24.09.2019 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Stiftung Warentest.
Die Sonderabschreibung allein macht aus einer Immobilie keine Goldgrube. Die Auswirkungen auf die langfristige Wirtschaftlichkeit von Immobilien sind eher gering. Einen Anreiz, in Neubauten zu investieren, bietet die steuerliche Förderung aber schon.
Das „Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus“ hatte der Bundestag schon Ende November 2018 verabschiedet. Doch im Bundesrat geriet die Abstimmung zur Hängepartie. Die Länderkammer nahm das Gesetz kurzerhand von der Tagesordnung und ließ es ein halbes Jahr lang in der Schublade schmoren. Ende Juni 2019 stimmte der Bundesrat doch noch mit knapper Mehrheit zu. Seit August ist das Gesetz in Kraft. Wer eine neue Wohnung baut oder kauft und vermietet, kann jetzt in den ersten vier Jahren jeweils 5 Prozent der Gebäudekosten als Sonderabschreibung geltend machen – bis zu einer Grenze von 100 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und zusätzlich zur normalen Abschreibung von 2 Prozent im Jahr.
Die Sonderabschreibung allein macht aus einer Immobilie keine Goldgrube. Einen Anreiz, in Neubauten zu investieren, bietet die steuerliche Förderung aber schon. Für den Kauf einer neu gebauten Mietwohnung mit 100 Quadratmetern Wohnfläche kann ein Vermieter dank Sonderabschreibungen in den ersten vier Jahren zusammen bis zu 40 000 Euro zusätzlich absetzen. Gutverdiener mit einem Steuersatz von 42 Prozent erzielen dadurch eine Steuerersparnis von 16 800 Euro.
Anleger: Lassen Sie sich beim Kauf einer Immobilie zur Vermietung nicht in erster Linie von der Aussicht auf Steuervorteile leiten. Wichtiger sind der Kaufpreis, die erzielbare Miete, eine attraktive Lage sowie eine solide und günstige Finanzierung.
Baukostengrenze: Achten Sie darauf, dass die Gebäudekosten die Grenze von 3 000 Euro pro Quadratmeter nicht übersteigen – inklusive anteiliger Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchgebühren. Sind die Kosten auch nur geringfügig höher, entfällt die Sonderabschreibung.
Um von der Sonderabschreibung zu profitieren, müssen Bauherren und Käufer allerdings einige Bedingungen einhalten. Gefördert werden nur Neubauten, für die der Antrag auf Baugenehmigung ab dem 1. September 2018 gestellt wurde oder noch bis zum 31. Dezember 2021 eingereicht wird. Die Befristung soll Kapitalanleger motivieren, möglichst schnell in neue Mietwohnungen zu investieren. Bauherren und Käufer müssen zudem eine Obergrenze bei den Baukosten einhalten: Die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten dürfen 3 000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen – sonst ist es mit der Sonderabschreibung vorbei.
Das Kostenlimit könnte für Immobilienanleger vor allem in Großstädten zum Problem werden. Dort sind die Kapazitäten der Bauwirtschaft weitgehend ausgeschöpft und die Baupreise deutlich höher als etwa in ländlichen Regionen. Und zu den Gebäudeanschaffungskosten zählen nicht nur die Baukosten, sondern auch anteilige Nebenkosten, etwa für Grunderwerbsteuer, Maklerprovision, Notarkosten und Grundbuchgebühren für den Eintrag als neuer Eigentümer. Es reicht deshalb nicht aus, wenn der im notariellen Kaufvertrag genannte Preis für das Gebäude unter 3 000 Euro pro Quadratmeter liegt. Beträgt der anteilige Gebäudepreis 2 800 Euro, wird die Kostengrenze bereits bei Nebenkosten von 7,2 Prozent des Kaufpreises überschritten.
Käufer können nicht darauf spekulieren, dass das Limit in Gebieten mit angespannter Wohnungslage bald auf 3 500 Euro angehoben wird. Darüber haben zwar mehrere Zeitungen berichtet. Doch solche Überlegungen sind vom Tisch, bestätigte uns eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums.
Die Sonderabschreibung gibt es nur für langfristig vermietete Immobilien. Der Eigentümer muss sie im Jahr der Fertigstellung und in den neun Folgejahren vermieten. Eigentümer, die ihre Wohnung vorher verkaufen, die selbst einziehen, sie leer stehen lassen oder an wechselnde Feriengäste vermieten, verlieren die Förderung.
Wer nicht selbst baut, sondern zum Beispiel eine Wohnung vom Bauträger kauft, muss außerdem beachten: Sonderabschreibungen können Käufer nur beanspruchen, wenn sie die Wohnung im Jahr der Fertigstellung anschaffen. Dabei kommt es nicht darauf an, wann sie den Kaufvertrag abgeschlossen haben oder als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wurden. Als Anschaffungstermin gilt vielmehr der üblicherweise im Kaufvertrag festgelegte Termin des Lastenwechsels. Das ist der Tag, an dem der Käufer wirtschaftlicher Eigentümer wird und über die Wohnung verfügen kann.
Die Sonderabschreibungen können Eigentümer im Jahr der Fertigstellung und in den drei Folgejahren in Anspruch nehmen. Aber nicht immer geht das vier Jahre lang: Sonderabschreibungen sind längstens bis 2026 möglich. Danach ist Schluss, auch wenn der Eigentümer den Förderzeitraum von vier Jahren noch nicht ausgeschöpft hat.
Beispiel: Der Bauantrag wird 2021 gestellt. Das Gebäude ist aber erst 2024 bezugsfertig, weil sich der Bau oder dessen Genehmigung verzögert. Der Bauherr oder Käufer kann Sonderabschreibungen dann nur für drei Jahre (2024 bis 2026) geltend machen.
Wer eine Wohnung vermietet, erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die er in seiner Einkommensteuererklärung in der Anlage V angeben muss. Steuerpflichtig ist der jährliche Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten, die mit der Vermietung zusammenhängen.
Zu den Einnahmen zählen die Mieten und die vom Mieter gezahlten Betriebskosten (Umlagen und Nachzahlungen). Zu den Werbungskosten gehören Abschreibungen auf das Gebäude und mitvermietete Einrichtungsgegenstände, Betriebskosten, Verwaltungs- und Instandhaltungskosten, Kreditzinsen (aber keine Tilgung) und Geldbeschaffungskosten, etwa Notar- und Grundbuchgebühren für die Grundschuldbestellung.
Die gute Nachricht: Übersteigen die Werbungskosten die Einnahmen – zum Beispiel wegen hoher Sonderabschreibungen –, kann der Verlust mit anderen Einnahmen verrechnet werden. Der Vermieter zahlt dann insgesamt weniger Steuern.
Durch die Sonderabschreibungen profitieren Eigentümer in den ersten vier Jahren von erheblichen Steuervorteilen. Sie sollten die Auswirkungen auf die langfristige Wirtschaftlichkeit von Immobilien aber nicht überschätzen:
Je höher die Grundstücks- und Baupreise und je länger der Anlagezeitraum, desto weniger wirken sich die Sonderabschreibungen auf die Rentabilität einer Immobilie aus. Nach Finanztest-Berechnungen bringen Sonderabschreibungen bei einem Anlagezeitraum von 20 Jahren meist nur einen Renditevorteil von 0,4 bis 0,7 Prozent im Jahr. In Zeiten von Null- und Negativzinsen ist das nicht zu verachten. Damit eine Immobilie wirklich rentabel ist, muss sie sich aber auch ohne Steuervorteile rechnen. Wichtiger sind ein angemessener Kaufpreis, die erzielbare Miete, die Lage natürlich und eine solide Finanzierung.
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