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Börsennotierung einer Aktie verfassungsrechtlich nicht geschützt

19.07.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Warth Klein Grant Thornton.

Der freiwillige Rückzug einer Aktiengesellschaft (AG) von der Börse berührt grundsätzlich nicht das Eigentumsgrundrecht des Aktionärs. In seiner Entscheidung vom 11. Juli 2012 hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass der Wechsel einer Aktie aus dem regulierten Markt in ein qualifiziertes Segment des Freiverkehrs ("Downgrading") ohne Abgabe eines Pflichtangebots verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Der Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts ist demnach nur betroffen, wenn der Aktionär seine in der Aktie verkörperte Rechtsposition verliert oder diese in der Substanz verändert wird. Dies ist beispielsweise durch die Eingliederung der AG in einen Konzern, den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags oder durch den Ausschluss des Aktionärs (Squeeze-out) der Fall. Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof hatte bereits in der mündlichen Verhandlung betont, dass die vorliegenden Verfahren Interessenkonflikte zwischen Klein- und Großaktionären aufzeigten. Der Kleinaktionär verliere durch den Widerruf der Börsenzulassung einen jedermann zugänglichen Handelsmarkt für seine Aktien. Kleinanleger verlangten deshalb im Fall eines Delisting einen finanziellen Ausgleich und gerichtlichen Schutz. Anders ist die Situation des Großaktionärs. Er sehe im Wegfall der Börsenzulassung einen eher alltäglichen Marktvorgang ohne rechtliche Bedeutung und wolle nicht mit Abfindungspflichten und Gerichtsverfahren belastet werden.

Das Verfassungsgericht entschied aber außerdem, dass die vom Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen der im Jahr 2002 ergangenen "Macrotron-Entscheidung" für den Fall des vollständigen Rückzugs von der Börse aufgestellten Grundsätze mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Demnach muss eine AG nach einem solchen sogenannten Delisting, den Minderheitsaktionären ein gerichtlich überprüfbares "Pflichtangebot" zur Übernahme ihrer Aktien oder zu einer Ausgleichszahlung machen. Damit soll der Widerruf der Börsenzulassung einer im regulierten Markt gelisteten AG für den Anleger kompensiert werden. Das Verfassungsgericht entschied jetzt, dass der BGH damit nicht zu weit gegangen ist und die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung gewahrt hat.

Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch für uns Bestätigung

Mit dem jüngsten Richterspruch aus Karlsruhe sehen auch wir unsere Rechtsauffassung bestätigt, die wir bereits 2006 in einem Mandatsverhältnis angewendet haben. Unsere Mandantin, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), war damals im amtlichen Handel der Börse München notiert. Unsere Experten WP/RA Dr. Christian Kirnberger und RA/StB Christoph Rupp vertraten die Ansicht, dass der Wechsel aus dem amtlichen Handel in das damals neu geschaffene Freiverkehrs-Segment M:access der Börse München von diesen Beschränkungen nicht umfasst ist und entsprechend ohne Beachtung der Vorgaben der "Macrotron-Entscheidung" vorgenommen werden kann. Dies haben wir für unsere Mandantin seinerzeit auch entsprechend umgesetzt und sie auch in den nachfolgenden, von Minderheitsaktionären angestrengten Gerichtsverfahren und bei der oben beschriebenen Verfassungsbeschwerde betreut.

Warth & Klein Grant Thornton ist eine der größten partnerschaftlich geführten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland mit über 750 Mitarbeitern an elf Standorten. Sie betreut einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Wirtschaft mit Unternehmen und Institutionen aus nahezu allen Branchen sowie private Vermögensinhaber. Die Services umfassen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Corporate Finance & Advisory Services sowie Private Finance. Bei grenzüberschreitenden Aufgabenstellungen arbeitet sie seit mehr als zehn Jahren mit „Grant Thornton International“ zusammen, einer weltweit tätigen Dachorganisation unabhängiger Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.

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