30.05.2017 — Timm Haase. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Ziel des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) ist der Schutz von Umwelt und Gesundheit. Das ElektroG verpflichtet u.a. die Hersteller, Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte zu übernehmen. Die Kommunen sind verpflichtet, Elektro- und Elektronik-Altgeräte aus Privathaushalten an Sammelstellen entgegenzunehmen. Dort sind sie von den Herstellern abzuholen und fachgerecht zu entsorgen. Für die fachgerechte Entsorgung von Geräten, die ausschließlich im gewerblichen Bereich eingesetzt und nach dem 13. August 2005 in Verkehr gebracht wurden, sind ebenfalls die Hersteller verpflichtet. Wurden die Geräte vor dem 13. August 2005 in Verkehr gebracht, obliegt die fachgerechte Entsorgung den jeweiligen Besitzern.
Die klagende GmbH ist seit Anfang 2005 bei der Stiftung E als Herstellerin im Sinne des ElektroG registriert. E ist die "Gemeinsame Stelle" der Hersteller gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 ElektroG und vom Umweltbundesamt mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im Sinne des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes betraut. Sie registriert die Hersteller und koordiniert die Bereitstellung von Sammelbehältern sowie die Abholung der Altgeräte. E erlässt in Ausübung ihrer hoheitlichen Aufgaben u. a. Abholanordnungen und Bereitstellungsanordnungen und stellt den Herstellern für diese Aufgaben Gebühren in Rechnung.
Die von der Klägerin im Rahmen ihrer Steuererklärungen für die Streitjahre vorgelegten Bilanzen wiesen auch Rückstellungen für Entsorgungskosten von Energiesparlampen nach dem ElektroG auf, sowohl für nach dem 13. August 2005 in Verkehr gebrachte und an E gemeldete als auch für nicht gemeldete Mengen und zusätzlich für 2007 für vor dem Stichtag veräußerte und für 2009 für erst 2010 gemeldete Lampen. Das Finanzamt erkannte diese Rückstellungen nicht an. Das Finanzgericht folgte der eingereichten Klage lediglich in Bezug auf die nach dem Stichtag in den Verkehr gebrachten und an E gemeldeten Leuchtmittel.
Der BFH hob die Entscheidung des Finanzgerichts wieder auf. Das Finanzgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass das Finanzamt die Bescheide für die Streitjahre ändern konnte, es hat aber zu Unrecht angenommen, dass für die in der Zeit ab dem 13. August 2005 in Verkehr gebrachten und der E gemeldeten Energiesparlampen Rückstellungen betreffend deren Entsorgungskosten zu bilden seien. Die Anschlussrevision der Klägerin ist als unbegründet zurückzuweisen, da weder für die vor dem 13. August 2005 in Verkehr gebrachten noch für die nach diesem Zeitpunkt in Verkehr gebrachten, aber der E nicht gemeldeten Energiesparlampen noch für die der E erst 2010 gemeldeten LED-Leuchten die Voraussetzungen eines Rückstellungsausweises vorliegen.
Die Verpflichtung trifft nicht den Hersteller im Umfang der seiner Verkäufe, sondern alle nach dem Stichtag am Markt tätigen Hersteller. Der Umfang der Entsorgungsverpflichtung richtet sich nach dem Anteil der aktuellen Marktteilnahme. Nach diesem Anteil hat der Hersteller Altgeräte auch dann zu entsorgen, wenn er vor dem Stichtag entsprechende Geräte gar nicht in den Verkehr gebracht hat. Die Verpflichtung ergibt sich demnach nicht aus einem in der Vergangenheit realisierten Tatbestand, sondern knüpft an die aktuelle Marktteilnahme an. Für die Verpflichtung zur Entsorgung von vor dem 13. August 2005 in Verkehr gebrachten Energiesparlampen können demnach mangels hinreichenden Vergangenheitsbezugs keine Rückstellungen gebildet werden.
Für die vom Stichtag an veräußerten, aber nicht gemeldeten Lampen scheitert die Rückstellungsbildung daran, dass keine konkretisierende Abholverfügung vorliegen bzw. ergehen kann. Rückstellungen für Verpflichtungen, ab dem 13. August 2005 in Verkehr gebrachte Energiesparlampen zu entsorgen, können demnach erst gebildet werden, wenn sich diese Pflichten durch den Erlass einer Abholanordnung hinreichend konkretisiert haben.
Quelle:
BFH-Urteil vom 25.1.2017, I R 70/15, veröffentlicht am 24.5.2017
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