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Dashöfer

Belegnachweis durch einen CMR-Frachtbrief bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

30.08.2011  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Soll bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegmäßig durch einen CMR-Frachtbrief nachgewiesen werden, ist es grundsätzlich erforderlich, die für die Ablieferung vorgesehene Stelle (Bestimmungsort) anzugeben.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der W-KG (KG). Die KG war als Großhändlerin vorwiegend im Handel mit Getränkedosen tätig. Die von ihr in das europäische Ausland verkaufte Ware wurde von Spediteuren, die von den Abnehmern in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union beauftragt worden waren, aus einem inländischen Lager abgeholt. Der jeweilige Fahrer quittierte auf dem gemäß dem Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr ausgestellten Frachtbrief (CMR-Frachtbrief), die Ware in Empfang genommen zu haben. Die Aufträge der ausländischen Kunden erfolgten per Telefon oder Telefax. Die Ware wurde bei Abholung bar bezahlt.

Die KG meldete mit Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Januar, Februar und Juni 2005 überwiegend innergemeinschaftliche Lieferungen an und machte jeweils Umsatzsteuerguthaben geltend. Das FA erklärte zu den Voranmeldungen für Januar und Februar 2005 seine Zustimmung. Im August 2005 teilte das FA der KG mit, eine Zustimmung für die Voranmeldung Juni 2005 komme nicht in Betracht. Hiergegen legte die KG noch im August 2005 Einspruch ein. Das FA änderte mit Bescheiden vom November 2005 die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für Januar und Februar 2005 und setzte mit Bescheid vom Dezember 2005 die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Juni 2005 abweichend von der Voranmeldung mit dem Hinweis fest, dass sich hierdurch der Einspruch vom August 2005 erledigt habe. Gegen die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für Januar und Februar 2005 vom November 2005 legte die KG Einspruch ein. Eine Einspruchsentscheidung ist nicht ergangen. Mit Bescheid vom Januar 2006 änderte das FA die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Februar 2005 erneut. Den Änderungsbescheiden lagen die Ermittlungen der Steuerfahndung zugrunde, wonach von der KG als innergemeinschaftliche Lieferungen erklärte Umsätze nicht an die genannten Unternehmen ausgeführt worden seien, sondern an Abnehmer in Deutschland. Die KG erhob im März 2006 Klage und begehrte, die im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens mit Bescheiden vom Oktober 2006 erneut geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für Januar, Februar und Juni 2005 unter Berücksichtigung steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen zu ändern.

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Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Die i.S. des § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferungen angemeldeten Umsätze seien nicht steuerfrei. CMR-Frachtbriefe seien keine i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV als Versendungsbelege geeigneten Dokumente. Dies gelte insbesondere, wenn sie wie im Streitfall unvollständig ausgefüllt seien, weil sie ganz überwiegend keine Angaben zum Ort und Zeitpunkt des Empfangs der Lieferung in Feld 24, zu Name und Anschrift des Frachtführers oder zum Ort der Lieferung in Feld 3 enthielten. Einen Nachweis über die Versendung auf andere Weise habe die KG nicht geführt. Die Lieferungen seien bereits mangels vollständig erfüllter Nachweispflichten nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG als steuerfrei zu behandeln. Das Urteil ist in EFG 2008, 653 veröffentlicht.

Nachdem die KG wegen Nichtzulassung der Revision gegen die Vorentscheidung Beschwerde eingelegt hatte, wurde über ihr Vermögen im August 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das unterbrochene Beschwerdeverfahren wurde durch den Kläger aufgenommen und mit Beschluss des Senats vom April 2009 wurde die Revision zugelassen.

Die Revision des Klägers ist begründet (BFH-Urteil vom 4.5.2011, XI R 10/09). Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Entgegen der Auffassung des FG kann im Rahmen des Nachweises einer innergemeinschaftlichen Lieferung ein CMR-Frachtbrief ein geeigneter Versendungsbeleg i.S. des § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und § 10 Abs. 1 UStDV sein. Ein CMR-Frachtbrief ist entgegen der Vorentscheidung als Frachtbrief i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV anzusehen. Auch die Finanzverwaltung erkennt nunmehr einen CMR-Frachtbrief als belegmäßigen Nachweis an (BMF-Schreiben vom 5. Mai 2010 IV D 3 - S 7141/08/10001, BStBl I 2010, 508, Rz 37). Entgegen der Ansicht des FG scheidet ein CMR-Frachtbrief nicht bereits deshalb als geeigneter Versendungsbeleg aus, weil das Formular in Feld 24 nicht oder unvollständig ausgefüllt ist. Für die Anerkennung eines CMR-Frachtbriefs als Versendungsbeleg nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV kommt es nicht darauf an, dass dieser die in Feld 24 vorgesehene Empfängerbestätigung aufweist.

Wie das FG zutreffend erkannt hat, ist die Angabe des Bestimmungsortes grundsätzlich erforderlich, um die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegmäßig nachzuweisen. Denn die für die Ablieferung vorgesehene Stelle muss sowohl nach § 408 Abs. 1 Nr. 4 HGB als auch nach Art. 6 Nr. 1 Buchst. d CMR-Übereinkommen aus einem Frachtbrief hervorgehen. Da es sich bei § 17a Abs. 4 Satz 1 UStDV um eine Sollvorschrift über die an den Nachweis nach § 17a Abs. 1 UStDV zu stellenden Anforderungen handelt, bleibt es dem Unternehmer allerdings unbenommen, einen geeigneten Ersatzbeleg vorzulegen, soweit sich der Ort der voraussichtlichen Auslieferung der vom Frachtführer in Empfang genommenen Ware nicht aus dem Frachtbrief ergibt.

Udo Cremer Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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