02.07.2019 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Der Kläger betreibt ein Taxiunternehmen. Einen im Juli 2009 erworbenen PKW Marke A nutzte er nicht nur für sein Gewerbe, sondern im Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2010 auch privat. Anlässlich einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung wurde dem Prüfer auf seine Nachfrage von einer Niederlassung der Firma A ein Listenpreis von 48.165,25 EUR mitgeteilt. Dabei handelte es sich um den Listenpreis des nach den allgemeinen Preisvorgaben konfigurierten Fahrzeugs, der mit Hilfe der Fahrzeug-Identifikationsnummer abgefragt wurde. Ausgehend hiervon bewertete der Prüfer die Fahrzeugnutzung anhand der sog. 1 %-Regelung aufgrund eines abgerundeten Bruttolistenpreises von 48.100 EUR. Dem folgte das FA und erließ aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung für die Streitjahre (2009 und 2010) geänderte Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide sowie geänderte Gewerbesteuermessbescheide.
Im anschließenden Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, der vom FA angesetzte Bruttolistenpreis sei zu hoch. Entgegen der Auskunft der Firma A Niederlassung betrage der Bruttolistenpreis 37.508,80 EUR, abgerundet 37.500 EUR. Dieser ergebe sich aus der Preisliste "Taxi und Mietwagen" der Firma A (Stand 2. Februar 2009). Das Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Das FG gab der anschließend erhobenen Klage statt. Es war der Auffassung, dass es sich bei der Preisliste "Taxi und Mietwagen" um eine Preisliste i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung handele. Diese Preisliste sei vorrangig, da diese die Bemessungsgrundlage für den individuellen Vorteil realitätsnäher wiedergebe (Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 23. Oktober 2015 14 K 2436/14 E,G,U).
Die Revision des FA ist begründet. Die angegriffenen Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die private Nutzung des Kraftfahrzeugs wurde durch das FA zutreffend bewertet (BFH Urteil vom 8.11.2018, III R 13/16). Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG bezweckt die vereinfachte Bewertung der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge und enthält deshalb mit der darin statuierten 1 %-Methode eine grundsätzlich zwingende, grob typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung.
Auch Taxen unterfallen dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Denn bei Taxen handelt es sich typischerweise um Fahrzeuge, die für den Transport von Personen nebst einer gewissen Menge Gepäck und damit für private Zwecke verschiedenster Art geeignet sind. Es handelt sich somit um Fahrzeuge, die typischerweise auch für private Zwecke genutzt werden können. Unter dem inländischen Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung ist die an diesem Stichtag maßgebliche Preisempfehlung des Herstellers zu verstehen, die für den Endverkauf des tatsächlich genutzten Fahrzeugmodells auf dem inländischen Neuwagenmarkt gilt. Bestehen mehrere Preisempfehlungen des Herstellers für ein Fahrzeug, müssen die betrieblichen Besonderheiten auf Käuferseite (z.B. Unternehmensgegenstand) unberücksichtigt bleiben.
Preisliste i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist nur diejenige, die einen Preis ausweist, zu dem der Steuerpflichtige das Fahrzeug auch als Privatkunde erwerben könnte. Dies ergibt sich aus dem Zweck des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Die vom Gesetzgeber zu Grunde gelegte Bemessungsgrundlage des Bruttolistenneupreises soll nicht die tatsächlichen Neuanschaffungskosten des Fahrzeugs und erst recht nicht dessen gegenwärtigen Wert im Zeitpunkt der Überlassung möglichst realitätsgerecht abbilden.
Der Bruttolistenneupreis ist vielmehr eine generalisierende Bemessungsgrundlage, die den Nutzungsvorteil insgesamt zu gewinnen sucht, der indessen ungleich mehr umfasst als die Überlassung des genutzten Fahrzeugs selbst. Denn der tatsächliche geldwerte Vorteil entspricht dem Betrag, der vom Steuerpflichtigen als Privatperson für eine vergleichbare Nutzung aufgewandt werden müsste und den er durch die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs erspart. Der Ansatz des Listenpreises statt der Anschaffungskosten entspricht dem Erfordernis, die Entnahme des Steuerpflichtigen für die private Lebensführung nach dem Nutzungsvorteil zu bemessen, der dem Steuerpflichtigen zukommt. Aus diesem Grund kann auch nur diejenige Preisempfehlung des Herstellers für die Beurteilung als Bruttolistenneupreis maßgeblich sein, die für den Steuerpflichtigen als Privatperson gelten würde.
Entsprechend dieser objektivierenden Auslegung des Merkmals Listenpreis i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG wird auch nicht zwischen neu und gebraucht erworbenen Fahrzeugen differenziert. Vielmehr ist auch bei gebraucht erworbenen Fahrzeugen der Bruttolistenneupreis im Zeitpunkt der Erstzulassung des Kraftfahrzeugs maßgeblich, und zwar unabhängig davon, ob das Fahrzeug ursprünglich von einem Taxiunternehmer oder von einer Privatperson gekauft wurde. Zu diesen Grundsätzen steht die Vorentscheidung im Widerspruch. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass nicht der festgestellte rechnerische Listenpreis, sondern die vom Verkäufer tatsächlich zugrunde gelegte Preisliste zur Anwendung kommt.
Der Autor:
Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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