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Steuerschätzung in Zeiten digitaler Betriebsprüfung

25.04.2017  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Finanzgericht Münster.

Die Finanzverwaltung ist berechtigt, im Rahmen einer Betriebsprüfung digitale Buchführungsdaten der Steuerpflichtigen auszuwerten. Hierfür werden zunehmend mathematisch-statistische Prüfungsmethoden wie die sog. Summarische Risikoprüfung eingesetzt, um Manipulations(un)wahrscheinlichkeiten zu ermitteln und in Zweifelsfällen die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen.

Sowohl der Zugriff auf digitale Besteuerungsdaten als auch die Schätzung in der Betriebsprüfung sind Themen, die insbesondere für den Einzelhandel, der das Münsterland wirtschaftlich stark prägt, von Bedeutung sind. Im Einzelfall können hier bei allen Beteiligten Unsicherheiten bestehen: Wie weit gehen die Befugnisse der Finanzverwaltung bei der Dateneinsicht und -auswertung? Welche Reichweite haben die neuen Prüfungsmethoden bei bargeldintensiven Betrieben? Sind die – oft graphisch dargestellten – Prüfungsergebnisse für Steuerpflichtige und deren Berater nachvollziehbar? Diese und andere Fragen waren Gegenstand der Veranstaltung „Das kalkulatorische Mehrergebnis im Zeitalter der digitalen Betriebsprüfung“, die am vergangenen Montag in der Aula des Schlosses in Münster vom Finanzgericht Münster in Kooperation mit der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster angeboten wurde. Mit über 280 Teilnehmern aus Rechtsprechung, Finanzverwaltung, Beraterschaft und Wissenschaft war die Veranstaltung vollständig ausgebucht.

In seiner Begrüßung wies der Präsident des Finanzgerichts Münster Johannes Haferkamp darauf hin, dass die Fortentwicklung der Betriebsprüfungsmethoden ihre Berechtigung habe, da die Prüfinstrumente an digitale Kassen- und Buchführungssysteme, die neue Manipulationsmöglichkeiten eröffneten, angepasst werden müssten. „Die Sorge der Unternehmer und Berater vor einer 'rechnerisch-technischen' Überlegenheit der Finanzverwaltung ist aber berechtigt. Eine Schätzung, die auf die Ergebnisse einer Summarischen Risikoprüfung gestützt wird, ist durch die Finanzgerichte voll überprüfbar.“

Universitätsprofessor Dr. Marcel Krumm, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Steuerrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität und zugleich im zweiten Hauptamt Richter am Finanzgericht Münster, arbeitete in seinem Grundsatzvortrag sodann die (verfassungs-) rechtlichen Problemfelder der neuen Prüfungsmethoden, die deshalb an sie zu stellenden Anforderungen und vor allem auch ihre rechtsstaatlichen Grenzen heraus. An den Vortrag schloss sich eine von Dr. Sascha Bleschick (Richter am Finanzgericht Münster) moderierte Podiumsdiskussion an, an der auch der Präsident der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe Dipl.-Betriebswirt Steuerberater Volker Kaiser und der Leiter des Betriebsprüfungsreferats der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen Ltd. Regierungsdirektor Arno Becker teilnahmen und die auch die strafrechtliche Dimension der neuen Prüfungsmethoden in den Blick nahm. „Ein automatisches 'Der Graph schlägt aus, die Fahndung kommt' gibt es nicht“, erklärte Arno Becker. Es sei immer das Ziel der Betriebsprüfer, ein Gesamtbild der betrieblichen Daten zu erhalten. Volker Kaiser hob hervor, dass diese Prüfung und Wertung der tatsächlichen individuellen Verhältnisse des einzelnen geprüften Betriebes der entscheidende Gesichtspunkt bei der Anwendung der neuen digitalen Prüfungsmöglichkeiten sein müsse.

Die Veranstaltung klang mit einem gemeinsamen Imbiss aus, der von den Teilnehmern zur weiteren Diskussion in lockerer Runde genutzt wurde.




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