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Betriebsbedingte Kündigung

25.05.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Landesarbeitsgericht Main.

Ein dauerhafter Auftragsrückgang ist für die meisten Unternehmen Grund genug, Leiharbeitnehmern eine Kündigung auszusprechen. Eine Auftragsschwankung allerdings rechtfertigt eine solche Maßnahme nicht, entschied jetzt das Landesarbeitsgericht Mainz.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Die Klägerin wird von der Beklagten, die die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung besitzt, aufgrund eines am 03. April 2008 geschlossenen Arbeitsvertrages als "Sachbearbeiterin Auftragsleitstelle" beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt ständig mehr als 10 Arbeitnehmer.

Mit Schreiben vom 14. April 2011 kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. August 2011.

Mit der vorliegend am 04. Mai 2011 zum Arbeitsgericht erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung gewandt und erstinstanzlich deren soziale Rechtfertigung beanstandet. Die Beklagte habe weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass gerade ihr Arbeitsplatz bei der Firma T-D weggefallen sei. Auch habe ihr Zeitkonto bei der Kündigung immer noch Überstunden aufgewiesen; Kurzarbeit sei für sie nicht beantragt worden. Es sei weder der Wegfall ihres Arbeitsplatzes noch die fehlende Möglichkeit eines anderweitigen Einsatzes in einer plausiblen und einlassungsfähigen Weise dargelegt worden. Sinngemäß gelte das gleiche für die Sozialauswahl.

(…)

Nachdem T-D zu Beginn des zweiten Quartals den endgültigen Wegfall mehrerer Bedarfspositionen mitgeteilt habe, seien alle Mitarbeiter über bestehende und nicht bestehende Einsatzmöglichkeiten in anderen Firmen informiert worden. Zahlreiche Bemühungen andere Kunden für den Einsatz von Arbeitnehmern zu akquirieren, seien im Falle der Klägerin nicht erfolgreich gewesen. Der betriebliche Bedarf sei zum Kündigungszeitpunkt auf Dauer entfallen. Die Frage der Sozialauswahl stelle sich wegen einer fehlenden Vergleichsgruppe nicht.

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Entscheidungsgründe

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Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung entsteht ein Überhang an Leiharbeitnehmern, wenn der Einsatz von Leiharbeitnehmern endet, ohne dass der Arbeitnehmer weder bei anderen Entleihern oder im Betrieb des Beleihers auf absehbare Zeit eingesetzt werden kann.

Hierbei reicht ein bloßer Hinweis auf einen auslaufenden Auftrag und auf einen fehlenden Anschlussauftrag regelmäßig nicht aus, um einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zu begründen. Der Arbeitgeber muss anhand der Auftrags- und Personalplanung vielmehr substantiiert darstellen, warum es nicht nur um eine - kurzfristige - Auftragsschwankung, sondern um einen dauerhaften Arbeitsrückgang handelt und ein anderer Einsatz des Arbeitnehmers bei einem anderen Kunden bzw. in einem anderen Auftrag nicht in Betracht kommt. Dies gilt umso mehr, als es dem Wesen der Arbeitnehmerüberlassung und dem Geschäft eines Arbeitnehmerüberlassungsunternehmens entspricht, Arbeitnehmer oft kurzfristig bei verschiedenen Auftraggebern einzusetzen und zu beschäftigen. Insoweit trägt ein Leiharbeitsunternehmen das Beschäftigungsrisiko für kurzfristige Auftragslücken.

Es muss dargelegt werden, dass in einem repräsentativen Zeitraum vor Ausspruch der Kündigung weder im bisherigen Arbeitsbereich des Arbeitnehmers noch in anderen Bereichen, in denen er nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen hätte eingesetzt werden können, Aufträge vorhanden gewesen sind. Diese Grundsätze sind ohne weiteres auf die Beklagte von ihrem Geschäftsmodell her übertragbar. Es bleibt auch dabei, dass die Beklagte bei sogenannten selbstbindenden Unternehmerentscheidungen die Darlegungs- und Beweispflicht trifft, durch welche von außen kommenden Umstände in welchen Bereichen Beschäftigungsmöglichkeiten in welchem Umfang entfallen sind. Hierzu sind der Berufungskammer keine ausreichenden Feststellungen möglich.

Angriffe gegen die Feststellungen des Arbeitsgerichts zum verspäteten Vorbringen nach § 61 a Abs. 5 ArbGG betreffend die am 11. August 2011 vorgelegte Liste sind nicht konkretisiert. Die maßgebliche Vorschrift sieht eine besondere Prozessförderung im Kündigungsverfahren vor und zwingt zur Einhaltung der mit Beschluss des Arbeitsgerichts vom 09. Juni 2011 erfolgten Auflagen. Der Beklagten wurde im Einzelnen aufgegeben, die Kündigungsgründe unter vorsorglichem Beweisantritt darzulegen; soweit es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelt, die dringenden betrieblichen Gründe, die Sozialauswahl und die Interessenabwägung auszuführen. Insbesondere - so die weiteren Ausführungen im Auflagenbeschluss des Gerichts - hat die Beklage anhand der Auftrags- und Personalplanung darzustellen, warum es sich nicht nur um eine kurzfristige Auftragsschwankung, sondern um einen dauerhaften Auftragsrückgang handelt und ein anderer Einsatz eines Arbeitnehmers bei einem anderen Kunden beziehungsweise in einem anderen Auftrag - auch gegebenenfalls nach entsprechenden Anpassungsfortbildungen - nicht in Betracht kommt. Die Frist hierzu war auf 24. Juni 2011 gesetzt. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass es sich vorliegend um Ausschlussfristen handelt und verspätetes Vorbringen zurückgewiesen werden kann. Die Beklagte bleibt mit ihrem Vorbringen, wonach sich aus der verspätet vorgelegten Liste hinreichende und letztlich erfolglose Bemühungen für einen weiteren Einsatz der Klägerin ergäben, präkludiert.


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