1.072,40 Euro
Ziffer 2: nicht in der Berufung anhängig
Ziffer 3: 1.698,03 Euro
Ziffer 4: 3,5 x 12 x 15% x 595,78 Euro = 3.753,41 Euro

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Nach § 543 Abs. 2 ZPO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Dass von Mietern erwartet werden kann, dass sie im Rahmen des allgemein Üblichen lüften, ist bereits höchstrichterlich entschieden.

Bild: João Jesus (Pexels, Pexels Lizenz)

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