27.09.2022 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: IBR Immobilien & Baurecht.
Tenor:
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von den Beklagten mit vorliegender Klage die Rückzahlung überbezahlter Miete für eine Wohnung. Die Beklagten sind Eigentümer des Anwesens ### in ###, das sie auch selbst bewohnen. Um die eigene Wohnung zu vergrößern, nahmen sie Baumaßnahmen im 1. Obergeschoss des Anwesens vor, indem sie eine Wand der dortigen Wohnung neu setzen ließen. Die so verkleinerte Wohnung im 1. Obergeschoss boten sie zur Vermietung an. Die Klägerin besichtigte diese Wohnung bereits vor dem endgültigen Abschluss der Umbauarbeiten. Bei der Besichtigung wurde ihr auch der Keller gezeigt. Am 25. April 2019 schlossen die Parteien beginnend zum 6. Mai 2019 einen schriftlichen Mietvertrag.
In diesem hieß es in "§ 1 Mieträume" unter anderem: "Der Vermieter vermietet dem Mieter zu Wohnzwecken die im Hause ###, ### (Adresse) im 1. Stock (rechts) gelegene Wohnung bestehend aus 2 Zimmern, Küchenzeile, Diele, Bad/WC, (Kellerraum, Balkon, Terrasse,). Die Wohn/Nutzfläche beträgt ca. 55 qm."
Als Miete waren 550 Euro zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 100 Euro vereinbart. Das Mietverhältnis wurde zum 31. August 2020 beendet. In Ansehung der Größe der neuen Wohnung maß die Klägerin die streitgegenständliche Wohnung nach und gelangte zu einer Wohnungsgröße von 42,32 m². Die Klägerin nahm dies zum Anlass, die Beklagten zur Rückzahlung der überbezahlten Miete aufzufordern. Der im Mietvertrag erwähnte Kellerraum hat eine Fläche von 8,95 m². Zudem wurde der Klägerin ein Platz in der Waschküche mit einer Fläche von 1,15 m² zum Aufstellen ihrer Waschmaschine oder eines vergleichbaren Gerätes zugewiesen. Die Klägerin hat behauptet, schon während der Besichtigung sei über die Wohnungsgröße gesprochen worden; diese sei ihr mit 55 m² mitgeteilt worden. Sie habe sich auf diese Zusage verlassen, und zunächst keine Abweichungen geprüft. Erst nachdem sie die neue Wohnung angemietet habe, seien ihr Zweifel an der Richtigkeit der angegebenen Wohnungsgröße der alten Wohnung gekommen; sie habe deshalb nachgemessen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Abweichung der Wohnungsgröße um 23,05% stehe ihr ein Mietminderungsanspruch zu. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur verurteilen, an die Klägerin 2392,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.11.2020 zu zahlen. Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagten haben behauptet, gegenüber der Klägerin sei beim Ausfüllen des Mietvertrages erklärt worden, neben der Wohnung werde auch ein großer eigener Kellerraum und ein Anteil (Stellplatz) an der Waschküche mitvermietet und insgesamt betrage die von ihr zu nutzende Fläche ca. 55 m². Es sei nie allein die Rede von der Wohnungsgröße gewesen. Schon bei der Besichtigung sei der Klägerin gesagt worden, mit Keller und Waschküchenanteil sei die Größe der Wohnung insgesamt 55 m². In diesem Sinne sei auch der Eintrag im Mietvertrag als "Wohn/Nutzfläche" zu verstehen. Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung überbezahlter Miete gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB zu. Soweit nicht ausdrücklich vereinbart, sei durch Auslegung zu ermitteln, welches Berechnungsverfahren für die Wohnfläche nach dem Willen der Vertragsparteien gelten solle. Nach Anhörung zweier Zeuginnen, welche bei Besichtigung der Wohnung anwesend waren, sei nicht erwiesen, dass die Parteien vereinbart hätten, dass unter "Wohn/Nutzfläche" die Grundfläche sämtlicher der Klägerin zur Nutzung überlassenen Flächen, also auch des Kellers, zählen sollten. Die Zeugen hätten insofern unterschiedliche Angaben gemacht, sodass nicht feststehe, dass die Parteien sich auf die Definition der Wohnfläche geeinigt hätten. Eine konkludente Vereinbarung nach örtlicher Verkehrssitte sei nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Dementsprechend seien die Vorschriften für preisgebundenen Wohnraum, mithin die Wohnflächenverordnung, zur Anwendung zu bringen. Danach seien Zubehörräume wie Keller und Wirtschaftsräume nicht in die Berechnung einzubeziehen.
Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Die Beklagten sind der Auffassung, entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sei eine ausdrückliche Regelung zur "Wohn/Nutzfläche" im Mietvertrag getroffen worden. Auch die Kellerräume müssten in die Berechnung einbezogen werden, da ansonsten die Bezeichnung "Nutzfläche" keinen Sinn mache. Das Amtsgericht habe die Aussagen der Zeuginnen auch unzutreffend gewürdigt, soweit es einen Widerspruch zwischen diesen Aussagen angenommen habe. So habe das Amtsgericht nicht berücksichtigt, dass die beiden Zeuginnen von zwei verschiedenen Besichtigungsterminen berichteten. Hilfsweise erklären die Beklagten die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Nutzungsersatz hinsichtlich der tatsächlichen Nutzung der im Keller gelegenen Flächen durch die Klägerin in Höhe der Klageforderung.
Die Beklagten beantragen, auf die Berufung der Beklagten und Berufungskläger das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken, verkündet am 27.10.2021, Az. 3 C 72/21, zugestellt am 11.11.2021, abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Klägerin ist der Auffassung, aufrechenbarer Ansprüche der Beklagten bestünden nicht. Zur Ergänzung des Tatbestandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 511, 513, 514 Abs. 2, 517 ff. ZPO zulässig. Das Rechtsmittel hat in der Sache auch Erfolg. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts steht der Klägerin kein Anspruch auf Rückzahlung überbezahlter Miete nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB zu, denn eine relevante Abweichung der vereinbarten Wohnungsgröße von der tatsächlichen Wohnungsgröße liegt nicht vor. Der Auffassung des Amtsgerichts, die Parteien hätten keine ausdrückliche Vereinbarung von Berechnungsregeln im Mietvertrag vorgenommen, weswegen eine Wohnflächenberechnung nach der Wohnflächenverordnung vorzunehmen sei, kann nicht gefolgt werden.
Vielmehr haben die Parteien im Mietvertrag bei der Beschreibung des Mietgegenstandes den Kellerraum angegeben und die Quadratmeter-Angabe auf die "Wohn/Nutzfläche" bezogen (Blatt 10 der Akte). Die Angabe von "ca. 55 qm" bezieht sich nach dem Wortlaut des Mietvertrages mithin schon nicht auf die bloße Wohnfläche, sondern sie umfasst auch die Nutzfläche. Zur Wohnfläche einer Wohnung gehören die Grundflächen der Räume, die ausschließlich dieser Wohnung zuzurechnen sind, während bei der Nutzfläche auch außerhalb der Wohnung gelegene Räume wie Keller, Dachboden oder Heizungsräume hinzugerechnet werden.
Das Mietrecht kennt insofern unterschiedliche Flächenangaben: Beheizte und unbeheizte Flächen, Grundfläche, Wohnfläche, Nutzfläche und Mietfläche. Die Begriffe meinen nicht (immer) dieselbe Fläche. So können Wohn- und Nutzfläche voneinander abweichen, weil bestimmte Abstell-, Hobby- oder Kellerräume mit ihrer gesamten Fläche zur Nutzfläche zählen, aber nicht zur Wohnfläche. Gleiches gilt für Flächen ohne ausreichende Deckenhöhe oder nicht zu Wohnzwecken geeignete Souterrainräume. Auch gibt es keinen Grundsatz, dass die mietvertraglich vereinbarte Fläche – wie auch immer sie genauer bezeichnet ist – immer die Wohnfläche nach den §§ 42-44 II. BV oder der Wohnflächenverordnung darstellen soll (vgl. AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 28. Juli 2008 - 6 C 123/08 -). Wenn aber – wie das Erstgericht richtig konstatiert – selbst das Wort "Wohnfläche" auslegungsbedürftig ist, so bedarf es erst recht konkreter Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass die Parteien mit "Wohn/Nutzfläche" nur die Wohnfläche nach der Wohnflächenverordnung meinen wollten. Ohne solche Umstände ist die "Wohn/Nutzfläche" schon nach ihrem Wortlaut eben nicht "Wohnfläche", sondern meint objektiv die angemietete Fläche, einschließlich aller dem Mieter zur alleinigen Benutzung überlassenen Nutzflächen und damit auch die im Keller gelegenen Räumlichkeiten (vgl. auch LG Berlin, Urteil vom 11. April 2006 - 65 S 338/05 -; AG Schöneberg, Urteil vom 18. Juli 2007 - 102 C 606/05 -).
Einschließlich der im Keller gelegenen Räumlichkeiten ergibt sich eine tatsächliche Wohn/Nutzfläche der Mietsache von (42,32 + 8,95 + 1,15 =) 52,42 m², welche keine relevante Abweichung von den mietvertraglich vereinbarten ca. 55 m² beinhaltet. Eine Überzahlung von Miete ist nach alledem nicht gegeben, da die Abweichung deutlich unterhalb der Toleranzgrenze von 10% (BGH, Urteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 144/09 -; Münch in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 536 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 140) liegt. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 Satz 1, § 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 3 ZPO.
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