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Arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Kündigungsfrist von 18 Monaten

11.07.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Arbeitsgericht Heilbronn.

Eine Kündigungsfrist von 18 Monaten ist eher unüblich und nur wenige Arbeitsverträge sind hiervon betroffen. In einigen Fällen ist eine so ausgedehnte Frist aber angemessen. Bei einem Einkaufsleiter einer europaweit tätigen Supermarktkette ist dies zumindest zulässig, befand jetzt das Arbeitsgericht Heilbronn.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer arbeitsvertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von 18 Monaten. Der am 0.0.1980 geborene Kläger ist Diplom-Betriebswirt und war ab 0.0..2005 als Einkäufer bei der s. Tochter der Beklagten, der L. beschäftigt. Die Beklagte betreibt in Europa eine Supermarktkette mit über 9.000 Filialen und über 170.000 Mitarbeitern. In Deutschland beschäftigt sie ca. 60.000 Mitarbeiter in über 3.300 Filialen. Mit Wirkung zum 01.August 2009 wechselte der Kläger zu der Beklagten und ist seither für diese als Einkaufsleiter Einkauf International tätig. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 30.Juli 2009, der den Kläger als leitenden Angestellten einordnet, vereinbarten die Parteien in § 5:

"Das Arbeitsverhältnis kann von beiden Seiten mit einer Frist von 18 Monaten zum Monatsende gekündigt werden." Der Arbeitsvertrag wurde von der Beklagten vorformuliert. Eine Probezeit sah er nicht vor. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wurde nicht vereinbart.

(...)

Der Kläger wurde im Bereich "M." der Sparte F. eingesetzt. Im Gegensatz zu anderen Produkten haben die Lieferverträge mit den dortigen Lieferanten relativ lange Laufzeiten zwischen 6 Monaten und bis zu 18 Monaten. An den Verhandlungen mit der Firma B. nahm der Kläger teil, die Preisvereinbarung wurde direkt vom Vorstand abgeschlossen. In der gesamten Sparte F. sind nur der Kläger und ein weiterer Mitarbeiter mit Prokura ausgestattet.

Mit Schreiben vom 30.08.2011 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Die Beklagte stellte den Kläger mit Wirkung ab 02.09.2011 unter Fortzahlung seiner Bezüge von der Arbeitsverpflichtung frei; diese Freistellung dauert zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung an.

Die Beklagte besteht auf der Einhaltung der Kündigungsfrist bis 28.02.2013.

(...)

Entscheidungsgründe

(...)

Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis endet weder zum 29.02.2012 noch zum 31.08.2012. Es endet vielmehr mit Ablauf des 28.02.2013.

Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer für beide Seiten geltenden Kündigungsfrist von 18 Monaten zum Monatsende ist gesetzlich nicht verboten und bewegt sich innerhalb eines vom Gesetzgeber akzeptierten Rahmens. Die Vereinbarung hält im vorliegenden Fall einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Auch verstößt die Berufung der Beklagten auf die Kündigungsfrist nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB (3.).

(...)

Der Arbeitsvertrag vom 30.07.2009 ist von der Beklagten vorformuliert worden. Aufgrund des von der Beklagten geschilderten formalisierten Ablaufs geht die Kammer davon aus, dass der Vertragstext, insbesondere die Regelung zur Kündigungsfrist, von der Beklagten in einer Mehrzahl von Verträgen mit Einkaufsleitern verwendet wird. Auch in dem vor dem Arbeitsgericht Heilbronn geführten Rechtsstreit 8 Ca 70/11 verwendete die Beklagte zur Kündigungsfrist den gleichen Text. Die Vereinbarung zur Kündigungsfrist ist daher als Allgemeine Geschäftsbedingung nach § 305 Abs. 1 BGB zu betrachten.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das ist hier nicht der Fall:

Der Kläger ist als Einkaufsleiter für die Beklagte ein Verantwortungs- und Wissensträger von großer Bedeutung. Dabei kann die hierarchische Einordnung dahinstehen; auch ist es unerheblich, ob der Kläger als Führungskraft oder Sachbearbeiter zu qualifizieren ist. Er verantwortet einen Einkaufsbereich, der für die Beklagte sehr wichtig ist. Dies ergibt sich zum einen aus der – vom Kläger nicht bestrittenen - Schilderung der Beklagten zur Wettbewerbssituation in der Einzelhandelsbranche, die von einer starken Preisorientierung der Kunden gekennzeichnet ist und für die die Lieferkonditionen des Wareneinkaufs elementare Bedeutung haben. Vor allem den vom Kläger betreuten Bereich der M.produkte betrachtet die Beklagte als sehr bedeutsam und im Hinblick auf die Kundenwahrnehmung als äußerst prestigeträchtig. Zum anderen wird die Wichtigkeit der Position des Klägers an seiner finanziellen Ausstattung deutlich. Der Kläger bezieht ein für die Branche recht hohes Einkommen, hinzu treten Nebenleistungen wie Dienstwagen und freies Tanken. Anlässlich des Wechsels von der s. Gesellschaft nach Deutschland gewährte die Beklagte ein Einkommen, das deutlich über dem bisherigen lag, sie bezahlte pauschal die Umzugskosten. Auch erhöhte sie nach ca. 1,5 Jahren das Einkommen nicht unerheblich. Der Kläger hat als einer von zwei Mitarbeitern in der Sparte F. Prokura und wird als leitender Angestellter geführt. Mit dieser Ausstattung trägt die Beklagten der Aufgabenstellung des Klägers Rechnung, der in seinem Bereich ein Einkaufsvolumen von mehreren Hundert Millionen Euro verantwortet.

(...)

Die Bindungsfrist von 18 Monaten ist im vorliegenden Falle keine unangemessene Benachteiligung des Klägers. Dies ergibt die Abwägung der geschilderten unternehmerischen Interessen der Beklagten mit dem Interesse des Klägers an einer freien Wahl des Arbeitgebers. Nach Ablauf von 18 Monaten – verbunden mit Freistellung oder Umsetzung des Klägers - kann die Beklagte davon ausgehen, dass sämtliche Vertragsbedingungen im Bereich F. Marken neu verhandelt wurden, der Kläger keine aktuellen Kenntnisse dieser Bedingungen mehr besitzt und eine gewisse Distanz zu den Lieferanten eingetreten ist. Eine kürzere Kündigungsfrist kann dies aufgrund der Laufzeiten der Verträge nicht gewährleisten. Auf der anderen Seite wird die Belastung des Klägers durch die lange Bleibefrist so gering wie möglich gehalten.

(...)

ArbG Heilbronn Urteil vom 8.5.2012, 5 Ca 307/11 (in Auszügen)

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