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Vorsteuerabzug aus innergemeinschaftlichen Erwerben - Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs

15.02.2011  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Lesen Sie hier einen aktuellen Beitrag von Steuer-Experte Udo Cremer.

Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, nach der der Unternehmer die Steuer für den innergemein­schaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen als Vorsteuer abziehen kann, gilt nicht für den Fall, dass der Unternehmer im Mitgliedstaat der Identifizierung mehrwertsteuerpflichtig ist, weil er die Besteuerung des fraglichen innergemeinschaftlichen Erwerbs im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung nicht nachgewiesen hat.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH. Unter Verwendung ihrer deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erwarb die Klägerin im Streitjahr 2000 Mobilfunktelefone von italienischen Unternehmern und veräußerte diese an italienische Abnehmer weiter. Die Ware wurde hierbei teilweise von Italien nach Österreich und wieder zurück nach Italien verbracht, teilweise verblieb sie in Italien. Die Rechnungen über von der Klägerin gelieferte Mobilfunktelefone wurden von ihr ohne Ausweis von Umsatzsteuer erteilt. Lieferungen im Inland führte sie nicht aus. Die Erwerbe wurden als steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe unter Abzug der entsprechenden Vorsteuer in der USt-Erklärung angegeben. Nach erhobener Klage im Zusammenhang mit anderen Tatbeständen führte das FG u.a. aus, dass die Klägerin den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs gegen Entgelt verwirklicht, soweit die gehandelten Mobilfunktelefone nicht nur innerhalb Italiens an einen anderen Ort, sondern auch über die Grenze von Italien nach Österreich verbracht worden seien. Dieser innergemeinschaftliche Erwerb unterliege in Deutschland der Umsatzsteuer, weil gegenüber den italienischen Lieferanten eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet worden sei. Die dadurch entstandene Umsatzsteuer werde aber durch den korrespondierenden Vorsteuerabzug ausgeglichen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1423 veröffentlicht.

Die Revision beim BFH (Urteil vom 8.9.2010, XI R 40/08) führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Die Ausführungen des FG zum innergemeinschaftlichen Erwerb sind rechtsfehlerhaft. Soweit die Klägerin unter Verwendung ihrer inländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von anderen Unternehmen in Italien Mobilfunktelefone erworben hat, die in Italien verblieben und auch dort veräußert worden sind, unterliegt sie insoweit weder der deutschen Umsatzbesteuerung noch hat sie hieraus einen Anspruch auf Abzug von Vorsteuer. Nur soweit die Mobilfunktelefone von Italien nach Österreich geliefert wurden, liegen im Inland steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe vor. Soweit Mobilfunktelefone von Italien nach Österreich geliefert worden seien, liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor. Dieser wurde nicht in Österreich, sondern in Deutschland bewirkt, soweit die Klägerin gegenüber dem Lieferanten eine inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet hat. Der innergemeinschaftliche Erwerb wird zwar gemäß § 3d Satz 1 UStG grundsätzlich auf dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, gilt der Erwerb gemäß § 3d Satz 2 UStG solange im Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den in § 3d Satz 1 UStG bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist oder nach den Bestimmungen über innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte gemäß § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt, sofern der erste Abnehmer nach § 18a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 (seit 1. Juli 2010 § 18a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4) UStG seiner Erklärungspflicht hierüber nachgekommen ist.

Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 28b Teil A der Richtlinie 77/388/EWG. Im Streitfall hat das FG nicht festgestellt, dass die Klägerin bereits im Streitjahr einen Nachweis dafür erbracht hat, dass diese innergemeinschaftlichen Erwerbe in Österreich besteuert worden sind. Ob die Klägerin diesen Nachweis inzwischen erbringen kann, ist für das vorliegende Verfahren unerheblich. Eine etwaige Berichtigung wäre gemäß § 3d Satz 2, § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG in sinngemäßer Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 3 (nunmehr § 17 Abs. 1 Satz 7) UStG in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem der Nachweis der Besteuerung im Mitgliedstaat, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, erbracht worden ist.

Das FG ist ferner zu Unrecht davon ausgegangen, die Klägerin könne gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für ihr Unternehmen als Vorsteuer abziehen, soweit die Mobilfunktelefone von Italien nach Österreich geliefert worden sind. Der Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen als Vorsteuerbetrag abziehen. Diese Regelung entspricht Art. 17 Abs. 2 Buchst. d i.V.m. Art. 28a Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG und setzt diese unionsrechtliche Bestimmung in nationales Recht um. Der EuGH hat aber entschieden, dass der Erwerber in dem in Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG genannten Fall, dass er im Mitgliedstaat der Identifizierung mehrwertsteuerpflichtig ist, weil er die Besteuerung der fraglichen innergemeinschaftlichen Erwerbe im Mitgliedstaat der Beendigung der Versendung oder Beförderung nicht nachgewiesen hat, nicht zum sofortigen Abzug der auf einen innergemeinschaftlichen Erwerb entrichteten Mehrwertsteuer als Vorsteuer berechtigt ist.

Bei richtlinienkonformer Auslegung im Lichte der neueren Rechtsprechung des EuGH (Urteil --X und Facet Trading BV-- in BFH/NV 2010, 1225) ist der Vorsteueranspruch in Gestalt des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UstG auf den Fall des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 3d Satz 1 UStG zu beschränken.

Quelle: Udo Cremer

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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