23.07.2019 — Jasmin Dahler. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Vielen kommt bei den Worten sexuelle Belästigung die weibliche Sekretärin, die von ihrem Chef belästigt wird, in den Sinn. Tatsächlich handelt die Mehrheit der bekannten Fälle von belästigten Frauen. Bereits in einer 2014 erschienenen Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wurde festgestellt, dass 40 % aller in Deutschland lebenden Frauen seit ihrem 16. Lebensjahr sexuelle oder körperliche Gewalt erlebt haben.
In einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2015 stellte sich heraus, dass 49 % der befragten Frauen und 56 % der befragten Männer bereits Erfahrung mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gemacht haben.
Beispiel aus der Rechtsprechung:
Einem Mitarbeiter in einem Secondhandladen wird fristlos gekündigt, als der Arbeitgeber beobachtet, wie der Arbeitnehmer eine gehörlose und stumme Arbeitnehmerin begrapscht. Die Arbeitnehmerin teilt ihrem Arbeitgeber später mit, dass es sich hierbei nicht um eine Einzeltat gehandelt hat. Er hätte sie öfter angefasst und war so zudringlich, dass sie sich mit Schlägen wehren musste.
Der Arbeitnehmer klagt gegen die Kündigung, doch das Arbeitsgericht weist die Klage ab. Das Gericht bewertet insbesondere zu Lasten des Klägers, da er sich die Behinderung der Frau zunutze gemacht hat.
ArbG Frankfurt/M., Urteil v. 11.02.2002–AZ:15 Ca 7402/01
Das vorherrschende Rollenbild macht es Männern jedoch schwer, sich als Opfer zu outen. Die Befürchtung, man würde ihnen nicht glauben oder gar unterstellen, dass das wohl Wunschdenken sei, ist groß.
Sowohl aus der Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes als auch aus schweizerischen Studie „Risiko und Verbreitung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz“ (2008) ging hervor, dass Frauen und Männer sexuelle Belästigung meist, aber nicht ausschließlich durch eine männliche Person erfahren.
Frauen erleben vermehrt physische und Männer verbale Belästigung. Sexuelle Belästigung findet eher auf der gleichen Hierarchiestufe zwischen Kollegen*innen statt. Die Belästigung durch Führungskräfte oder Personen in höheren Hierarchiestufen erfahren Frauen häufiger als Männer.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz findet sowohl im Büro, bei gesellschaftlichen Veranstaltungen, auf den Fluren, in Fahrstühlen, in der Kantine oder Küche sowie per E-Mails oder SMS statt. Insbesondere Männer sind vom letztgenannten mit 38 % vermehrt betroffen.
Bei einer repräsentativen Umfrage konnte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes unter anderem folgende Ergebnisse ermitteln:
Sexuelle Belästigung ist kein zufälliges Verhalten, sondern meist vorsätzlich und zielgerichtet. Dabei kann es jede*n treffen, denn Belästigungen passieren unabhängig vom Aussehen, der Kleidung oder dem allgemeinen Auftreten. Daher ist niemals das Opfer der sexuellen Belästigung schuld!
Personen, die belästigen, nehmen die belästigte Person — bewusst oder unbewusst — nicht als gleichwertige Person wahr. Sie fühlen sich der Person überlegen und möchten diesem Gefühl Ausdruck verleihen. Sexuelle Belästigung dient somit der Erniedrigung und Demütigung der Opfer.
Sexuelle Belästigung ist für die Opfer nicht nur unangenehm und demütigend, sie kann auch gravierende Folgen mit sich bringen:
Des Weiteren leidet das Betriebsklima unter der Situation und kann zu einem schlechten Ruf des Unternehmens beitragen. Welche Rechte Betroffene haben erfahren Sie im nächsten Artikel.
Quellen und Hintergründe:
Bild: McKinsey (Rawpixel, rawpixel Lizenz)
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