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Entwaldungsverordnung, Elektronische Rechnung und Produktsicherheitsverordnung

18.10.2024  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Gesetzgeber hat wieder zugeschlagen. Händler und Hersteller müssen sich ab Dezember 2024 bzw. Anfang 2025 auf zahlreiche neue Regelungen einstellen und sollten schon jetzt tätig werden. Rechtsanwalt Rolf Becker aus Alfter informiert über die neuen Pflichten.

EU-Entwaldungsverordnung (EUDR)

Die EUDR ist eine Maßnahme im Rahmen des Green Deal, die die alte Holzhandelsverordnung ablöst. Es geht um eine Reihe von Waren, bei denen für die Ersteinführung, das Inverkehrbringen/Bereitstellen in der EU und beim Export neue verschärfte Regelungen mit Anforderungen an die Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette gelten. Ohne Einhaltung ist der Handel verboten. Betroffen sind bislang Holz, Palmöl, Kaffee, Kakao, Rind, Soja und Kautschuk, für die umfassende Transparenzpflichten und Dokumentationspflichten begründet werden. Die Liste kann künftig erweitert werden. Verpflichtet werden Marktteilnehmer als Inverkehrbringer der Waren und Händler, die Produkte oder Rohstoffe auf dem Markt bereitstellen.

Die Produkte müssen „entwaldungsfrei“ und zudem nach dem einschlägigen Recht des Ursprungslandes erzeugt worden sein und es muss eine sog. Sorgfaltspflichterklärung vorliegen.

Entwaldungsfrei sind Produkte nur, wenn für sie nach dem 31.12.2020 kein natürlicher Wald in Landwirtschaftsflächen oder Baumplantagen umgewandelt wurde. Dies gilt unabhängig von der rechtlichen Zulässigkeit im Ursprungsland. Druckerzeugnisse müssen aus Papier hergestellt sein, dessen Holz aus dem Wald geschlagen wurde, ohne dass es dort nach dem 31. Dezember 2020 zu Entwaldung oder Waldschädigung gekommen ist.

Wichtige Ausnahmen gelten für 100-prozentige Recyclingwaren, also für Waren, deren Lebenszyklus bereits abgeschlossen ist sowie für Verpackungsmaterialien, die allein zum Unterstützen, Schützen oder Tragen von Waren dienen, Bedienungsanleitungen und Bambusprodukte. Ausgenommen sind auch Produkte, die vor dem 29.06.2023 (Inkrafttreten der EUDR) erzeugt wurden, außer wieder Holz, das unter die alte Regelung der EUTR fiel.

Wann gelten die Regelungen?

Eigentlich sollen große und mittlere Unternehmen schon am 30.12.2024 verpflichtet sein (sog. Nicht KMU, > 50 Mitarbeitende, > 10 Mio. EUR Umsatz und > 5 Mio. EUR Bilanzsumme). Ab 30.06.2025 sind kleine und Kleinstunternehmen (KMU) verpflichtet (Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen (< 50 Mitarbeitende, < 10 Mio. EUR Umsatz, < 5 Mio. EUR Bilanzsumme).

Vielleicht kommt es noch zu einer zeitlichen Verschiebung von jeweils 12 Monaten. Es liegt seit 02.10.2024 ein entsprechender Vorschlag der EU-Kommission vor.

Elektronische Rechnung wird Pflicht

Zumindest gilt ab 01.01.2025 der bisherige Vorrang der Papierrechnung nicht mehr. Unter E-Rechnungen sind insbesondere maschinenlesbare Rechnungen (Rechnungen in einem strukturierten elektronischen Format mit Syntaxen gem. RL 2014/55/EU). Das erfüllt auch die bekannte XRechnung, aus dem öffentlichen Auftragswesen oder das ZUGFeRD-Format (PDF plus xml-Datei). Die Pflicht zur elektronischen Rechnung betrifft nur B2B-Abrechnungen. Bei Verbrauchern benötigt man sogar deren Einwilligung, will man elektronische Rechnungen im neuen Sinn versenden. Aber es gibt noch Übergangsregelungen. Die PDF-Rechnung kann z.B. noch bis Ende 2026 genutzt werden, wenn der Empfänger zustimmt. Weist der Rechnungsersteller weniger als 800.000 Euro Umsatz in 2026 auf, geht das auch noch bis Ende 2027. Dann ist allerdings Schluss und die Pflicht zur elektronischen Rechnung erfasst alle Rechnungsersteller für inländische Rechnungen.

Für die Übermittlung der Rechnung gibt es keine besonderen Vorgaben. Wie bislang ist hier ggf. der Datenschutz zu beachten. Ansonsten geht das auch per E-Mail, Download im Kundenportal oder Datenschnittstelle.

Natürlich sind die Rechnungen in ihrem ursprünglichen strukturierten Format aufzubewahren und unveränderbar für 10 Jahre zu archivieren. Das gilt auch, wenn zusätzlich etwa eine lesbare PDF versendet wird.

Produktsicherheitsverordnung ab 13. Dezember 2024

Marktteilnehmer, die Produkte für Verbraucher verkaufen, müssen die neue Produktsicherheitsverordnung beachten, die ab dem 13. Dezember 2024 gilt (EU-Produktsicherheitsverordnung). Der EU-Gesetzgeber hat die alte allgemeine Produktsicherheitsrichtlinie (RL 2001/95/EG) durch eine dann unmittelbar in allen EU-Staaten anwendbare Verordnung für Verbraucherprodukte mit neuen Infopflichten und mit neuen Verpflichteten (Fulfillment, Plattformen) ersetzt

Es geht um sichere Produkte für Verbraucher, die mit digitalen Elementen immer komplexer werden und neue Risiken beinhalten, etwa ein digitales Eindringen in das heimische Netzwerk ermöglichen. Es gelten bestimmte Compliance Vorgaben mit zu dokumentierenden Risikoabwägungen und Informationspflichten. Andere Regelungen, wie z.B. Spielwarenverordnung, Biozidverordnung, CE-Richtlinien wie zu RED, EMV, Low Voltage usw. bleiben ebenfalls zu beachten.

Was sind Produkte?

Nach Art. 3 Ziffer 1 GPSR bezeichnet der Ausdruck:

„Produkt“ jeden Gegenstand, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Gegenständen entgeltlich oder unentgeltlich — auch im Rahmen der Erbringung einer Dienstleistung — geliefert oder bereitgestellt wird und für Verbraucher bestimmt ist oder unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen wahrscheinlich von Verbrauchern benutzt wird, selbst wenn er nicht für diese bestimmt ist;“

Damit sind nicht nur für Verbraucher ausdrücklich bestimmte Produkte erfasst.

Weiter heißt es in Art. 2 Abs. 3 GPSR:

Diese Verordnung gilt für neue, gebrauchte, reparierte oder wiederaufgearbeitete Produkte, die in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden. Sie gilt nicht für Produkte, die vor ihrer Verwendung repariert oder wiederaufgearbeitet werden müssen, wenn diese Produkte als solche in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden und eindeutig als solche gekennzeichnet sind.

Bestimmte Produkte, wie „Antiquitäten“ (also auch antiquarische Bücher) oder Kunstgegenstände/Sammlerstücke sind ausgenommen. Von ihnen kann nicht erwartet werden kann, dass sie die Sicherheitsanforderungen erfüllen.

Wer wird verpflichtet?

Alle Wirtschaftsakteure, die Teil der Liefer- und Vertriebskette sind, sollten geeignete Maßnahmen ergreifen, um sichere Produkte im Sinne der Verordnung auf dem Markt bereitzustellen. Damit sind Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer, Händler oder jede andere Person, die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Herstellung von Produkten, deren Bereitstellung auf dem Markt oder deren Inbetriebnahme gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften unterliegen, umfasst.

Hersteller ist dabei auch jede Person, die ein Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Handelsmarke in Verkehr bringt. Auch wer ein Produkt wesentlich verändert und dabei Sicherheitsaspekte berührt, muss sich an die Verordnung halten. Einmal mehr werden Anbieter von Online-Marktplätzen in die Pflicht genommen, die nach Erwägungsgrund 45 in der Lieferkette und somit auch für das Produktsicherheitssystem eine entscheidende Rolle spielen.

Dabei kann ein Akteur aus mehreren Gesichtspunkten Pflichten erfüllen müssen. In dem sog. Erwägungsgrund 46 hat der Gesetzgeber ein Beispiel aufgeführt:

„Vertreibt beispielsweise der Anbieter des Online-Marktplatzes auch ein Produkt, so wird er in Bezug auf den Verkauf des vertriebenen Produkts als Händler betrachtet. Ebenso würde das betreffende Unternehmen, wenn es seine eigenen Markenprodukte verkauft, als Hersteller auftreten und müsste somit die für Hersteller geltenden Anforderungen erfüllen. Einige Unternehmen können auch als Fulfilment-Dienstleister gelten, wenn sie Fulfilment-Dienstleistungen anbieten. Die betreffenden Fälle müssten somit im Einzelfall bewertet werden.“

Informationspflichten und verschärfter Produktrückruf

Zum Zweck der Erleichterung von Überprüfungen in der gesamten Lieferkette und zur Information der Verbraucher, sind die oben aufgeführten Wirtschaftsakteure und Online-Marktplätze verpflichtet, Produkte nur mit bestimmten Informationen in Verkehr zu bringen. Die Produkte sollten daher Angaben aufweisen, die eine Identifizierung des Produkts selbst sowie die Ermittlung des Herstellers und gegebenenfalls des Einführers und weiterer relevanter Wirtschaftsakteure ermöglichen.

Zentral ist die Norm in Artikel 19 GPSR:

Pflichten der Wirtschaftsakteure im Hinblick auf den Fernabsatz
Stellt ein Wirtschaftsakteur Produkte online oder über eine andere Form des Fernabsatzes auf dem Markt bereit, so muss das Angebot dieser Produkte mindestens die folgenden eindeutigen und gut sichtbaren Angaben enthalten:
a) den Namen, den eingetragenen Handelsnamen oder die eingetragene Handelsmarke des Herstellers sowie die Postanschrift und die E-Mail-Adresse, unter denen er kontaktiert werden kann,
b) Falls der Hersteller nicht in der Union niedergelassen ist: den Namen, die Postanschrift und die E-Mail-Adresse der verantwortlichen Person im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 dieser Verordnung oder des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1020,
c) Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen, einschließlich einer Abbildung des Produkts, seiner Art und sonstiger Produktidentifikatoren, und
d) etwaige Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen, die gemäß dieser Verordnung oder den anwendbaren Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union in einer Sprache, die für die Verbraucher leicht verständlich ist und die der Mitgliedstaat festlegt, in dem das Produkt auf dem Markt bereitgestellt wird, auf dem Produkt oder auf der Verpackung anzubringen oder in einer Begleitunterlage beizufügen sind.

In Gefahrenfällen müssen Hersteller die zuständigen Behörden informieren und Maßnahmen zur Korrektur und Gefahrenabwendung treffen (z.B. Produktrückruf über das neue Safety-Business-Gateway). Dazu haben die Hersteller vorab öffentlich zugängliche Kommunikationskanäle bzw. einen Bereich auf ihrer Homepage einzurichten, die es Verbrauchern ohne weiteres ermöglichen Beschwerden einzureichen. Eingehende Beschwerden sind in einem internen Verzeichnis zu führen.

Online-Marktplätze werden noch weitergehend in die Pflicht genommen und die Vorgaben für Produktrückrufe werden verschärft.

Compliance Prozesse

Besonders zeitaufwändig und damit früh zu starten sind die neuen nach Art. 14 vorgesehenen Compliance Prozesse als „interne Verfahren zur Gewährleistung der Produktsicherheit“. Danach stellen die Wirtschaftsakteure sicher, dass sie über interne Verfahren zur Gewährleistung der Produktsicherheit verfügen, die es ihnen ermöglichen, die einschlägigen Anforderungen dieser Verordnung zu erfüllen. Dabei wird auch die Cybersicherheit der Produkte jeweils zu bewerten sein.

Verkaufskanäle sind alle erfasst

Die Verordnung kennt keine Beschränkungen für bestimmte Verkaufskanäle. Der Fernabsatz auch mit den Online-Verkäufen wird ausdrücklich genannt (Erwägungsgrund 20). Dabei setzen Pflichten schon beim erstmaligen Inverkehrbringen ein. Dieser Zeitpunkt wird vorverlagert. Er startet, wenn ein Produkt online oder im Fernabsatz an Verbraucher in der Union angeboten wird (Art. 4 Fernabsatz).

Fazit

2025 bringt viele neue Vorgaben und einige davon bergen ein hohes bürokratisches Potential und damit Aufwand, der frühzeitig geordnet angegangen werden muss.

Bild: MichaelGaida (Pixabay, Pixabay License)

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