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Kein Urlaub? „Dann bin ich eben krank!“

16.07.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern.

Droht der Arbeitnehmer bei absehbarer Ablehnung seines Urlaubsantrags damit, sich in dieser Zeit unbegründet krank zu melden, stellt das eine ausreichende Begründung für eine außerordentliche Kündigung dar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung durch den Arbeitgeber. Die Klägerin war bei der Beklagten, die ein Hotel betreibt, seit Anfang März 2010 als Reinigungskraft beschäftigt. Die Klägerin arbeitete 42 Stunden in der Woche und hat dafür 1.100 Euro brutto im Monat verdient. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer.

Der Kündigungsanlass entstand in Anschluss an die Ablehnung eines Urlaubsgesuchs der Klägerin.

Die Klägerin hatte am 4. Oktober 2010 bei der Beklagten beantragt, vom 28. Oktober bis zum 7. November Urlaub zu erhalten. Der Antrag wurde zunächst nicht beschieden. Am 18. Oktober 2010 ist sodann die Hausdame der Beklagten, Frau W., auf die Klägerin zugegangen und hat ihr erklärt, der Urlaubsantrag müsse abgelehnt werden. Zur Begründung hat sie sich darauf bezogen, dass am 31. Oktober gleichzeitig 90 Zimmer durch Gäste geräumt würden und daher zu diesem Zeitpunkt besonders viel Arbeit im Reinigungsbereich anfallen werde. Sie hat ihr stattdessen vorgeschlagen, einen gleich langen Urlaub im November anzutreten. Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung der Frau W. als Zeugin in seinem Urteil festgestellt, dass die Klägerin darauf erwidert hat, „nö, dann bin ich eben krank“. Tatsächlich ist die Klägerin wie angekündigt seit dem 25. Oktober 2010 nicht mehr zur Arbeit erschienen und hat stattdessen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über 2 Wochen vorgelegt.

Daraufhin hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter dem 26. Oktober fristlos zum 27. Oktober 2010, hilfsweise ordentlich, gekündigt. Die Klägerin begehrt mit der noch im Oktober 2010 bei Gericht eingegangenen Klage Kündigungsschutz.

(…)

Entscheidungsgründe

(…)

Es liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung im Sinne von § 626 BGB vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung durch den Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitgeber einem unberechtigten Verlangen auf Gewährung von Urlaub nicht entsprechen sollte, ohne Rücksicht auf eine später tatsächlich auftretende Krankheit an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Die Pflichtwidrigkeit der Ankündigung einer Krankschreibung bei objektiv nicht bestehender Erkrankung im Zeitpunkt der Ankündigung liegt in erster Linie darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. Mit einem solchen Verhalten verletzt der Arbeitnehmer seine aus der Rücksichtnahmepflicht folgende Leistungstreuepflicht erheblich. Zugleich wird durch die Pflichtverletzung das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit und Loyalität des Arbeitnehmers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt, so dass in einer solchen Erklärung regelmäßig auch ohne vorausgehende Abmahnung ein die außerordentliche Kündigung an sich rechtfertigender verhaltensbedingter Grund zur Kündigung liegt. Da der wichtige Grund zur Kündigung in der ausdrücklich oder konkludent erklärten Bereitschaft des Arbeitnehmers zu sehen ist, sich die begehrte Freistellung notfalls durch eine in Wahrheit nicht vorliegende Arbeitsunfähigkeit zu verschaffen, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Arbeitnehmer später (zufällig) tatsächlich erkrankt oder nicht.

Ein solcher Fall liegt hier vor. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt.

Der Klägerin ist es nicht gelungen, Indizien vorzutragen, die darauf hindeuten, dass sie bereits am 18. Oktober 2010, also am Tag der streitigen Äußerung, arbeitsunfähig erkrankt gewesen war. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selbst lässt keine ausreichenden Rückschlüsse zu. Sie ist zwar für eine ungewöhnlich lange Zeit ausgestellt, das kann aber nicht als Indiz für eine ungewöhnlich schwere Krankheit gewertet werden, da sich die Klägerin zu den Ursachen ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht eingehend geäußert hat. In der Klageschrift hatte sie erwähnt, dass sie an Bronchitis erkrankt sei. Legt man dies zu Grunde, gibt es keinerlei Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass sich dieses Leiden bereits am 18. Oktober 2010 angedeutet hatte. Legt man den weiteren Prozessvortrag mit dem Schulterleiden zu Grunde, lässt auch dies nicht den Schluss zu, dass die Klägerin bereits am 18. Oktober 2010 arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist. Denn es ist nicht ersichtlich weshalb dieses Leiden, das seit rund 3 Monaten ohne Eintritt der Arbeitsunfähigkeit medikamentös behandelt wurde, nunmehr zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben soll. Der bloße Hinweis auf den Arztbesuch vom 7. Oktober 2010 und die seinerzeit schon erhöhten Schmerzen lassen keine seriösen Schlüsse auf das Ausmaß des klägerischen Leidens am 18. Oktober 2010 zu.

(…)

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13.12.2011, AZ 5 Sa 63/11 (in Auszügen)

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