22.10.2019 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
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Mit Urteil vom 03.07.2019 (VI R 36/17) hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass es sich im Gegensatz zur Auffassung der Finanzverwaltung nicht um Arbeitslohn, sondern um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten handelt, wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot nebst Heißgetränken zum sofortigen Verzehr im Betrieb zur Verfügung stellt.
Der Begriff der Aufmerksamkeiten im lohnsteuerlichen Sinne ist gesetzlich nicht geregelt. Nach Maßgabe von R 19.6 Absatz 2 LStR gehören auch Getränke und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt, als Aufmerksamkeiten nicht zum Arbeitslohn.
Dasselbe gilt für Speisen, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes, z. B. während einer außergewöhnlichen betrieblichen Besprechung oder Sitzung, im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse an einer günstigen Gestaltung des Arbeitsablaufs unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt. Voraussetzung ist nach dem Wortlaut der Lohnsteuerrichtlinien, dass der Wert der Zuwendung 60 Euro nicht überschreitet und dass der Bewirtung ein außergewöhnlicher Arbeitseinsatz zugrunde liegt.
Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass es sich nicht um Arbeitslohn, sondern um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten handelt, wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unbelegte Backwaren wie Brötchen und Rosinenbrot nebst Heißgetränken zum sofortigen Verzehr im Betrieb zur Verfügung stellt.
Speisen hingegen, die im Rahmen einer – internen – Schulungs- oder Fortbildungsmaßnahme gewährt werden oder klassische Arbeitsessen, denen kein außergewöhnlicher Arbeitseinsatz zugrunde liegt, stellen im Gegensatz dazu keine Aufmerksamkeiten dar, sondern sind grundsätzlich als lohnsteuer- und beitragspflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren. Das gleiche gilt für belegte Brötchen und Häppchen (Fingerfood), die in Zusammenhang mit einer betrieblichen Besprechung gewährt werden. Soweit die Summe der grundsätzlich steuerpflichtigen Sachzuwendungen die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro nicht übersteigt, können sowohl eine Lohnversteuerung als auch eine Verbeitragung zur Sozialversicherung unterbleiben.
Nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 24.10.2014 (Ergänztes BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 01.01.2014), Rz. 74, "kann" ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Snack oder Imbiss (z. B. belegte Brötchen, Kuchen, Obst), eine Mahlzeit sein. In diesem Zusammenhang wären die vom Arbeitgeber gewährten Reisekosten (Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen) bei Verabreichung eines Snacks oder Imbisses aufgrund einer Bewirtung auf Veranlassung des Arbeitgebers entsprechend zu kürzen. Ob diese Rechtsauffassung einer gerichtlichen Überprüfung standhalten wird, ist derzeit ungeklärt.
Im Ergebnis bestehen nicht unerhebliche Abgrenzungsprobleme zwischen trockenen Brötchen und einem Arbeitsessen. Einerseits stellen trockene Brötchen eine nicht steuerbare Aufmerksamkeit dar. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei klassischen Arbeitsessen um Arbeitslohn, der grundsätzlich sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen ist. Schwierig wird es mit der Vielzahl von Fällen, bei denen nicht so einfach zwischen Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und Arbeitslohn abgegrenzt werden kann.
Unklar ist, wie mit Snacks oder Imbissen umzugehen ist, die ein Arbeitnehmer regelmäßig bzw. aus besonderem Anlass von seinem Arbeitgeber erhält. Kleine Mengen Obst, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern ähnlich wie die Brötchen im oben streitigen Sachverhalt gewährt, mögen bei analoger Anwendung der neuen BFH-Rechtsprechung als Aufmerksamkeit zu werten sein. Unklar ist, wie mit Schokoriegeln aus der Snack-Box oder Schnittchen und belegten Brötchen, die im Rahmen einer betrieblichen Besprechung "zur günstigen Gestaltung des Arbeitsablaufs" gereicht werden, zu verfahren ist. Soweit die Sachbezugsfreigrenze als Nichtbeanstandungsgrenze in Höhe von 44 Euro monatlich nicht überschritten wird, ergeben sich keine steuerlichen Auswirkungen. Meinungsverschiedenheiten sind jedoch vorprogrammiert, wenn die Sachbezugsfreigrenze durch die flächendeckende Gewährung von Waren-, Geschenk- oder Tankgutscheinen konsequent ausgenutzt oder den Arbeitnehmern monatlich eine betriebliche Sonderzahlung auf ein besonderes Kreditkartenkonto gewährt wird.
Hier ist von Seiten der Arbeitgeber und Steuerberater besonderes Fingerspitzengefühl erforderlich, um unangenehmen Auseinandersetzungen im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung und den damit verbundenen Steuer- und Beitragsbachforderungen bereits im Vorfeld aus dem Wege zu gehen.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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