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Vierter Teil der Serie Geschäftsführung des Betriebsrates

01.11.2010  — none .  Quelle: none.

§ 28 Betriebsverfassungsgesetz

Übertragung von Aufgaben auf Ausschüsse

Nach der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes hat der Betriebsrat, unabhängig vom Bestehen eines Betriebsausschusses (vgl. § 27 BetrVG), die Möglichkeit in Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern Ausschüsse zu bilden und ihnen bestimmte Aufgaben (z. B. Fragen in der Frauenförderung, des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, der personellen Maßnahmen oder des Arbeitsendgeldes) zu übertragen. Diese Ausschüsse können grundsätzlich keine Aufgaben zur selbstständigen Erledigung wahrnehmen und diese Aufgaben können auch so nicht übertragen werden.

Ist ein Betriebsausschuss gebildet, können auch in anderen Ausschüssen Aufgaben zur selbstständigen Erledigung übertragen werden. Grundsätzlich erledigen Ausschüsse Vorarbeiten für den Betriebsrat. Sie sollen das Gremium entlasten und eine praktikable Betriebsratsarbeit ermöglichen. Durch die Ausschüsse soll die Betriebsratsarbeit intensiviert werden. Die Ausschüsse haben in der Regel die Aufgabe Entscheidungen des Betriebsrats vorzubereiten.

(Beachte zur Übertragung von Aufgaben die zur selbstständigen Erledigung die Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 2)

Im Übertragungsbeschluss müssen die zu erledigenden Angelegenheiten genau beschrieben werden, da sich daraus die Zuständigkeit des Ausschusses ergibt. Außerdem ist festzulegen um welche Art der Aufgabenübertragung (vorbereitende oder selbstständige Erledigung) es sich handelt und welche Größe und Zusammensetzung der Ausschuss haben soll.

Für die Wahl der Mitglieder des Ausschusses gelten dieselben Grundsätze wie für die Wahl der Mitglieder des Betriebsausschusses (vgl. § 27 BetrVG) - also grundsätzlich Verhältniswahl. Ausnahme bei nur einem Vorschlag: Mehrheitswahl.

Für die Geschäftsführung der Ausschüsse gelten grundsätzlich dieselben Regelungen wie für den Betriebsrat. Das gilt insbesondere in Bezug auf die Beschlussfassung deren Voraussetzungen der Betriebsrat allerdings näher regeln kann.


Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in gemeinsame Ausschüsse
(§ 28 Abs. 2 BetrVG)

Gemeinsame Ausschüsse sind solche, deren Mitglieder teils vom Betriebsrat, teils vom Arbeitgeber benannt werden. Vorbereitende gemeinsame Ausschüsse können auch gebildet werden, wenn der Betrieb weniger als 100 Arbeitnehmer beschäftigt und ein Betriebsausschuss nicht vorhanden ist. Die Übertragung von Aufgaben zur selbstständigen Entscheidung auf Mitglieder des Betriebrates in einem gemeinsamen Ausschuss von Betriebsrat und Arbeitgeber nach Abs. 2 ist auch dann zulässig, wenn kein Betriebsausschuss besteht. Die Übertragung von selbstständigen Entscheidungsbefugnissen in Mitbestimmungsangelegenheiten setzt weiterhin einen genau definierten Aufgabenkreis im Übertragungsbeschluss voraus und erfordert, dass der Ausschuss paritätisch besetzt ist. Keine Regelung enthält das Gesetz hinsichtlich der Abstimmungsmodalitäten im Ausschuss. Zu der Beschlussfassung bestehen verschiedene juristische Meinungen. Sicherlich ist es zulässig, dass die Arbeitgeberseite und der Betriebsrat die Voraussetzung für die Beschlussfassung im Ausschuss näher festlegen (z. B. in dem Sinne, dass ein Beschluss des Ausschusses nicht zustande kommt, wenn nicht die Mehrheit der vom Betriebsrat entsandten Mitglieder dem Beschluss zugestimmt hat - wohl herrschende Meinung).

Dies wäre das Prinzip der so genannten "doppelten Mehrheit": Zusätzlich zur Mehrheit der Ausschussmitglieder ist die absolute Mehrheit der entsandten Betriebsratmitglieder für einen wirksamen Beschluss erforderlich.


Entscheidungen zu § 28:

BAG VII. Senat, 16.11.2005:

In einer Geschäftsordnung des Betriebsrats kann nicht bestimmt werden, dass der Betriebsratsvorsitzende und sein Stellvertreter geborene Mitglieder von Ausschüssen nach § 28 Abs. 1 BetrVG sind. Alle Mitglieder von Ausschüssen des Betriebsrats nach § 28 Abs. 1 BetrVG müssen gewählt werden.

Betriebsinterne Wahlen sind entsprechend der Anwendung vom § 19 BetrVG anfechtbar.

BAG II. Senat, 17.03.2005:

Es ist grundsätzlich zulässig, dass der Betriebsrat das Zustimmungsverweigerungsrecht zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines Mitglieds nach § 103 BetrVG auf einen Betriebsausschuss gem. § 27 Abs. 2 Satz 2 BetrVG oder einen besonderen Ausschuss nach § 28 BetrVG überträgt. Die komplette Übertragung eines einzelnen Mitbestimmungstatbestandes zur Bearbeitung und Entscheidung auf einen Ausschuss des Betriebsrats begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

BAG VII Senat, 16.03.2005:

Beschließt der Betriebsrat während seiner Amtszeit einen nach § 28 BetrVG gebildeten Ausschuss, dessen Mitglieder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt wurden, um ein zusätzliches Mitglied zu erweitern, sind sämtliche Ausschussmitglieder neu zu wählen.

(Für den Fall des Ausscheidens von Mitgliedern der nach § 28 Abs. 1 BetrVG gebildeten Ausschüsse enthält das Betriebsverfassungsgesetz eine planwidrige Lücke).

BAG VII. Senat, 20.10.1993:

Die Entscheidung des Betriebsrats, welche Aufgaben er an weitere oder gemeinsame Ausschüsse überträgt unterliegt keiner Zweckmäßigkeit, sondern nur einer Rechtskontrolle. Neben den ausdrücklich normierten Einschränkungen der Aufgabenübertragung hat der Betriebsrat lediglich die allgemeine Schranke des Rechtsmissbrauchs zu beachten. Der Betriebsrat darf sich nicht aller wesentlichen Befugnisse dadurch entäußern, dass er seine Aufgaben weitgehend auf Ausschüsse überträgt; er muss als Gesamtorgan in einem Kernbereich der gesetzlichen Befugnisse zuständig bleiben. Dabei ist nicht auf einen einzelnen Mitbestimmungstatbestand sondern auf den gesamten Aufgabenbereich des Betriebsrats abzustellen.

Die Bildung und Zusammensetzung eines gemeinsamen Ausschusses von Betriebsrat und Arbeitgeber ist nicht davon abhängig, ob weitere Ausschüsse im Sinne von § 28 Abs. 1 BetrVG bestehen und wie sie besetzt sind.

BAG VII. Senat, 21.04.1993:

Das Recht der Schwerbehindertenvertretung zur beratenden Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats und dessen Ausschüsse umfasst auch die beratende Teilnahme an Sitzungen gemeinsamer Ausschüsse des Betriebsrats und des Arbeitgebers.


Quelle: ALC Anwaltskanzlei Lemke, Torsten Lemke
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