22.06.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Taylor Wessing Deutschland.
Unter Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages ist die einvernehmliche Abänderung des Endtermins zu verstehen. Das ursprünglich (befristete) Arbeitsverhältnis wird über den zunächst vereinbarten Endtermin bis zu dem neu vereinbarten Endtermin hinaus fortgesetzt. Gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG setzt die wirksame Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages u. a. voraus, dass die Verlängerung während der Laufzeit des befristeten Arbeitsverhältnisses vereinbart wird und sich unmittelbar an das zu verlängernde Arbeitsverhältnis anschließt. Im Anwendungsbereich des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes sind gemäß § 2 Abs. 1 S. 7 (§ 2 Abs. 1 S. 4 a. F.) WissZeitVG innerhalb der zulässigen Befristungsdauer auch Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich.
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in der vorliegenden Entscheidung u. a. mit der Frage zu befassen, ob der Begriff der Verlängerung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 7 WissZeitVG ebenfalls eine unmittelbare Anschlussbefristung voraussetzt, die während der Laufzeit des befristeten Arbeitsverhältnisses vereinbart wird, oder ob im Anwendungsbereich des WissZeitVG Unterbrechungszeiträume für die Wirksamkeit der Befristung unschädlich sind und eine Vertragsverlängerung auch noch nach Ablauf des zu verlängernden (befristeten) Arbeitsvertrages abgeschlossen werden kann.
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Befristung mit Ablauf des 31. August 2012 geendet hat. Die Klägerin war in der Zeit vom 16. Oktober 2000 bis zum 31. August 2012 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge an einer Universität des beklagten Freistaats beschäftigt. Am 17. August 2014 wurde sie dort promoviert. Der vorletzte befristete Arbeitsvertrag vom 24. März 2011 enthielt u. a. die folgende Regelung:
„Das Arbeitsverhältnis ist befristet gemäß § 1 Absatz I iVm § 2 Absatz I 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) bis zum 30.9.2011.“
Mit einer Befristungskontrollklage wandte sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2011 auf Grund der Befristung. Im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens vereinbarten die Parteien in einem gerichtlichem Vergleich vom 28. November 2011 u. a. Folgendes:
„Die Klägerin wird befristet im Bereich der Klassischen Archäologie an der Philosophischen Fakultät I der Universität Würzburg zu den bisherigen Konditionen bis zum 31.8.2012 beschäftigt.“
Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage gegen die Wirksamkeit dieser Befristung und reichte erneut Befristungskontrollklage ein. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab.
Die Revision hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts hat das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Grund der im gerichtlichen Vergleich vom 28. November 2001 vereinbarten Befristung am 31. August 2012 geendet. Die Befristung sei nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG gerechtfertigt.
Das Bundesarbeitsgericht führt zunächst aus, dass die Befristung dem Zitiergebot gemäß § 2 Abs. 4 WissZeitVG genüge, da dessen Einhaltung nicht die Angabe der einzelnen Befristungsnormen erfordere. Es genüge, wenn sich anhand des Vertragstextes durch Auslegung ermitteln ließe, dass die Befristung auf dem WissZeitVG beruhe. Diese Voraussetzung sah das Bundesarbeitsgericht vorliegend als erfüllt an, weil der gerichtliche Vergleich lediglich einen anderen Beendigungszeitpunkt für das Arbeitsverhältnis festgelegt habe und die Beibehaltung der übrigen Bedingungen des vorherigen Vertrages vereinbart worden sei. Dies umfasse auch die Angabe, dass es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis nach dem WissZeitVG handele.
Ferner stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass es sich bei dem gerichtlichen Vergleich um eine „Verlängerung“ eines befristeten Arbeitsvertrages im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 7 WissZeitVG handele. Dem stehe nicht entgegen, dass die Verlängerung nicht vor dem Ablauf der vorherigen Befristung, sondern erst danach vereinbart worden sei. Eine Vertragsverlängerung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 7 WissZeitVG setze – anders als eine Vertragsverlängerung nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG – nicht voraus, dass die Vereinbarung über die Verlängerung während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags getroffen worden sei und sich die Laufzeit des Verlängerungsvertrags unmittelbar an den zu verlängernden Vertrag anschließe. Dem Begriff der „Verlängerung“ komme deshalb keine gesonderte rechtliche Relevanz zu. Entscheidend sei insoweit allein die Einhaltung der gesetzlichen Höchstgrenzen.
Das „Erste Gesetz zur Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes“ ist am 17. März 2016 in Kraft getreten. Durch die Novellierung des WissZeitVG ist eine Reihe von Neuerungen in Kraft getreten, welche die Praxis vor eine Reihe neuer Herausforderungen im Bereich der Vertragsgestaltung stellen wird.
Vor diesem Hintergrund ist die vorliegende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts begrüßenswert, weil sie für die Praxis wichtige Klarstellungen bezüglich der Anwendung von § 2 WissZeitVG trifft. So stellt das Bundesarbeitsgericht klar, dass die Einhaltung des Zitiergebots gemäß § 2 Abs. 4 WissZeitVG nicht die Angabe der einzelnen Befristungsnorm voraussetzt. Gleichwohl ist eine ausdrückliche Zitierung der Normen des WissZeitVG zur Vermeidung eines Auslegungsrisikos nach wie vor empfehlenswert. Darüber hinaus schafft die Entscheidung aber insbesondere dahingehend Rechtssicherheit, dass eine „Verlängerung“ eines Arbeitsvertrages im Sinne des WissZeitVG nicht den Anforderungen aus § 14 Abs. 2 TzBfG unterliegt. Im Unterschied zu § 14 Abs. 2 TzBfG lässt § 2 Abs. 1 S. 7 WissZeitVG nicht allein den erstmaligen Abschluss eines Arbeitsvertrags und daran anschließende Verlängerungen zu, sondern auch den Neuabschluss eines Arbeitsvertrags nach einem beendeten Arbeitsverhältnis, gegebenenfalls mit zeitlichen Unterbrechungen.
Bundesarbeitsgericht , Urteil vom 9. Dezember 2015 (Az.: 7 AZR 117/14)
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