04.09.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Die Situation entlang der Lieferketten hat sich stark gewandelt, doch die Belastung ist unverändert hoch. Momentan sind es nicht mehr vornehmlich Engpässe in den globalen Lieferketten, die Unternehmen vor Herausforderungen stellen. Seit dem Ende der Corona-Pandemie sind die meisten Rohstoffe und Vorprodukte wieder verfügbar, doch das Ausfallrisiko ist ähnlich groß. Der Druck auf die Lieferketten ist zunehmend geprägt von globalen Umwälzungen und sich überlagernden Krisen, welche die permanente Unsicherheit zur neuen Normalität machen. Bislang bewährte Lieferketten erweisen sich als fragil und sind für die Zukunft nur schwer und mit viel Aufwand krisenfest zu machen. Die umfassende Absicherung der Wertschöpfung und vor allem der Aufbau langfristiger Resilienz sind notwendige Kernaufgaben.
Die Lieferkettensituation hat sich seit der Corona-Pandemie etwas entspannt, das aktuelle Ausfallrisiko der Lieferkette bleibt aber unverändert hoch im Vergleich zum letzten Jahr. Langfristig erwarten die befragten Unternehmen aber eine noch stärkere Verschlechterung der Lieferkettensituation als im Herbst 2023. Eine große Mehrheit rechnet zukünftig mit Mehrkosten und damit mit geringeren Margen – aufgrund unvorhersehbarer Risiken in den globalen Lieferketten.
Die Sorge um die Attraktivität und Unternehmensfreundlichkeit des Standorts Deutschland ist weiterhin groß, vor allem wegen der wahrgenommenen hohen Regulatorik, der aktuellen Energiepolitik und des Fachkräftemangels. Zusätzlich besteht zunehmende Sorge um eine mögliche Eskalation des China-Taiwan-Konflikts und dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft.
Vor dem Hintergrund der weiterhin sinkenden Standortattraktivität Deutschlands plant gut die Hälfte der Unternehmen weitere Verlagerungen mit einem stärkeren Fokus auf höherwertige Bereiche der Wertschöpfung. Eine große Mehrheit will aber mit gezielter Digitalisierung und Automatisierung am Standort weiter erfolgreich produzieren.
Hohe Investitionskosten halten eine große Mehrheit (76%) der Befragten noch von einer umfassenden Einführung der Zirkularität ab. Als hinderlich erweist sich auch, dass viele Kunden keinen Aufpreis für nachhaltige Produkte bezahlen wollen. Zwei Drittel der Befragten erkennen aber das Potenzial der Kreislaufwirtschaft zur Erhöhung der Resilienz, zur Reduktion von Abhängigkeiten und als Chance für den Standort.
In Vorbereitung auf künftige Krisen sollten Unternehmen jetzt noch stärker Kosteneinsparungspotenziale entlang der gesamten Lieferkette ausschöpfen. Laufende Risikoanalyse und vorausschauende Planung über alle Stufen der Lieferkette hinweg sind unabdingbar. Angesichts globaler Umwälzungen und anhaltender Krisen bedarf es auch einer stärkeren Anpassung der globalen Strategien der Wertschöpfung, wobei Friendshoring/Nearshoring zur Steigerung der Resilienz in Betracht gezogen werden sollten.
Viele der Entwicklungen, die den Standort beeinträchtigen, bestehen schon seit längerer Zeit und sind nur schwer beeinflussbar. Unternehmen sollten demnach den Blick noch stärker nach innen richten. Sie sollten eigene Komplexitäten hinterfragen und interne Bürokratie abbauen, neue Regulierungen zum eigenen Vorteil nutzen, innovative Energiekonzepte für die Produktion in Deutschland ausloten und ihre Unternehmensattraktivität im Wettbewerb für neue Talente einsetzen.
Unternehmen sollten immer eine längerfristige Perspektive bei Verlagerungsentscheidungen einnehmen, unter Berücksichtigung aller Standortfaktoren. Engineering-Know-how und Innovationskraft am Standort Deutschland sollten nicht unterschätzt werden und für eine umfassende Digitalisierung und Automatisierung der heimischen Produktion eingesetzt werden. KI-Ökosysteme, Partnerschaften und Kooperationen sollten stärker als Differenzierungs- und Skalierungschancen genutzt werden.
Zur Erhöhung der Resilienz sollten Unternehmen verstärkt kritische Rohstoffe und Materialeinsparungen in der gesamten Wertschöpfungskette fokussieren. Digitalisierung und neue Technologien sind ebenfalls wichtige Hebel, größere Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette zu erreichen. Zudem sollten Unternehmen beim Thema Zirkularität mehr Partner suchen, um Skaleneffekte zu erzielen.
Die Befragung wurde im Zeitraum vom 22. April bis 22. Mai 2024 durchgeführt. Teilgenommen haben 128 Lieferketten-Verantwortliche von Großunternehmen sowie von kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMUs) in Deutschland, vorwiegend aus den Branchen Maschinenbau/Industriegüter, Automobil, Chemie, Bauwesen sowie Transport und Logistik. 73 Prozent der Befragten sind Lieferketten-Verantwortliche in Großunternehmen und 27 Prozent in KMUs. Bei drei Fünfteln der Befragten handelt es sich um Unternehmen, die Services/Aftersales mit Kundendienst und Ersatzteilversorgung als Teil ihres Geschäfts aufweisen.
Bild: Neron Photos (Pexels, Pexels Lizenz)
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