Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Weiterer Rechtsstreit um Kündigung wegen Facebook-Eintrag

26.04.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Arbeitsgericht Neunkirchen.

Wieder wurde eine Kündigung ausgesprochen, die auf Beleidigungen eines Arbeitnehmers zurückgehen, die dieser auf Facebook gepostet hatte.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen, hilfsweise fristgerechten arbeitgeberseitigen Kündigung sowie im Wege eines uneigentlichen Hilfsantrages über einen Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers.

(…)

Das Facebook-Profil des Klägers wies zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung insgesamt 70 sogenannte "Freunde" auf. "36" dieser "Freunde" waren zum Zeitpunkt der angegriffenen Kündigung Mitarbeiter der Beklagten. Der auch als "Freund" angegebene M1 R2 war zum Zeitpunkt des für den vorliegenden Rechtsstreit relevanten Zeitraums bei der Beklagten nach Klägervortrag bereits ausgeschieden. Ein "Freund" war als Mitarbeiter bei einer Schwesterfirma der Beklagten, der B1 S2 GmbH, tätig. Diesbezüglich reicht die Beklagte eine HardCopy (Bildschirmausdruck) des Profils des Klägers für die Rubrik "Freunde" zum Zeitpunkt des Ausspruchs der in dem vorliegenden Rechtsstreit angegriffenen Kündigung zur Gerichtsakte auf die Bezug genommen wird.

Am 20.11.2011 um 13.46 Uhr postete der Kläger auf seiner Pinnwand im Facebook-Profil folgenden Text:

"hi M1, mir geht’s gut, und dir hoffe ich auch. Habe mich über diesen scheiss G1 geärgert hat mir zwei abmahnungen gegeben innerhalb von drei monaten wegen rauigkeit. Diesen kleinen scheisshaufen mache ich kaputt, werde mich beschweren über diesen wixxer bin 32jahre hier dabei und so ein faules schwein der noch nie gearbeitet hat in seinem scheissleben gibt mir zwei abmahnungen, da hat er sich im falschen verguckt diese drecksau naja sag mal bis bald"

Und am 26.11.2011, um 7.37 Uhr:

"hi, moin moin M1 M3 hat nichts gesagt der G1 auch nicht sonst ist alles beim alten, der G1 hat wahrscheinlich einen draufbekommen wegen mir die personalabteilung hat ihn angerufen, weil ich mich angeblich über ihn beschwert haben soll. War noch garnicht nda bei der personalabteilung, aber egal schadet ihm garnichts, soll er mal ein bisschen von seinem hohen ross runterkommen der doofmann.“

Dieser Teil einer "Unterhaltung" fand "öffentlich" auf der sogenannten Pinnwand des Klägers bei Facebook statt. Sämtliche "Freunde" des Klägers hatten Zugriff und wurden dementsprechend über die Kommunikation informiert, mithin auch die als "Freunde" des Klägers ausgewiesenen Mitarbeiter der Beklagten.

Darüberhinaus haben all diejenigen Nutzer von Facebook Zugriff auf diese Kommunikation, die wiederum als "Freunde" der "Freunde" des Klägers bestimmte Einstellungen im Rahmen ihres Profils gewählt haben. Im Ergebnis handelt es sich also bei denjenigen, die Zugriff auf diese Kommunikation hatten, um eine enorme Personenzahl.

(…)

Entscheidungsgründe

Die Kundgabe der beleidigenden Äußerungen ist quasi betriebsöffentlich, vergleichbar einem Aushang am "Schwarzen Brett" im Betrieb erfolgt, da von den 70 "Freunden" des Klägers bei Facebook, die unmittelbar Zugriff auf seine Pinnwand hatten, 36 zum Zeitpunkt der getätigten Äußerung bei der Beklagten beschäftigt waren und einer bei der Schwesterfirma B1 S2 GmbH.

Es ist dabei unerheblich, dass der Kläger seine ehrverletzenden Äußerungen in Bezug auf seinen Vorgesetzten G1 von zu Hause aus offenbar während seiner Freizeit, d.h. nicht während der Arbeitszeit im Betrieb, getätigt hat, da aufgrund der 36 oder 37 betriebsangehörigen "Facebook-Freunde" eine unmittelbare Betriebsbezogenheit jedenfalls gegeben war.

(…)

Hiernach lag insgesamt zum Zeitpunkt des Ausspruchs der vorliegend angegriffenen Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 05.12.2011 nach Auffassung der Kammer grundsätzlich ein wichtiger Grund i.S.V. § 626 Abs. 1 BGB für deren Ausspruch vor, der es der Beklagten unmöglich machte, das Arbeitsverhältnis des Klägers auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufrechtzuerhalten.

Jedoch führt vorliegend eine umfassend durchzuführende Interessenabwägung dazu, dass die erkennende Kammer die hier angegriffene Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 05.12.2011 unter Beachtung des ultima-ratio-Prinzips für unangemessen hält. In einer durchzuführenden Interessenabwägung sind insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Lebensalter des Arbeitnehmer, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und wirtschaftliche Lage des Unternehmens.

(…)

Arbeitsgericht Hagen, Urteil vom 16.05.2012, AZ 3 Ca 2597/11 (in Auszügen).

nach oben