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Überblick über die Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011

10.04.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Warth Klein Grant Thornton.

Bereits im Dezember 2011 sind die neuen Erbschaftsteuer-Richtlinien in Kraft getreten. Darin erläutert die Finanzverwaltung ausführlich ihre Auffassung zur seit 2009 geltenden Erbschaftsteuer. Die Richtlinien schaffen zu zahlreichen Zweifels- und Auslegungsfragen Klarheit und damit Rechtssicherheit. Ein Überblick über ausgewählte Punkte.

Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011

  • Unternehmer können für die Übertragung von Betriebsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen einer 100-prozentige Steuerverschonung beantragen. Die Finanzverwaltung akzeptiert nun grundsätzlich den Antrag auf Optionsverschonung bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung. Der im Jahr 2009 veröffentlichte Anwendungserlass begrenzte die Antragsfrist noch bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft.

  • Die Finanzverwaltung führt in den Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 die schon im Anwendungserlass getätigte Aussage näher aus, dass in Drittstaaten belegenes Betriebsvermögen dann begünstigt ist, wenn es als Beteiligung an einer inländische oder EU- bzw. EWR-Personengesellschaft oder Anteile an einer Kapitalgesellschaft Teil einer wirtschaftlichen Einheit des Betriebsvermögens im Inland ist.

  • Bisher war unklar, wie Löhne aus Tochtergesellschaften in die Ausgangslohnsumme einzurechnen sind. Nach den neuen Richtlinien gilt nun Folgendes: Demnach sind die Löhne aus allen Tochtergesellschaften in die Ausgangslohnsumme einzubeziehen, die im Zeitpunkt der Erbschaft oder der Schenkung zum Betriebsvermögen gehören. Diese Regelung gilt entsprechend für die danach zu ermittelnde Mindestlohnsumme. Wurden nach dem Besteuerungsstichtag Beteiligungen angeschafft, sind diese nicht in die Mindestlohnsumme einzurechnen. Umgekehrt gilt: Kurz vor einer Erbschaft oder Schenkung veräußerte Tochterunternehmen finden bei der Ausgangslohnsumme keine Berücksichtigung.

  • Neben diesen Vorteilen sind aber auch Nachteile zu verzeichnen. So können Anteilseigner von Kapitalgesellschaften mit stimmrechtslosen Anteilen keine Begünstigung durch den Abschluss eines Poolvertrags erlangen.

Die Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 sind grundsätzlich auf alle Erwerbsfälle anzuwenden, für die die Steuer nach dem 2. November 2011 entsteht. Sie gelten allerdings auch für Übertragungen vor dem 3. November 2011, die unter Geltung des neuen Erbschaftsteuer- und Bewertungsgesetzes erfolgt sind. Bisher ergangene Verwaltungsanweisungen, die im Widerspruch zu den neuen Richtlinien stehen, sind nicht mehr anzuwenden.

Verschonungsmodelle - die Uhr tickt

Auch wenn die Finanzverwaltung in einigen Punkten in erfreulicher Weise Klarheit geschaffen hat, ist fraglich, wie lange Unternehmer die attraktiven Vergünstigungen des geltenden Erbschaftsteuerrechts noch nutzen können. Denn der Bundesfinanzhof (BFH) hat inzwischen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuergesetzes von 2009 geäußert und mit Beschluss vom 5. Oktober 2011 das Bundesfinanzministerium aufgefordert, dem beim BFH anhängigen Verfahren mit dem Aktenzeichen II R 9/11 beizutreten. Eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erscheint damit wahrscheinlich.

Hinzu kommt: In einem aktuellen Gutachten spricht sich der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium dafür aus, die erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen bei der Übertragung von Betriebsvermögen aufzuheben. Die Verschonungsregelungen sind nach Auffassung der Wissenschaftler nicht gerechtfertigt, weil negative Folgen der Erbschaftsteuer auf die Weiterführung der übertragenen Unternehmen und den Erhalt der Arbeitsplätze grundsätzlich nicht nachweisbar sind. Der Beirat empfiehlt deshalb statt weitgehender Vergünstigungen einzelner Vermögensarten die Verbreiterung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage, die Absenkung der Steuersätze und die Einführung eines Rechts auf Steuerstundung beim Übergang von Betriebsvermögen.

Praxishinweis

Es spricht viel dafür, dass es zu einer gesetzlichen Neuregelung kommen wird, die nach unserer Einschätzung in jedem Falle schlechter ausfallen dürfte als das aktuell geltende Recht. Deshalb gilt: Unternehmer, die eine Betriebsnachfolge in Erwägung ziehen, sollten sich nicht mehr allzu viel Zeit lassen, und die Planung der Nachfolge jetzt mit Umsicht angehen.

Quelle: Warth & Klein Grant Thornton

Warth & Klein Grant Thornton ist eine der größten partnerschaftlich geführten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland mit über 750 Mitarbeitern an elf Standorten. Sie betreut einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Wirtschaft mit Unternehmen und Institutionen aus nahezu allen Branchen sowie private Vermögensinhaber. Die Services umfassen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Corporate Finance & Advisory Services sowie Private Finance. Bei grenzüberschreitenden Aufgabenstellungen arbeitet sie seit mehr als zehn Jahren mit „Grant Thornton International“ zusammen, einer weltweit tätigen Dachorganisation unabhängiger Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.

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