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Wann ist ein Mieterhöhungsverlangen formwirksam?

25.10.2022  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: IBR Immobilien & Baurecht.

AG Berlin-Mitte, Urteil vom 16.08.2022 - 5 C 5096/19: Die nach erfolgter Modernisierung gem. § 559 BGB durchgeführte Mieterhöhung schließt eine nachfolgende weitere Erhöhung der Miete gem. § 558 BGB auf der Basis des modernisierten Standards der Wohnung nicht aus.

BGB § 174 Satz 1, §§ 558 , 559

  1. Bei einer zunächst in vollständigem Umfang und rechtzeitig erhobenen Zustimmungsklage bezogen auf ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen ist es dem Vermieter nach einer teilweise offenbar irrtümlich erklärten Teilrücknahme der Klage nicht verwehrt, im Rahmen des ursprünglich erklärten Mieterhöhungsverlangens die Zustimmungsklage mit dem ursprünglich geltend gemachten Zustimmungsbetrag als Obergrenze wieder zu erhöhen, ohne dass insoweit ein neues Mieterhöhungsverlangen erklärt werden müsste und ohne dass insoweit die Zustimmungsfrist erneut eingehalten werden müsste.
  2. Weder die Angabe einer fehlerhaften Ausgangsmiete noch die fehlerhafte Angabe eines unter Einbeziehung des letztlich tatsächlich geschuldeten Modernisierungszuschlags für die Wärmedämmung sich ergebenden Betrags für die neue Nettokaltmiete führen zur Formunwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens, und auch nicht der Umstand, dass sich der Vermieter auf die konkrete Benennung des Mittelwerts beschränkt hat, ohne sich mit wohnwerterhöhenden oder wohnwertmindernden Merkmalen im Rahmen der dort ersichtlichen Spanne auseinanderzusetzen.
  3. Die nach erfolgter Modernisierung gem. § 559 BGB durchgeführte Mieterhöhung schließt eine nachfolgende weitere Erhöhung der Miete gem. § 558 BGB auf der Basis des modernisierten Standards der Wohnung nicht aus.
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 16.08.2022 - 5 C 5096/19

In dem Rechtsstreit (...) hat das Amtsgericht Mitte durch den Richter am Amtsgericht Bröckling am 16.08.2022 aufgrund des Sachstands vom 12.07.2022 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO für Recht erkannt:

  1. Die Beklagten werden verurteilt, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihnen im Hause ### rechts, genutzte und ca. 84,80 qm große Wohnung von 319,77 Euro um 36,39 Euro auf 356,16 Euro ab dem 01.09.2019 zuzustimmen.
  2. Die Widerklage wird – soweit über sie noch nicht erkannt wurde – abgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.
  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages zuzüglich eines Aufschlages von 10 % abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich eines Aufschlages von 10 % leistet.
  5. Der Streitwert wird auf 1.645,11 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Zwischen der Klägerin als Vermieterin und den Beklagten als Mieter besteht ein Mietverhältnis über eine Wohnung im Hause ###. Den als Anlage K 1 zur Klageschrift eingereichten Mietvertrages vom 21.09.1992 schlossen die Beklagten mit der damaligen Vermieterin, der WIP Wohnungsbaugesellschaft ###.

Mit der am 18.11.2019 eingereichten Klage, gerichtet auf Zustimmung zur Mieterhöhung, hat die klagende Partei zunächst eine Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete von 343,87 Euro auf 380,89 Euro mit Wirkung ab dem 01.09.2019 geltend gemacht. Dem liegt das Mieterhöhungsverlangen vom 14.06.2019 zu Grunde, mit dem die Beklagten aufgefordert wurden, einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete von 343,87 Euro um 37,02 Euro auf 380,89 Euro mit Wirkung ab dem 01.09.2019 zuzustimmen. Eine Zustimmung hierzu erfolgte nicht. Die Wohnung hat eine Größe von 84,90 qm, wurde bis 1918 bezugsfertig, verfügt nicht über eine Sammelheizung und ist in das Mietspiegelfeld H 1 des Berliner Mietspiegels einzuordnen. Unstreitig sind die Merkmalgruppen 1 (Bad), 2 (Küche) und 3 (Wohnung) der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel 2019 jeweils als wohnwertmindernd zu bewerten, wobei die beklagte Partei zuletzt geltend macht, die Wohnung habe bei Anmietung nicht über ein Bad verfügt, weshalb auch von einer Wohnung ohne Bad und ohne WC auszugehen sei. Die monatliche Nettokaltmiete für die Wohnung (ohne Modernisierungszuschlag für Wärmedämmung) belief sich am 01.09.2016 auf 246,77 Euro. Die Fassade des Gebäudes wurde im Jahr 2014 zusätzlich zur Bausubstanz mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen. Um den für diese Modernisierung geltend gemachten Modernisierungszuschlag in Höhe von 97,10 Euro, der in der im Mieterhöhungsverlangen der klagenden Partei vom 14.06.2019 bei der dort genannten Ausgangsmiete von 343,87 Euro und der dort genannten neuen Nettokaltmiete in Höhe von 380,89 Euro bereits vollumfänglich eingerechnet worden war, war ein Rechtsstreit beim Amtsgericht Mitte unter der Geschäftsnummer 123 C 191/17 anhängig, der bei Einleitung des vorliegenden Rechtsstreits noch nicht abgeschlossen war und eine negative Feststellungsklage der hiesigen Beklagten zum Gegenstand hatte, dass der für die Wärmedämmung geltend gemachte Modernisierungszuschlag von 97,10 Euro nicht geschuldet sei. Während des hier andauernden und wegen dieses Parallelverfahrens zwischenzeitlich ausgesetzten Rechtsstreits einigten sich die Parteien in dem Parallelverfahren darauf, dass die hiesigen Beklagten ab dem 01.03.2015 einen Modernisierungszuschlag von monatlich 73,00 Euro ab dem 01.03.2015 zahlen haben.

Im Rahmen der Klageschrift vom 14.11.2019 wurde das Mieterhöhungsverlangen (Zustimmung zur Erhöhung auf 380,89 Euro) zum nächstmöglichen Termin seitens der klagenden Partei wiederholt. Mit Schriftsatz vom 26.03.2020 hat die klagende Partei die Klage zunächst um 11,16 Euro reduziert und mit Schriftsatz vom 10.06.2021 vom 21.09.2021 wieder erweitert auf Zustimmung zur Erhöhung der Nettokaltmiete ab 01.09.2019 (inklusive Modernisierungszuschlag für die Wärmedämmung) auf 356,16 Euro. Mit Schriftsatz der klagenden Partei vom 21.09.2021 hat diese hilfsweise und äußerst hilfsweise weitere Mieterhöhungsverlangen erklärt. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Seiten 7-9 des genannten Schriftsatzes Bezug genommen. Im Verlaufe des Rechtsstreits (im Jahre 2021) wurden entsprechend einer zuvor erfolgten Modernisierungsankündigung die Fenster der Wohnung ausgetauscht und aufgrund eines sodann der beklagten Partei übermitteltes Mieterhöhungsschreibens wegen Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme vom 20.09.2021 eine Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete ab Dezember 2021 um 80,20 Euro erklärt. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 14.01.2022 Bezug genommen.

Die Beklagten zahlten in der Zeit ab September 2019 den geforderten Mieterhöhungsbetrag von monatlich 37,02 Euro unter Vorbehalt und fordern diesen beziehungsweise einen letztlich reduzierten Mieterhöhungsbetrag von monatlich 36,39 Euro nunmehr mit der Widerklage in einem Gesamtumfang von 1.200,87 Euro für den Zeitraum September 2021 bis einschließlich Mai 2022 zurück. Das Gericht hat nach entsprechendem Teilanerkenntnis der klagenden Partei hinsichtlich eines Teils der Widerklage im Umfang von 15,75 Euro am 07.10.2021 ein Teilanerkenntnisurteil erlassen. Gegenstand diese Teilanerkenntnisses ist ein Anspruch auf Rückzahlung von monatlich 0,63 Euro für den Zeitraum von September 2019 bis einschließlich August 2021, sowie ein weiterer Betrag von 0,63 Euro für den Monat September 2021, der nach den Erweiterungen der Widerklage ebenfalls Gegenstand der Widerklage ist. Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Mieterhöhungsverlangen vom 14.06.2019 formell wirksam sei. Die Merkmalgruppe 4 (Gebäude) sei als wohnwerterhöhend zu qualifizieren beziehungsweise nicht schlechter als neutral. Das Treppenhaus befinde sich nicht überwiegend in einem schlechten Zustand. Das Vorhandensein von Feuchtigkeit im Treppenhaus wird bestritten, sowie eine fachgerechte Durchführung entsprechender Messungen mit einem hierfür geeigneten Gerät. Die Wohnung sei ausweislich des als Anlage K 4 zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 16.05.2022 eingereichten Wohnungsübergabeprotokolls bei Anmietung mit einem Bad unter anderem mit Badewanne und WC Becken ausgestattet gewesen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

  1. die Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihnen im Hause Eugen-Schönhaar-Str. 3, 10407 Berlin, Vorderhaus. 2. OG rechts, genutzte und ca. 84,80 qm große Wohnung von 319,77 Euro um 36,39 Euro auf 356,16 Euro ab dem 01.09.2019 zuzustimmen,
  2. hilfsweise, die Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihnen im Hause Eugen-Schönhaar-Str. 3, 10407 Berlin, Vorderhaus. 2. OG rechts, genutzte und ca. 84,80 qm große Wohnung von 425,83 Euro um 13,92 Euro auf 439,75 ab dem 01.12.2021 zuzustimmen,
  3. äußerst hilfsweise, die Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihnen im Hause Eugen-Schönhaar-Str. 3, 10407 Berlin, Vorderhaus. 2. OG rechts, genutzte und ca. 84,80 qm große Wohnung von 399,97 Euro um 39,78 Euro auf 439,75 Euro ab dem 01.12.2021 zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen zuletzt,

  1. die auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage abzuweisen,
  2. die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an die Beklagten 1.200,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 873,76 Euro seit Rechtshängigkeit der Widerklage vom 18.08.2021 und weiteren Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus weiteren 182,75 Euro seit Rechtshängigkeit der Erweiterung der Widerklage vom 14.01.2022 sowie weiteren Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 145,56 Euro seit Rechtshängigkeit der letzteren Erweiterung der Widerklage aus dem Schriftsatz vom 19.04.2022 und zusätzlich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 36,39 Euro ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage, soweit nicht bereits über sie erkannt wurde, abzuweisen. Die Beklagten behaupten, dass sich das Treppenhaus in einem schlechten Zustand befinde. Die Treppengeländer seien abgewetzt, teilweise fehle die Farbe oder sei abgeplatzt, die Wände im Treppenhaus seien schlecht gemalert (unstreitig ist, dass das Treppenhaus nach dem Jahre 2008 nicht mehr gestrichen worden), der Putz sei an zahlreichen Stellen abgeschlagen und Anstoßspuren gehäuft vorhanden, die Briefkastenanlage befinde sich in einem desolaten Zustand, der Eingangsbereich weise Feuchtigkeitsschäden auf und diese seien an den Wänden erkennbar. Wegen der zum Eingangsbereich/Treppenhaus eingereichten Fotos wird auf die Anlage B 8 zur Klageerwiderung und zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 13.05.2020, sowie auf die Anlagen zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 18.08.2021 Bezug genommen. Wegen des zu Fragen der Feuchtigkeit von den Beklagten vorgelegten Dokumentation der Fa. ### wird auf die Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 18.06.2020 verwiesen. Nachdem zwischen den Parteien zunächst unstreitig war, dass die Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) neutral bewertet werden müsse, ist die beklagte Partei zuletzt der Ansicht, dass diese negativ zu bewerten sei.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass die streitgegenständlichen Mieterhöhungserklärungen unwirksam seien und die Klägerin deshalb verpflichtet sei, den unter Vorbehalt gezahlten Erhöhungsbetrag zurückzuzahlen. Wegen des Zustandes der Wohnung bei Anmietung sei davon auszugehen, dass die Wohnung auch ohne Bad und ohne WC an die Beklagten überlassen worden sei, weshalb gemäß Berliner Mietspiegel 2019 nicht nur ein Abschlag von 1,41 Euro/qm, sondern ein solcher von 2,20 Euro/qm vorzunehmen sei. Bei Übergabe der Wohnung sei ein Fuß der dort vorhandenen Badewanne abgebrochen gewesen, diese sei umgekippt gewesen und habe das dort vorhandene WC-Becken zerstört. Auch sei ein kaputter Badeofen vorhanden gewesen. Mit Schriftsatz vom 08.07.2022 hat die beklagte Partei vorgetragen, dass der Mieterhöhungserklärung vom 14.06.2019 keine Originalvollmacht beigefügt gewesen sei und dass sie auf diesen Formfehler nochmals hinweisen würde. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Zur Klage:
Die Klage ist mit dem geltend gemachten Hauptantrag zulässig und begründet. Die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 1 BGB (kein höherer Zuschlag als 15 % der zum 01.09.2016 maßgeblichen Nettokaltmiete in Höhe von 246,77 Euro) und die Klagefrist des § 558b Abs. 2 BGB wurden vorliegend im Hinblick auf § 167 ZPO und unter Berücksichtigung dessen, dass die Klage am 18.11.2019 eingegangen ist und der Kostenvorschuss zeitgleich eingezahlt wurde, eingehalten. Nach Auffassung des Gerichts ist in Anbetracht der mit Schriftsatz der klagenden Partei vom 26.03.2020 erfolgten Teilrücknahme der Klage (Erhöhung nur noch um 25,86 Euro, statt ursprünglich um 37,02 Euro) und der mit Schriftsatz der klagenden Partei vom 21.09.2021 erfolgten Erweiterung der Klage (nunmehr wiederum Erhöhung um 36,39 Euro) im Umfang des zurückgenommenen Teils und nachfolgend wieder erhöhten Teils der Zustimmungsklage keine Verfristung im Hinblick auf die gemäß § 558b Abs. 2 ZPO einzuhaltende Klagefrist eingetreten. In diesem Zusammenhang wird nicht verkannt, dass die Rechtshängigkeit der Zustimmungsklage im Umfang der Teilrücknahme der Klage entfallen war und erst mit Zustellung der Klageerweiterung erneut Rechtshängigkeit der Klage im Hinblick auf den erweiterten Teil der Zustimmungsklage eingetreten ist. Dennoch ist es der klagenden Partei bei einer zunächst in vollständigem Umfang erhobenen und auch rechtzeitig erhobenen Zustimmungsklage bezogen auf ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen nach einer teilweise offenbar irrtümlich erklärten Teilrücknahme der Klage nicht verwehrt, im Rahmen des ursprünglich erklärten Mieterhöhungsverlangens die Zustimmungsklage mit dem ursprünglich geltend gemachten Zustimmungsbetrag als Obergrenze wieder zu erhöhen, ohne dass insoweit ein neues Mieterhöhungsverlangen erklärt werden müsste und ohne dass insoweit die Zustimmungsfrist erneut eingehalten werden müsste. Die vorliegende Fallkonstellation ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu vergleichen mit Klageänderungen (zum Beispiel ein anderes Mieterhöhungsverlangen wird nunmehr zur Begründung der Klage herangezogen, oder es wurde zunächst eine Erhöhung der Nettokaltmiete verlangt, obwohl eine Bruttokaltmiete vereinbart wurde und deren Erhöhung vorprozessual geltend gemacht wurde) die nach zutreffender Ansicht (vgl. hierzu Schmidt-Futterer-Börstinghaus § 558b BGB Rn. 84 am Ende), für die dann die Klagefrist nicht eingehalten wäre und die einer Korrektur beziehungsweise einer nochmaligen Geltendmachung eines Mieterhöhungsverlangen und einer noch maligen Einhaltung der Zustimmungsfrist bedürfen.

Es kann hier - anders wohl bei einer von Anfang an im Vergleich zum vorprozessual erklärten Mieterhöhungsverlangen reduzierten Zustimmungsklage - aus Sicht der mietenden Partei auch nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass nach einer zwischenzeitlichen Teilrücknahme der in vollem Umfang erhobenen Zustimmungsklage und auch nach einer Erklärung der vermietenden Partei, an dem geltend vorprozessual gemachten Zustimmungsverlangen nicht vollständig festhalten zu wollen, diese Erklärung im Prozess vor Abschluss des Verfahrens aufgrund neuer Erkenntnisse nicht wieder revidiert werden könnte, weil die vermietende Partei zum Beispiel erkannt hat, dass sie sich im Hinblick auf die Bewertung von wohnwerterhöhenden oder wohnwertmindernden Merkmalen geirrt hatte. Auch unter diesem Gesichtspunkt es vorliegend nicht geboten, der klagenden Partei unter dem Gesichtspunkt einer nicht eingehaltenen Klagefrist einen Rückgriff auf einen höheren Zustimmungsbetrag, der sich im Rahmen des ursprünglich geltend gemachten Mieterhöhungsverlangens hält, zu verwehren. Das Mieterhöhungsverlangen vom 14.06.2019 ist auch nicht aus sonstigen Gründen formunwirksam und entspricht den gesetzlichen Voraussetzungen des § 558a BGB. Weder die Angabe einer fehlerhaften Ausgangsmiete noch die fehlerhafte Angabe eines unter Einbeziehung des letztlich tatsächlich geschuldeten Modernisierungszuschlages für die Wärmedämmung sich ergebenden Betrages für die neue Nettokaltmiete führen zur Formunwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. 10. 2007 - VIII ZR 331/06, NZM 2008, 124 ff.) und auch nicht der Umstand, dass sich die klagende Partei unter Angabe des Mietspiegelfeldes H 1 des Berliner Mietspiegels 2019 auf die konkrete Benennung des Mittelwertes beschränkt hat, ohne sich mit wohnwerterhöhenden oder wohnwertmindernden Merkmalen im Rahmen der dort ersichtlichen Spanne auseinanderzusetzen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. 12. 2007 - VIII ZR 11/07; NZM 2008, 164 ff.).

Das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen vom 14.06.2019 ist auch nicht dadurch unwirksam geworden, dass die klagende Partei im Prozessverlauf hilfsweise weitere Mieterhöhungsverlangen erklärt hat. In diesem Zusammenhang wurde seitens der klagenden Partei hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nur für den Fall eingreifen sollen, dass das Gericht das ursprünglich Mieterhöhungsverlangen als unwirksam beziehungsweise als gänzlich unberechtigt erachten sollte. Soweit sich die beklagte Partei in dem Schriftsatz vom 08.07.2022 auf Seite 6 unten zuletzt auch darauf berufen hat, dass dem Mieterhöhungsverlangen vom 14.06.2019 keine Originalvollmacht beigefügt gewesen sei und darauf, dass sie nochmals hierauf hinweisen würde, ist zunächst festzustellen, dass den Schriftsätzen der beklagten Partei nicht zu entnehmen ist, dass eine entsprechende Rüge bereits zu einem früheren Verlauf des Prozesses erhoben wurde (die zuvor im Prozessverlauf erhobenen Rügen nicht beigefügter Vollmachten bezogen sich auf zeitlich nachfolgende Mieterhöhungsverlangen). Zudem sollte sich diese Rüge möglicherweise lediglich darauf beziehen, dass die von der beklagten Partei selbst als Anlage zur Klageerwiderung vorgelegte Vollmacht der Hausverwaltung vom 20.02.2018 nur als Kopie beigefügt gewesen sei und nicht im Original.

Unabhängig von Erwägungen ist in Anbetracht des § 174 S. 1 BGB vorliegend jedenfalls davon auszugehen, dass eine Zurückweisung nicht unverzüglich im Sinne der Vorschrift erfolgte und deshalb ohne rechtliche Relevanz ist. Auch ist weder dem mit der Klageerwiderung vorgelegten vorprozessualen Schriftverkehr, der nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens vom 14.06.2019 gewechselt wurde, noch der Klageerwiderung selbst ist zu entnehmen, dass unverzüglich eine entsprechende Rüge erklärt wurde. Für die Bemessung der für die streitgegenständliche Wohnung maßgebenden ortsüblichen Vergleichsmiete ist vorliegend nach Auffassung des Gerichts der Berliner Mietspiegel 2019 einschließlich der darin enthaltenen Orientierungshilfe geeignet und heranzuziehen. Im Hinblick auf das maßgebende Mietspiegelfeld H 1 ist zunächst streitig, ob über den vorzunehmenden Abschlag von 1,41 Euro/qm (wegen der fehlenden Sammelheizung) auch ein weiterer Abschlag wegen eines bei Anmietung fehlenden WC beziehungsweise wegen eines fehlenden Bades vorzunehmen ist, also insgesamt ein Abschlag von 2,20 Euro/qm.

Der Berliner Mietspiegel 2019 definiert auf Seite 10 ein Bad als gesonderten Raum innerhalb der Wohnung, der mit einer Badewanne oder Dusche und einem Badeofen oder Durchlauferhitzer oder einem ausreichend großen Warmwasserspeicher ausgestattet ist, wobei die Versorgung mit Warmwasser auch durch eine zentrale Anlage (auch Fernwarmwasser) geschehen kann. Die ursprünglich von dem Beklagten angemietete Wohnung verfügte nach Ansicht des Gerichts über ein Bad, auch wenn dieses aufgrund seiner baulichen Beschaffenheit zum damaligen Zeitpunkt wegen eines nach dem Vortrag der beklagten Partei desaströsen Zustandes der Einrichtung nicht nutzbar war und es nach dem Vortrag der beklagten Partei ihnen überlassen wurde, das Bad durch Neueinbau einer Badewanne, eines Toilettenbeckens, eines Handwaschbeckens und einer Warmwasserzubereitungsanlage nebst Anschluss an die vorhandenen Hausleitungen in einen nutzbaren Zustand zu versetzen, woraufhin die beklagte Partei sich selbstverständlich in der Folgezeit auch darauf berufen konnten und auch weiterhin berufen können, dass diese Ausstattung nicht von Vermieterseite, sondern von ihnen selbst eingebracht wurde, weshalb diese Merkmalgruppe wegen des geltend gemachten Ursprungszustandes und aufgrund des in diesem Prozess auch unstreitigen Sachvortrages als negativ zu bewerten ist. Die vorliegende Fallgestaltung ist jedoch nicht vergleichbar mit einem Fall, in dem zum Beispiel durch Aufteilung einer ursprünglich sehr großen Wohnung mit einem Bad und darin befindendem WC in zwei Wohnungen aufgeteilt wird und in dem abgetrennten Teil der Wohnung, in dem sich das Bad nicht befindet, erstmalig überhaupt ein Raum eingerichtet werden muss, der in der Folgezeit die Bezeichnung als Bad mit WC rechtfertigt. Wenn das dann auf Initiative und Kosten der neu mietenden Partei geschieht, könnte diese sich darauf berufen, dass die Wohnung bei Anmietung nicht über ein Bad mit WC verfügte, in der vorliegenden Fallkonstellation jedoch nicht. Deshalb ist, was zwischen den Parteien ursprünglich noch unstreitig war, zu Recht lediglich von einem Abschlag von 1,14 Euro/qm auszugehen, weshalb sich im Rasterfeld H 1 eine Spanne von 3,43 Euro bis 8,59 Euro bei einem Mittelwert von 5,36 Euro ergibt.

Unstreitig sind die Merkmalgruppe 1 (Bad), 2 (Küche), 3 (Wohnung) negativ zu bewerten und die Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) ist als neutral zu qualifizieren. Zwar hat die beklagte Partei zuletzt die Ansicht geäußert, dass die Merkmalgruppe 5 negativ zu bewerten sei, hierzu aber trotz des auch zu diesem Thema erteilten gerichtlichen Hinweises gemäß Beschluss vom 07.03.2022 aber keine Tatsachen vorgetragen. Die Merkmalgruppe 4 (Gebäude) ist vorliegend allenfalls als neutral zu bewerten, jedoch nicht als negativ. Das wohnwerterhöhende Merkmal einer Wärmedämmung zusätzlich zur vorhandenen Bausubstanz ist unstreitig gegeben. Diese Wärmedämmung war Anlass für die modernisierungsbedingte Umlage, auf diese sich die Parteien im Verlaufe dieses Rechtsstreits in dem ursprünglich noch andauernden Parallelverfahren in Höhe von monatlich 73,00 Euro mit Wirkung ab dem 01.03.2015 geeinigt hatten. Soweit sich die beklagte Partei durch den Vortrag zum Zustand des Treppenhauses und der nach ihrem Vortrag gemessenen Feuchtigkeit möglicherweise auch auf darauf berufen wollten, dass sich bei einer Gesamtbetrachtung des Gebäudes dieses in einem schlechten Instandsetzungszustand befinde, wird dieser Prozessvortrag entsprechend der hierzu mit Beschluss vom 07.03.2022 und mit Verfügung vom 21.04.2022 erteilten Hinweis als unsubstanziiert und deshalb unbeachtlich erachtet.

Allenfalls das wohnwertmindernde Merkmal "Treppenhaus/Eingangsbereich überwiegend in schlechtem Zustand" könnte vorliegend einschlägig sein, was aber letztlich nicht abschließend beurteilt werden muss, weil auch bei einer neutralen Merkmalgruppe 4 (infolge eines wohnwerterhöhenden und eines wohnwertmindernden Merkmals) die von der klagenden Partei mit dem Hauptantrag geltend gemachte erhöhte Miete gerechtfertigt ist. Denn bei einem Abschlag von 60 % der Differenz zwischen Mittelwert und unterem Wert des Mietspiegelfeldes H 1 des Berliner Mietspiegels 2019 nach vorherigem Abzug von jeweils 1,14 Euro/qm ergibt sich ein Betrag von 4,20 Euro/qm oder 356,16 Euro. Das entspricht genau dem Betrag, den die klagende Partei zuletzt mit dem Hauptantrag geltend gemacht hat, wobei die Frage, ob die beklagte Partei zusätzlich noch den von der klagenden Partei ab Dezember 2021 geltend gemachten Modernisierungszuschlag für den Einbau der Fenster in Höhe von monatlich 80,20 Euro schulden - welcher nicht Gegenstand des ursprünglichen Mieterhöhungsverlangens vom 14.06.2019 war und auch nicht sein konnte, weil die Modernisierungsmaßnahmen zeitlich erst danach angekündigt und durchgeführt wurde - ist in diesem Prozess nicht zu klären. Auf die zwischenzeitlich erfolgte rechtliche Diskussion zum Verhältnis von modernisierungsbedingten Mieterhöhungen zu Mieterhöhungsmöglichkeiten gemäß § 558 BGB zwecks Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete kommt es für die hier zu treffende Entscheidung letztlich nicht mehr an.

Denn auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH, Urteil vom 16.12.2020 - VIII ZR 367/18, NZM 2021, 297 ff. ist auch weiterhin davon auszugehen, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die klagende Partei eine Modernisierungsmaßnahme im Jahre 2014 durchgeführt, diese zum 01.03.2015 aufgrund einer entsprechenden Mieterhöhung wegen Modernisierung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete um 73,00 Euro geführt hat, die vermietende Partei im Jahre 2019 berechtigt, sich im Zusammenhang mit der Anpassung der Nettokaltmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete gemäß §§ 558 ff. BGB auf den modernisierten Zustand des Gebäudes inklusive vorhandener Wärmedämmung zu berufen (vgl. hierzu auch Schmidt-Futterer-Börstinghaus, Mietrecht, Vorbemerkung zu § 558 BGB Rn. 9; auch Hinz in dem zur Akte gereichten Vorabdruck eines Aufsatzes in der ZMR, dort Seite 431 unter Ziffer III. 1. a), aus deren Ausführungen sich das ebenfalls ergibt).

Zur Widerklage:

Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet. Aus den vorgenannten Erwägungen zur Klage erschließt sich auch, dass die Beklagten über den bereits anerkannten Betrag hinaus in dem streitgegenständlichen Zeitraum die erfolgten Zahlungen nicht ohne Rechtsgrund geleistet hatten. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 2 Ziffer 2, 269 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Gegenstand der Teilrücknahme der Klage beziehungsweise des Teilunterliegens der klagenden Partei war geringfügig und hat keine besonderen Kosten verursacht, weshalb es gerechtfertigt ist, die Beklagten mit den gesamten Kosten des Rechtsstreits zu belasten. Der Streitwert setzt sich zusammen aus dem Wert der Klage in Höhe von 444,24 Euro (12 x 37,02 Euro) gemäß § 41 Abs. 5 GKG und dem Wert der Widerklage in Höhe von 1.200,87 Euro.

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