17.07.2018 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Immobilienverband Deutschland (IVD).
Das Baukindergeld wirft seine Schatten voraus. So zeigt eine neue, im Auftrag des IVD erhobene Studie, dass eine Ersparnis von 5 bis 63 Prozent bei der Finanzierung der eigenen vier Wände möglich ist.
"Unsere Erhebung belegt, was in der öffentlichen Debatte um das Baukindergeld leider etwas zu kurz kommt: die Förderung durch das Baukindergeld wird positive Wirkung erzielen. Junge Familien werden bei der Rückzahlung ihrer Immobilienfinanzierung deutlich entlastet. Selbst wenn wir die regional stark unterschiedlichen Immobilienpreise berücksichtigen, geht die Rechnung auf: Wohneigentum kann in den meisten Lagen, egal ob in Berlin, Hamburg, Leipzig, Nürnberg oder Krefeld für viele förderberechtigte Haushalte erschwinglicher werden", sagte IVD-Präsident Jürgen Michael Schick und ergänzt: "Die Studienergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass dem Baukindergeld gerade im ländlichen Raum erhebliches Potenzial zukommen kann. Aufgrund der dort herrschenden Preisniveaus dürfte das Baukindergeld nachhaltige Bleibeakzente setzen."
Die Studie des CRES untersucht, inwieweit das Baukindergeld (1.200 Euro je Kind pro Jahr mit zehn Jahren Laufzeit) Familien beim Erwerb von Wohneigentum hinsichtlich der Tilgung ihrer Immobiliendarlehen entlasten kann. Für die Untersuchung wurden auf Basis durchschnittlicher Einkommenswerte und lagespezifischer Immobilienpreise die regional möglichen Entlastungseffekte in fünf ausgewählten Städten in Deutschland hochgerechnet. Ansatz der regional differenzierten Betrachtung bildeten die Haltestellen im jeweiligen Verkehrsnetz und die Dauer der Fahrtzeit vom Stadtzentrum aus.
"Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Entlastung durch das Baukindergeld in allen untersuchten Städten bei Familien mit einem Kind zwischen 2,2 und 7,7 Prozent liegt. Je weiterem Kind vervielfacht sich der entsprechende Satz. Die Studie zeigt, dass in allen untersuchten Städten Wohneigentum in Stadtteilen erschwinglicher ist, die entweder in geringer Entfernung zu den Stadtzentren befinden oder, wie im Fall von Krefeld, sogar im Stadtzentrum", so Prof. Dr. Marco Wölfle, wissenschaftlicher Leiter des CRES.
In Berlin (durchschnittliches Familienhaushaltsnettoeinkommen 36.119 Euro pro Jahr) beträgt die Einkommensbelastung in zentraler Lage am Bahnhof Friedrichstrasse in Mitte zwischen 54 und 66 Prozent. Das Baukindergeld reduziert diese um vier Prozent für ein Kind und bis zu zehn Prozent für drei Kinder. In den Lagen um die Verkehrsnetz-Haltestellen Ostkreuz, Westkreuz, Südkreuz, Gesundbrunnen, Pankow, Wittenau, Alt-Tegel, Alt-Mariendorf und Rathaus Steglitz belastet die Immobilienfinanzierung ohne Baukindergeld das Haushaltseinkommen um bis zu 27 Prozent, mit Baukindergeld sinkt dieser Wert auf 23 Prozent. Grund für den geringeren Entlastungseffekt sind die deutlich niedrigeren Immobilienpreise in den genannten Bezirken. Das größte Einsparpotenzial weisen die Viertel um die Haltestellen Wartenberg und Spandau auf: In Spandau beträgt die Einkommensbelastung bei drei Kindern und entsprechendem Baukindergeld lediglich 20 Prozent, in Wartenberg sogar nur 14 Prozent.
In Hamburg (durchschnittliches Familienhaushaltseinkommen 45.137 Euro pro Jahr) führt Eigentumserwerb in zentraler Lage (Hauptbahnhof, HafenCity, Universität) zu einer Einkommensbelastung zwischen 53 und 65 Prozent. Mit Baukindergeld reduziert sich dieser Wert um drei Prozentpunkte bei einem Kind bis acht Prozentpunkte bei drei Kindern. In den umliegenden Stadtteilen, die innerhalb von 20 Minuten mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar sind, sinkt diese Belastung aufgrund der geringeren Immobilienpreise für eine Familie mit drei Kindern um bis zu 42 Prozentpunkte auf 23 Prozent, durch das Baukindergeld sogar auf rund 20 Prozent. So muss eine Familie mit drei Kindern in Harburg oder Billstedt lediglich 20 beziehungsweise 21 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Tilgung aufwenden.
In Leipzig (durchschnittliches Familienhaushaltseinkommen 33.068 Euro pro Jahr) belastet der Immobilienerwerb das Einkommen junger Familien mit 30 bis 37 Prozent. Das Baukindergeld führt hier zu einer Entlastung von drei Prozentpunkten bei einem Kind und bis zu elf Prozent bei drei Kindern. In allen anderen Stadtteilen, die alle bis auf Leipzig-West in weniger als 20 Minuten erreichbar sind, ergibt sich ein ähnliches, teils aber auch teils deutlich geringere Einsparpotenzial. In Wiederitzsch liegt die Belastung ohne Baukindergeld bei 21 bis 26 Prozent, mit Baukindergeld bei 18 bis 15 Prozent. Im Durchschnitt bewirkt die Förderung im gesamten Leipziger Stadtgebiet eine Einsparung von rund elf Prozentpunkten, wodurch der Eigentumserwerb in der sächsischen Messestadt mit Baukindergeld überall attraktiv ist.
Ein ganz ähnliches Ergebnis zeigt die Frankenmetropole Nürnberg (durchschnittliches Familienhaushaltseinkommen 40.948 Euro pro Jahr). Ein Eigentumserwerb in der teuersten Lage an der Schmausenbuckstraße belastet das Haushaltseinkommen einer Familie mit einem Kind mit 37 Prozent, das einer Familie mit drei Kindern sogar mit 45 Prozent. Das Baukindergeld senkt diesen Wert um drei Prozent bei einem Kind beziehungsweise neun Prozentpunkte bei dreien. Um das Nürnberger Zentrum, maximaler Fahrtzeitradius von 10 Minuten, liegen die Preise und Einsparpotenziale auf einem ähnlichen Niveau. Im weiteren Umkreis mit 10 bis 20 Minuten Fahrtzeit, sinken die Preise. In Sankt Leonhardt liegt die Einkommensbelastung ohne Baukindergeld bei 23 bis 28 Prozent, mit Förderung bei 20 bis 19 Prozent. Abgesehen von der Lage Schmausenbuckstraße führt der Kauf einer Eigentumswohnung demnach nirgendwo zu einer Haushaltsbelastung von über 26 Prozent, unabhängig von der Anzahl der Kinder.
Krefeld (durchschnittliches Familienhaushaltseinkommen 39.382 Euro pro Jahr) hebt sich von den anderen untersuchten Städten ab. Denn hier weist das Zentrum das günstigste Preisniveau auf, die außen gelegenen Stadtteile Traar und Forstwald hingegen die teuersten Immobilienpreise. Für eine Eigentumswohnung in der Nähe des Krefelder Hauptbahnhofs beläuft sich die durchschnittliche Belastung auf 12 bis 14 Prozent, abhängig von der Wohnungsgröße. Mit Baukindergeld reduziert sich die Belastung auf neun Prozent bei einem Kind und fünf Prozent bei drei Kindern. Im relativ hochpreisigen Traar liegt die Belastung bei 26 bis 32 Prozent ohne Baukindergeld und 22 bis 24 Prozent mit Baukindergeld. Addiert man die Preisunterschiede und den Fördereffekt des Baukindergelds, dann ergibt sich eine Verringerung der darlehensbedingten Haushaltsbelastung um bis zu 27 Prozentpunkte.
"Das Unterstützungspotenzial ist beachtlich, dass das Baukindergeld beim Immobilienerwerb entfaltet. Die Perspektive, dass eine dreiköpfige Familie durchschnittlich nur gut 6 Prozent des Kaufpreises einer Immobilie in Berlin über das Baukindergeld abdecken kann, greift zu kurz. Neben dem durchschnittlichen Kaufpreis müssen vor allem Lageunterschiede entlang des ÖPNV-Netzes, die Einkommens- und Eigenkapitalsituation betrachtet werden. Dies führt zu ganz deutlich spürbaren Wirkungen des Baukindergeldes. Sind junge Familien innerhalb Berlins mobil und nutzen das Baukindergeld, lassen sich signifikante Senkungen der monatlichen Belastung und daher Steigerungen der Erschwinglichkeit erreichen", fasste Prof. Dr. Marco Wölfle zusammen.
VD-Präsident Jürgen Michael Schick sieht weiteren Förder- und Nachbesserungsbedarf: "Der durch die Förderbedingungen stark eingegrenzte Förderkreis von schätzungsweise rund 2,4 Millionen Familien kommt dem Anspruch an eine breit angelegte, flächendeckende Fördermaßnahme nur teilweise nach. Denn die Befristung der Antragstellung auf einen Zeitraum von drei Jahren, vom 01.01.2018 (rückwirkend) bis zum 31.12.2020, reduziert die maximale Reichweite auf insgesamt etwa 600.000 antragsstellende Familien. Wir würden uns daher wünschen, dass der Bezugszeitraum des Baukindergeldes verlängert und der Erwerberkreis – zum Beispiel um Alleinerziehende mit Kindern – erweitert wird. Flankierend zum Baukindergeld muss das im Koalitionsvertrag stehende Bürgschaftsprogramm als Eigenkapitalersatz eingeführt werden. Zudem sollte Ersterwerbern von selbstgenutzten Wohnimmobilien ein Freibetrag von der Grunderwerbsteuer gewährt werden. Das wäre der effektivste und einfachste Weg, um Wohneigentum weiter zu fördern."
Für die Studie wurden Preis- und Mengendaten der lokalen Immobilienmärkte in den untersuchten Städten herangezogen. Die durchschnittliche nachgefragte Wohnfläche wurde auf der Grundlage von Mikrozensusdaten ermittelt. Damit ergeben sich Wohnungsgrößen für eine Familie mit einem Kind von 105 Quadratmetern, mit zwei Kindern 121,2 Quadratmetern und mit drei Kindern 128,5 Quadratmetern. Die durchschnittlichen Haushaltseinkommen basieren jeweils auf den durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen in den fünf Städten, multipliziert mit dem Faktor 1,8. Dies berücksichtigt, dass Familien mit Kindern in der Regel keine zwei vollen Einkommen zur Verfügung stehen, da ein Ehepartner entweder gar nicht oder nur teilweise arbeitet. Hinsichtlich der Immobilienfinanzierung wurde der Fremdkapitalanteil, angelehnt an Daten des vdp, mit 80 Prozent des Kaufpreises, ohne Steuern, Courtage und Gebühren, angesetzt. Die monatliche Belastung von 1,66 Prozent p.a ergibt sich in ihrer Basis aus dem Durchschnittssatzes von 2017, ergänzt um eine jährliche anfängliche Tilgung von durchschnittlich 2 Prozent p.a. Zusätzlich wurde eine Belastung durch Instandhaltungsrücklagen und Verwalterentgelte von einem Euro pro Quadratmeter und Monat pauschal angenommen.