24.11.2020 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bundesrechnungshof.
Das sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller anlässlich der Zuleitung eines Sonderberichts an den Deutschen Bundestag über Maßnahmen zur Verbesserung der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung.
„Mit den vorhandenen Betrugsbekämpfungsinstrumenten kann die Finanzverwaltung weder den klassischen Umsatzsteuerkarussellen noch den neuen digitalen Betrugsmodellen die Stirn bieten. Hier ist das Bundesfinanzministerium gefordert, die vorhandenen analogen Instrumente zu verbessern und die Finanzbehörden digital aufzurüsten.“
Trotz aller bisherigen Anstrengungen bei der Betrugsbekämpfung ist keine Trendwende erkennbar. Die Betrüger stellen sich schnell und flexibel auf neue Regelungen ein, die klassischen Betrugsmodelle werden zunehmend durch digitale Modelle abgelöst. Bund und Länder laufen diesen Entwicklungen in einem „Hase und Igel-Spiel“ häufig hinterher und haben bislang noch keine wirksame Antwort gefunden. Bescheinigungen in Papierform, fehlende Schnittstellen für Massendaten, nicht vorhandene Online-Recherchewerkzeuge, Zuständigkeitshindernisse oder personelle Engpässe lassen viel Raum für digitale Verbesserungen. Neben strukturellen Defiziten stellte der Bundesrechnungshof auch zahlreiche Vollzugsmängel und sogar Rückschritte bei der Betrugsbekämpfung fest:
Die Betrugsmodelle der Zukunft liegen im Internet: Angesichts des beträchtlichen Umsatzvolumens beim E-Commerce – allein in Deutschland 72,6 Mrd. Euro in 2019 - ist das Risiko hier hoch. Auf Kontrolldefizite bei der „Steueroase Internet“ wies der Bundesrechnungshof das BMF schon in 2013 und in 2015 hin. Hier ist nicht nachvollziehbar, dass die Finanzverwaltung nach wie vor weder systematisch nach ausländischen Internetanbietern sucht noch über geeignete Aufsichts- und Kontrollmechanismen zur steuerlichen Erfassung verfügt. Das gilt für Social-Media-Akteure, die als Influencer mit Werbung Einnahmen erzielen, und andere E-Märkte (E-Sports, E-Health, E-Games). Auch eine spezielle Internet-Suchmaschine leistet nicht die notwendige Unterstützung. So kann die Steueroase Internet nicht ausgetrocknet werden.
„Es ist unverständlich und nicht nachvollziehbar, dass das BMF den Nutzen digitaler Technologien für die Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung nicht bestreitet, zugleich aber nicht handelt“, sagte Scheller. „Deutschland läuft hier Gefahr, komplett den Anschluss zu verpassen. Andere Staaten sind weiter. Aufgrund des hohen Schadens für den Fiskus und für steuerehrliche Unternehmer duldet vor allem die digitale Neuausrichtung der Betrugsbekämpfung keinen weiteren Aufschub.“
Wegen der gravierenden Defizite bei der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung müssen Gesetzgeber und Verwaltung dringend handeln. Das BMF sollte die Chancen der Digitalisierung jetzt nutzen und gemeinsam mit den Ländern die Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung zukunftsfähig gestalten. Konkret empfiehlt der Bundesrechnungshof unter anderem:
Die Umsatzsteuer ist mit einem Volumen von 183 Mrd. Euro eine der aufkommensstärksten Steuern in Deutschland. Gleichzeitig ist sie aber auch sehr betrugsanfällig. Systematischer Steuerbetrug und Steuervermeidung führen seit Jahren zu beträchtlichen Steuerausfällen. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission entgehen den Mitgliedstaaten allein durch innergemeinschaftlichen Umsatzsteuerbetrug jährlich Steuereinnahmen von 50 Mrd. Euro. Ein erheblicher Teil der Steuerausfälle entfällt dabei auf Deutschland.
Mit seinem Sonderbericht informiert der Bundesrechnungshof Bundestag und Bundesregierung über den Stand der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung. Er zeigt auf, wie diese verbessert werden kann.
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