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Überstundenabgeltung und AGB-Kontrolle in Arbeitsverträgen

15.11.2010  — none .  Quelle: none.

LAG Düsseldorf vom 11.07.2008 - 9 Sa 1958/07 und LArbG Berlin-Brandenburg vom 03.06.2010 - 15 Sa 166/10

LAG Düsseldorf vom 11.07.2008 – 9 Sa 1958/07

"1. Eine der AGB-Kontrolle unterliegende Vereinbarung, nach der durch den (arbeitsvertraglich vereinbarten) Wochen-/Monatslohn alle anfallende Mehrarbeit abgegolten ist, ist unwirksam, weil der Arbeitnehmer nicht erkennen kann, in welcher Höhe er Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung hat (Verstoß gegen Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Inhalt des Vertrags richtet sich in diesem Fall nach den gesetzlichen Vorschriften.

2. § 612 Abs. 2 BGB gilt auch, wenn eine Vergütungsvereinbarung unwirksam ist (BAG vom 28.09.1994, AP Nr. 38 zu § 2 BeschFG 1985). Die tarifvertraglich vorgesehene Vergütung für Mehrarbeit ist nicht die übliche Vergütung im Sinne von § 612 Abs. 2 BGB, wenn der Arbeitgeber auch mit vergleichbaren Arbeitnehmern Pauschallohnvereinbarungen abgeschlossen hat. Sofern keine Tarfiverträge angewendet werden, entspricht vielmehr die Fortzahlung der vereinbarten Vergütung bei Leistung von Mehrarbeit der Üblichkeit. In einem solchen Fall besteht kein Anspruch auf tarifvertragliche Zuschläge für Mehrarbeit.

3. Fehlt es an einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung über die vom Arbeitnehmer zu leistende regelmäßige Arbeitszeit und verweist der Arbeitsvertrag “im Übrigen” auf tarifvertragliche Regelungen, bestimmt sich nach diesen der Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit.

4. Sehen die tarifvertraglichen Regelungen vor, dass Mehrarbeit durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden kann und zu vergüten ist, wenn sie bis zum 31.03. des Folgejahres nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen wurde, ist der Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung erst am 31.03. des Folgejahres fällig. Eine tarifvertragliche Ausschlussfrist läuft erst ab diesem Zeitpunkt."


LArbG Berlin-Brandenburg vom 03.06.2010 – 15 Sa 166/10:

"1. Die vorformulierte Klausel in einem Arbeitsvertrag, wonach durch die zu zahlende Bruttovergütung eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten ist, verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist daher unwirksam.

2. Verlangt ein angestellter Rechtsanwalt erst nach zweieinhalb Jahren die Bezahlung von zuletzt über 900 Überstunden, kann dem nicht der Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden.

Dies scheitert daran, dass die Beklagte nach eigenem Bekunden nie Kenntnis von der Ableistung der Überstunden hatte. Dem Verwirkungseinwand steht auch entgegen, dass die Beklagte bis heute von der Wirksamkeit der arbeitsvertraglichen Abgeltungsklausel ausgegangen ist.

3. Der Arbeitgeber duldet Überstunden, wenn er Arbeitsleistungen, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen, entgegennimmt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Erbringung von Überstunden über mehrere Wochen erfolgt und der Arbeitgeber keinerlei ernst gemeinte organisatorischen Vorkehrungen trifft, um eine freiwillige Ableistung von Überstunden zu unterbinden.

4. Für die Darlegung der geleisteten Stunden genügt es regelmäßig, wenn der Arbeitnehmer Anfang und Ende der Arbeitszeit einschließlich der Pausen für die jeweiligen Tage/Wochen angibt.

Dies ergibt sich bei einer vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden auch daraus, dass der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist, die über die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren (§ 16 II ArbZG; bei Kraftfahrern noch strenger geregelt in § 21 a VII ArbZG).

5. Dem Arbeitgeber obliegt es, dem Vortrag des Arbeitnehmers substanziiert entgegenzutreten. Pauschales Bestreiten reicht nicht. Behauptete eigene Unkenntnis des Arbeitgebers ist ebenfalls unzureichend, denn es handelt sich um eine organisatorische Frage, die ein Arbeitgeber sicherstellt, Informationen über den Betriebsablauf zu erhalten."


Quelle: Kanzlei Volker Lehmann
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