24.09.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V..
Wie das Geld bei ausbezahlten Überstunden versteuert wird und in welchen Fällen keine Steuern gezahlt werden müssen, zeigt der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) an drei Beispielen.
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Knapp 4,6 Millionen Arbeitnehmende haben im vergangenen Jahr Überstunden geleistet. Das entsprach einem Anteil von 12 Prozent der insgesamt 39,3 Millionen Arbeitnehmenden in Deutschland, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) im August 2024 mitteilte. Dabei variierte der Umfang der Mehrarbeit zwischen durchschnittlich weniger als 5 Stunden pro Woche (40 Prozent der Befragten), weniger als 10 Stunden pro Woche (70 Prozent, darin sind diejenigen mit weniger als 5 Überstunden enthalten) und mindestens 15 Stunden pro Woche (19 Prozent).
Für 20 Prozent der Arbeitnehmenden handelte es sich laut Statistik um unbezahlte Überstunden, während 17 Prozent für die Mehrarbeit entlohnt wurden. Der Rest der Befragten durfte ein Arbeitszeitkonto für die geleistete Mehrarbeit nutzen. Das heißt, sie konnten die Überstunden zu einem späteren Zeitpunkt abbauen. Wobei teilweise auch eine Kombination der drei Formen genutzt wurde – also teilweise unbezahlte und teils bezahlte Mehrarbeit sowie ein Arbeitszeitkonto für einen weiteren Teil der geleisteten Überstunden.
Übrigens: Das Bundesarbeitsgericht hat 2022 entschieden, dass Arbeitgebende verpflichtet sind, sämtliche Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten zu erfassen.
Kein Lohn und kein Zeitausgleich für Mehrarbeit – damit fahren Arbeitnehmende natürlich am schlechtesten. Und erlaubt ist das auch nur, wenn es explizit und rechtlich sauber im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vereinbart ist. Grundsätzlich können Arbeitnehmende per Vertrag und in Notfällen dazu verpflichtet sein, Überstunden zu leisten. Normalerweise müssen Arbeitgebende diese dann aber entweder vergüten oder Freizeitausgleich dafür gewähren. Wird die Mehrarbeit entlohnt, fallen sowohl auf Überstunden als auch auf Überstundenzuschläge die üblichen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge an.
Zumindest ist das nach jetzigem Stand der Fall. Aber: Die Bundesregierung hat in diesem Jahr Pläne vorgestellt, nach denen Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte Vollarbeitszeit hinausgeht, künftig steuerfrei bleiben sollen. Zudem sollen auf die Zuschläge keine Sozialabgaben fällig werden, also keine Beiträge in die Kranken-, Pflege- Renten- und Arbeitslosenversicherung. Im Herbst soll darüber im Bundestag beraten werden.
Ein Arbeitnehmer macht regelmäßig Überstunden. Dank der Arbeitszeiterfassung wissen er und sein Arbeitgeber stets, wie viele Stunden Mehrarbeit er geleistet hat. Den Lohn für diese zusätzlichen Stunden bekommt er monatlich zusammen mit seinem normalen Gehalt ausbezahlt. Dadurch erhöht sich sein Monatsbruttogehalt – und somit erhöhen sich auch die Lohnsteuer und, soweit die Beitragsbemessungsgrenzen noch nicht erreicht sind, auch die Sozialabgaben, die ihm vom Bruttogehalt abgezogen werden.
Rechenbeispiel: Das monatliche Gehalt des Arbeitnehmers beträgt 3.000 Euro brutto bei einer 40-Stunden-Woche. Das ergibt laut der 4,35-Formel – diese geht von 4,35 Wochen Arbeitszeit pro Monat aus – einen Stundenlohn von rund 17,24 Euro (40 Stunden mal 4,35 = 174; 3.000 Euro geteilt durch 174 = 17,24 Euro). Er leistet im September 15 Überstunden, das sind dann zusätzliche 258,60 Euro (15 mal 17,24). Sein Arbeitgeber zahlt einen Überstundenzuschlag von 30 Prozent, das sind weitere 77,58 Euro (30 Prozent von 258,60 Euro). Somit erhöht sich sein Bruttogehalt im August von 3.000 Euro auf 3.336,18 Euro.
Ohne Überstunden läge der Nettolohn des Arbeitnehmers (kinderlos, Steuerklasse I, keine Kirchensteuer, 1,7 Prozent Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenkasse) abzüglich Lohnsteuer (322,08 Euro) und Sozialversicherung (613,50 Euro) bei 2.064,42 Euro. Mit den 15 Überstunden liegt sein Nettolohn abzüglich Lohnsteuer (399,91 Euro) und Sozialabgaben (682,25 Euro) bei 2.254,02 Euro. Er bekommt somit für die Überstunden 189,60 Euro netto.
Es geht auch ohne Rechnerei: Eine Arbeitnehmerin macht regelmäßig Überstunden, hat mit ihrem Arbeitgeber aber vereinbart, dass diese nicht ausbezahlt werden. Stattdessen werden sie in Freizeit umgewandelt. Die Arbeitnehmerin sammelt also Überstunden per Zeiterfassung auf ihrem Arbeitszeitkonto an und kann diese in Absprache mit dem Arbeitgeber abbauen. Dazu kann sie je nach Vereinbarung einzelne Stunden oder auch ganze Tage frei nehmen, ohne dafür Urlaub opfern zu müssen. Steuern fallen in diesem Fall keine an, denn ein Freizeitausgleich für Mehrarbeit ist sowohl steuerfrei als auch sozialabgabenfrei.
Eine weitere Möglichkeit ist ein sogenanntes Lebensarbeitszeitkonto. Auf einem solchen Konto können nach Absprache mit der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber Überstunden gesammelt werden, um sie zu einem späteren Zeitpunkt für längere Freistellungsphasen zu nutzen. Das kann eine Elternzeit sein, ein Vorruhestand oder auch ein sogenanntes Sabbatical (berufliche Auszeit für Familie, Reisen oder Fortbildungen). Die auf einem Lebensarbeitszeitkonto gesammelte Zeit kann man sich unter bestimmten Voraussetzungen und in Absprache mit dem Chef oder der Chefin aber auch zu einem späteren Zeitpunkt auf einen Schlag ausbezahlen lassen. Dann wiederum werden Steuern und Sozialabgaben fällig.
Hinweis in eigener Sache: Lohnsteuerhilfevereine dürfen zum Thema Arbeitsrecht nicht beratend tätig werden. Ob beispielsweise Überstunden korrekt versteuert wurden oder ob den Betroffenen möglicherweise eine Steuerrückerstattung zusteht oder eine Steuernachzahlung droht, gehört aber auf jeden Fall zur Beratungsbefugnis von Lohnsteuerhilfevereinen.
Bild: Edmond Dantès (Pexels, Pexels Lizenz)
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